Marcel Kollers baldiger Abgang als ÖFB-Teamchef ist ziemlich wahrscheinlich.

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Cardiff/Wien – Am frühen Sonntagnachmittag ist die österreichische Fußballnationalmannschaft nach Wien zurückgekehrt. Ein Häufchen Elend wartete am Gepäck-band auf die Koffer und Taschen, das Auslaufen am frühen Abend auf dem Trainingsplatz beim Happel-Stadion war eine spaßbefreite Veranstaltung. Sie musste aber sein, schließlich wird die nun nahezu sinnlos gewordene WM-Qualifikation am Dienstag gegen Georgien fortgesetzt.

Nach dem 0:1 in Cardiff gegen Wales ist die Wahrscheinlichkeit, dass die SPÖ am 15. Oktober bei den Nationalratswahlen die absolute Mehrheit schafft und die Neos vor der Liste Kurz landen, größer als eine Teilnahme des Nationalteams an der WM 2018 in Russland. Uns sie wissen das, Kapitän Julian Baumgartlinger sagte: "Die Enttäuschung ist riesengroß, wir haben jetzt einen Hangover, müssen schnell regenerieren. Trotzdem steht der österreichische Fußball nicht vor dem totalen Kollaps."

Eine Auferstehung wird kaum unter der Leitung von Marcel Koller stattfinden, der Schweizer könnte bereits gegen Georgien seine Abschiedsvorstellung geben. Am 6. Oktober gegen Serbien und drei Tage später in Moldau könnte sich Sportdirektor Willi Ruttensteiner aufs Bankerl setzen, weil es wurscht ist. Bestätigt wird das freilich nicht, ÖFB-Präsident Leo Windtner sagte: "Bis Dienstag passiert gar nichts. Man wird sich dann zusammensetzen, über alles sprechen. Es geht auch darum, was Koller will."

Wie eine inoffizielle Abschiedsrede

Koller dürfte nicht mehr wollen, aber auch das ist von ihm nicht offiziell bestätigt. Ruttensteiner: "Ich habe das Gefühl, dass Koller die Mannschaft sehr wohl erreicht, mit vollem Herzen dabei sei." Es klang nach einer natürlich inoffiziellen Abschiedsrede.

Der Schweizer selbst gab am Sonntag kein Statement ab, am Montag wird er im Rahmen einer Pressekonferenz aufs Spiel gegen Georgien blicken. Windtner versuchte eine Analyse des Scheiterns, er dürfte sich einiges von den Spielern abgehört haben. "Es haben immer nur Kleinigkeiten gefehlt, die Effizienz vor dem Tor war nicht vorhanden.

Marko Arnautovic (links) und David Alaba gehörten zu den Besten im ÖFB-Team.
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Und hinten machten wir Fehler." Das mit den Kleinigkeiten ist zur Dauerschleife in dieser Quali geworden. Ebenso das Gerede von der "vorhandenen Qualität". Hat man nach sieben Runden nur acht Zähler und in den bisher fünf Duellen mit Wales, Irland und Serbien zwei Punkte gemacht, ist vielleicht die Qualität eine Kleinigkeit.

Kein Aufbäumen

Rückblick, Cardiff, Samstagabend: Vor der Pause kickte Österreich gut, der Ball zirkulierte in den eigenen Reihen, Marko Arnautovic und diesmal auch David Alaba waren kaum zu bremsen. Die Effizienz fehlte halt. Der walisische Teamchef Chris Coleman hat sich etwas einfallen lassen, stellte von Dreier- auf Viererkette um. Arnautovic, seiner Freiheiten beraubt, wurde minütlich schwächer, Kumpel Alaba unterstützte ihn dabei.

Nach dem 0:1 war kein kollektives Aufbäumen spürbar. Koller war sichtlich geschockt: "Wir haben eine sehr gute erste Hälfte gespielt, konnten aber dann keine Möglichkeiten mehr kreieren. Das zieht sich wie ein roter Faden durch die Quali. Und hinten machen wir Fehler." Diesmal patzten Kevin Danso und Aleksandar Dragovic im Duett.

Windtner legte Wert auf die Feststellung, "dass es ein normaler Rückschlag ist. Massiv wäre er, müssten wir bei null anfangen." Arnautovic kündigte ein klärendes Gespräch innerhalb der Gruppe an. "Ich will von jedem eine Meinung haben, nicht nur von den Älteren, auch von den Jungen, von den Neuen. Sie sollen ihre Gefühle herzeigen."

Ruttensteiner sagte, man müsse das Team aufbauen, damit es Georgien schlägt. "Ein Sieg ist ein Muss." Für die verletzten Sebastian Prödl und Marcel Sabitzer wurden Philipp Lienhart und Maximilian Sax nachnominiert. Nur 11.000 Karten sind im Vorverkauf abgesetzt, dabei dürfte es bleiben, die Tageskassen werden trotzdem aufgesperrt. Koller hätte sich mehr Zuspruch verdient. (Christian Hackl, 3.9.2017)