Bild nicht mehr verfügbar.

In den Monaten August bis Oktober werden in den USA stets die meisten Hurrikans registriert.

Foto: ap/David J. Phillip

Houston (Texas) – Die Schadensprognosen für die durch den Sturm "Harvey" verwüsteten Gebiete in Texas werden immer düsterer. Der Gouverneur des US-Staates, Greg Abbott, schätzte die Kosten für den Wiederaufbau am Sonntag auf bis zu 180 Milliarden Dollar (152 Milliarden Euro). Zugleich gilt das Augenmerk immer stärker dem Hurrikan "Irma", der sich im Atlantik zusammengebraut hat.

Zwar war auch am Sonntag noch völlig unklar, ob der Sturm – am Sonntag ein Hurrikan der drittstärksten von fünf Stufen – überhaupt die US-Küste ansteuern wird. Mehr Klarheit werde es erst in einigen Tagen geben, betonte das Hurrikan-Zentrum in Miami. Zugleich wurde aber gewarnt, dass Einwohner in üblicherweise besonders hurrikangefährdeten Gebieten vorbereitet sein sollten. Das sind die Bundesstaaten am Golf von Mexiko, darunter Texas, Florida und die US-Ostküste.

Deutlich schlimmer als Katrina

Abbott betonte in Fernsehinterviews, dass die von "Harvey" betroffenen Gebiete und die Zahl der betroffenen Menschen weitaus größer seien als seinerzeit bei "Katrina". Dieser Hurrikan hatte Ende August 2005 an der US-Küste am Golf von Mexiko verheerende Schäden angerichtet, New Orleans wurde fast völlig überflutet. Insgesamt starben damals bis zu 1.800 Menschen. Die von "Katrina" verursachten Kosten bezifferte Abbott auf 120 Milliarden Dollar.

"Harvey" war am 25. August auf die osttexanische Küste getroffen und hatte weite Gebiete unter Wasser gesetzt. Mittlerweile weichen die Fluten. Dadurch wird das Ausmaß der Verwüstungen immer deutlicher. Die texanische Behörde für öffentliche Sicherheit gab die Zahl der beschädigten Häuser am Sonntag mit mindestens 200.000 an, fast 13.000 seien völlig zerstört. Mehrere Tausend Menschen sind weiter in Notunterkünften untergebracht.

Besonders schlimm ist die Lage noch in der südosttexanischen Stadt Beaumont: Die knapp 120.000 Einwohner haben weiter kein fließendes Trinkwasser und sind auf Hilfe von außen angewiesen.

Langsame Rückkehr zum Alltag

Zugleich gibt es aber auch Anzeichen für ein Wiederaufleben der gebeutelten Regionen. So versuchten etwa in Houston am Wochenende viele Menschen, wieder in ihre alte Routine zurückzukehren, Kinderspielplätze und Restaurants waren bevölkert, und auch das städtische Baseball-Team, die Houston Astros, absolvierte gleich zwei Heimspiele – und gewann beide.

"Irma" steuert unterdessen auf die Karibik zu. Der Sturm könnte nach Vorhersagen am Dienstagabend oder Mittwoch (Ortszeit) über Teile der kleinen Antillen hinwegfegen und möglicherweise am Freitag die Bahamas erreichen. Meteorologen rechnen damit, dass er auf seinem Weg weiter erstarken könnte – vielleicht vorübergehend sogar zu einem Hurrikan der Stufe 5.

Eine etwaige Ankunft auf dem US-Festland wäre am nächsten Wochenende oder dem folgenden Montag zu erwarten. Bisher gilt es aber als durchaus möglich, dass "Irma" vorher nordöstlich in den offenen Atlantik abdreht.

In den Monaten August bis Oktober werden stets die meisten Hurrikans registriert. Häufig entwickeln sich in diesem Zeitraum potenziell gefährliche Stürme, ohne dass sich Befürchtungen dann jedoch bewahrheiten. Nach "Harvey" sind jedoch Ängste gestiegen, dass die USA gleich zwei Mal ganz kurz hintereinander direkt von einem Hurrikan getroffen werden könnten.

Explosionen in Chemiefabrik

In der überschwemmten Chemiefabrik in Texas sollen unterdessen die gefährlichen Chemikalien gezielt abgebrannt werden. Die Betreiberfirma Arkema teilte am Sonntag mit, ohne eine Verbrennung der Produkte könne nicht sichergestellt werden, dass "die Gefahr komplett beseitigt" sei. Die Chemikalien würden sich zersetzen, seien aber weiter entflammbar.

Daher sei in Zusammenarbeit mit den Behörden beschlossen worden, die Chemikalien gezielt in Brand zu setzen. Für die Anrainer bestehe keine zusätzliche Gefahr.

In der Fabrik in Crosby nordöstlich von Houston war es am Donnerstag zu Explosionen gekommen, weil wegen der Überschwemmungen das Kühlsystem ausgefallen war. In der Fabrik lagert organisches Peroxid, das unter anderem für die Herstellung von Plastik gebraucht wird und extrem leicht entflammbar ist. Laut der Betreiberfirma Arkema kann der Rauch Augen-, Haut- und Atemwegsreizungen verursachen.

Insgesamt befanden sich neun Container mit rund 225 Tonnen organischen Peroxids auf dem Gelände der Fabrik des französischen Konzerns Arkema, von denen zwei bereits brannte. Hunderte Anrainer im Umkreis von 2,4 Kilometern mussten das Gebiet verlassen. (APA, 4.9.2017)