München – Nach einem Schlaganfall ist häufig alles anders: Neben sprachlichen Defiziten haben Betroffene oft mit einer eingeschränkten Motorik zu kämpfen. Mit den Händen können etwa einfache Alltagsgegenstände nicht richtig aufgehoben und gehalten werden. Um diese motorischen Probleme messen zu können, wird sehr häufig der Jebsen Taylor-Handfunktionstest durchgeführt, wo etwa ein Satz auf ein Blatt Papier geschrieben werden muss.

"Der Jebsen-Test wie auch andere Tests zeigen allerdings nicht auf, welche einzelnen Faktoren dazu führen, dass sich Schlaganfallpatienten bei einfachen Handgriffen wie etwa nach einem Blatt zu greifen so schwer tun", sagt Joachim Hermsdörfer von der Technische Universität München. "Darum haben wir Tests selbst entwickelt, um anhand der daraus identifizierten beeinflussenden Faktoren gezieltere therapeutische Ansätze abzuleiten", ergänzt der Experte.

Konkret gingen die Forscher der Frage nach, welche Faktoren die Feinmotorikstörung auslösen. Die TUM-Wissenschafter testeten etwa das Hochheben von Gegenständen verschiedener Gewichtsklassen und mit verschiedenen Oberflächen, die vorausschauende und reagierende Griffkontrolle und das visuell-motorische Vermögen.

Test und spezielle Geräte entwickelt

Insgesamt nahmen 22 Patientinnen und Patienten im Alter von 32 bis 78 Jahren teil. Alle Probanden litten nach dem Schlaganfal an einer halbseitigen Lähmung, der so genannten Hemiparese. Zusätzlich gab es eine Kontrollgruppe mit 22 gesunden Probanden. Von den Parametern, an denen sich die zwei Gruppen unterscheiden ließen, konnten drei Faktoren festgestellt werden, die maßgeblich waren, um die Feinmotorikstörung zu klassifizieren: die Kontrolle der Griffkraft, die motorische Koordination und das Tempo der Bewegung.

Die Datenanalyse zeigte, dass diese drei Faktoren zu 69 Prozent die Alltagsdefizite des umfassenderen Jebsen-Tests voraussagen. "Dank unserer Ergebnisse können Patienten und Patientinnen künftig nach einem Schlaganfall gezielter in den Bereichen therapiert werden, wo ihre Schwächen evident sind", sagt Hermsdörfer.

Für die Tests wurden selbstentwickelte Geräte benutzt, unter anderem die Gripforce-Box, mit der die Griffkraft der Hand überprüft wird. Diese könnte künftig für Therapeuten so weiterentwickelt werden, dass sie zum Zweck der Diagnose des Status-quo von Personen nach einem Schlaganfall eingesetzt wird. Daran arbeiten die Forscher derzeit noch. "Das Ziel ist zusammen mit zwei kurzen klassischen Tests künftig mit der GF-Box eine präzise Aussage über die Hintergründe einer Feinmotorikstörung von Schlaganfallpatienten im Alltag zu machen", resümiert Hermsdörfer. (red, 6.9.2017)