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Urlauben, ohne Spuren zu hinterlassen: Manchen Menschen fällt das schwer. In Mallorca wollen sich immer mehr Besucher durch das Anhäufen von Steinmandln verewigen, so wie hier im US-Bundesstaat Maine.

Foto: AP / Robert F. Bukaty

Früher waren es in Baumrinden geritzte Initialen oder auf Felsen gekritzelte Namen. Jetzt sind es aufeinandergelegte Steine, die Menschen gern als Zeichen für "Ich war da" in der Landschaft hinterlassen. An den Stränden der Balearen und der Kanarischen Inseln hat sich die Mode dieser Steinmandln bei Touristen derart verbreitet, dass in Spanien jetzt Umweltschützer und Wissenschafter auf den Plan getreten sind. Sie wollen diesen Trend stoppen.

Was wie humorloser Reglementierungsdrang wirkt, hat eine ökologische Erklärung. Werden Steine bewegt, gehen Lebensräume verloren. Im salzigen, sandig-trockenen Lebensraum Strand, wo ohnehin nur wenige, hochspezialisierte Tiere leben und Pflanzen gedeihen, hat das massenhafte Steineaufklauben fatale Folgen. Zum Beispiel brauchen der Meerfenchel oder der Strandflieder Steine als Schutz vor Sonne und Wind und um die Wurzeln zu stabilisieren.

Fehlen die Steine, vertrocknen die Pflanzen, wie die Universität von La Laguna auf Teneriffa dokumentiert hat. Verschwinden kissenartig wachsende Sukkulenten oder krautige, niedrige Sträucher, dann verlieren Käfer, Spinnen, Ameisen und wirbellose Tiere Raum, um Schatten zu suchen oder Nahrung aufzunehmen. Und fehlen die Kleinlebewesen, finden Geckos oder Eidechsen und kleine Vögel wie Pieper, Lerchen und Regenpfeifer kein Futter mehr. Auch Nistplätze und Verstecke gehen verloren. Und der Strandstreifen erodiert. Denn die Steine befestigen den Sandboden.

Jaume Adrover von der Umweltbewegung Terraferida spricht zudem von einer "Banalisierung der Landschaft". Wenn anstatt natürlich verteilter Elemente plötzlich ein Steinmandlwald vor den Augen des Besuchers auftauche, dann sei die Landschaft zerstört, so der Aktivist. Er hat beobachtet, dass viele Besucher sogar Steine aus alten, handgeschichteten Mauern herausbrechen, um ihre im Gleichgewicht aufgeschichteten Skulpturen zu bauen.

Für Adrover sind sie ein sichtbares Zeichen der Überfüllung der balearischen Inseln. "Es werden immer mehr", sagt der Mallorquiner, "vor sieben oder acht Jahren sahen wir sie noch vereinzelt, mittlerweile sind viele Steinstrände voll davon." Der Biologe Ramón Casillas von der Universität La Laguna vergleicht einen Steinmandlwald mit einer Bebauung: "Die Störung des Landschaftsbildes ist dieselbe, wie wenn da jemand eine Hütte hingestellt hätte", sagt er.

Keine Spuren hinterlassen

Glücklicherweise sind sie leichter wieder abzubauen. Auf Formentera haben Einheimische diesen Sommer erstmals Ausflüge organisiert, bei denen Freiwillige die Steine abtragen und sie nach Anleitung von Umweltagenten wieder an der Küste verteilen. Und auf Menorca wurden erstmals Verbotsschilder aufgestellt. Allenthalben stehen zudem Infotafeln an der Küste. Auf ihnen steht, dass der beste Naturbesuch bekanntlich der ist, bei dem man keine Spuren hinterlässt.

Und auf Wanderwegen in den Tramuntana-Bergen auf Mallorca oder im Teide-Nationalpark auf Teneriffa häufen Witzbolde wahllos Steine auf und legen damit falsche Fährten. Denn ursprünglich haben Steinmandln eine wichtige Bedeutung. Wanderer markieren mit ihnen für Nachkommende den Weg. Was eigentlich als Dienst am Nächsten gedacht war, sorgt heute für Verwirrung und Ärger. (Brigitte Kramer aus Palma, 7.9.2017)