Syrische Fußballfreundinnen waren im Teheraner Asadi-Stadion mit dabei, Iranerinnen mussten wie immer draußen bleiben.

Foto: APA/AFP/KENARE

Syriens Spieler jubeln nach dem Ausgleich.

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Teheran – Mit Protesten haben iranische Frauen auf den Ausschluss vom abschließenden WM-Qualifikationsspiel des Iran gegen Syrien (2:2) reagiert. Vor der Begegnung am Dienstagabend hatte der Iranische Fußballverband (FFI) entschieden, keine Frauen aus dem Iran ins Asadi-Stadion in Teheran zu lassen. Weibliche Fans aus Syrien erhielten dagegen Zutritt.

"Es ist sehr bedauerlich zu sehen, dass nur die weiblichen Fans der gegnerischen Mannschaft zu einem Heimspiel des iranischen Nationalteams zugelassen werden", sagte die Abgeordnete Fatemeh Hosseini der Nachrichtenagentur ISNA am Mittwoch. Das Parlament werde nach den Sommerferien das Thema auf die Agenda setzen und erwarte klare Antworten vom Sportminister, so Hosseini.

Der Zugang von Frauen zu Sportstadien ist in der Islamischen Republik Iran ein Politikum. Der einflussreiche Klerus ist dagegen. Islamische Frauen hätten in Stadien, besonders im Asadi-Fußballstadion – Asadi ist das persische Wort für Freiheit – mit dessen frenetischen männlichen Fans und ihren vulgären Rufen, nichts zu suchen.

Die Regierung von Präsident Hassan Rohani ist gegen das international kritisierte Verbot, kann sich aber gegen den Klerus nicht durchsetzen. Das Sportministerium versucht die Debatte seit Jahren mit einer "Familientribüne" zu beruhigen. Das iranische Team ist bereits für die WM 2018 in Russland qualifiziert.

Die Syrer wiederum wahrten mit dem Ausgleich zum 2:2 in der 93. Minute die Chance auf die Qualifikation. Es wäre die erste WM-Teilnahme in der Geschichte des kriegsgeplagten Landes. In zwei Ausscheidungsspielen treffen die "Kasiun-Adler" – benannt nach einem Gebirgszug im Zentrum Syriens – jetzt auf Australien. Für den Sieger dieses Duells geht es dann im November im interkontinentalen Playoff gegen den Vierten der Nord-, Mittelamerika- und Karibik-Zone (Concacaf) um ein Ticket für 2018.

Dass es die Elf des Bürgerkriegslandes es so weit geschafft hat, ist eine Sensation, die viele Syrer kaum fassen können. In der WM-Geschichte schaffte es das Team bisher nur einmal in die Nähe einer Weltmeisterschaft – bei der Qualifikation für Mexiko 1986 verpasste Syrien die Endrundenteilnahme durch eine 1:3-Niederlage im entscheidenden Qualifikationsspiel gegen den Irak.

Zu Hause in Malaysia

An einen regulären Spielbetrieb in Syrien ist seit Ausbruch des Bürgerkriegs 2011 nicht mehr zu denken. Wegen der Gewalt muss die Nationalelf ihre Heimspiele in Malaysia austragen, vor Geisterkulissen rund 7.500 Kilometer von der Heimat entfernt. Die besten Spieler verdienen ihr Geld im Ausland, viele in den reichen Golfstaaten Saudi-Arabien, Katar und Kuwait.

Als reichte all das nicht aus, um diesen Erfolg zu einer Sensationsgeschichte zu machen, erzielte ausgerechnet Omar Alsomah den Ausgleich kurz vor Schluss. Der 28-Jährige gilt als einer der besten Stürmer Asiens und damit als Topstar seines Landes, ein Idol für viele Syrer. Sagenhafte 75 Tore hat er in bisher 70 Spielen in der saudischen Liga für Al-Ahli Jedda erzielt.

Nach dem Gewinn der Westasienmeisterschaft in Kuwait 2012 hielt Alsomah aber auf dem Spielfeld die Fahne der Aufständischen in die Höhe – ein Affront gegen die Regierung, die auch den syrischen Fußball kontrolliert. Fünf Jahre lang trat er nicht mehr im Team an, bis er vor kurzem überraschend zurückkehrte. Beide Seiten wollten sich wohl die einmalige Chance auf die WM in Russland nicht nehmen lassen.

Politische Verwicklungen

Dennoch bleibt das Land nach mehr als sechs Jahren Bürgerkrieg zerrissen. Viele Anhänger der Opposition sehen in der Nationalelf einen Repräsentanten der verhassten Regierung von Präsident Bashar al-Assad. "Für mich sind die Spieler potenzielle Soldaten", sagt Jamal, ein 45-Jähriger aus der von Rebellen kontrollierten Stadt Al-Bab im Norden Syriens. Einige scherzten, die Spieler des Iran – im Bürgerkrieg ein enger Verbündeter der syrischen Regierung – hätten den Ausgleich absichtlich kassiert.

Sollte sich Syrien gegen Australien durchsetzen, könnte als weitere Pointe erneut ein politisch aufgeladenes Spiel anstehen. Denn der Sieger der beiden Ausscheidungsspiele könnte es mit den USA zu tun bekommen. Und die haben im Bürgerkrieg lange die Rebellen unterstützt. (APA, red, 6.9.2017)