Wien – Auf politischer Ebene will niemand vom Mauerbau gewusst haben. Kanzleramtsminister Thomas Drozda (SPÖ) nannte die Pläne im STANDARD "verrückt, stumpfsinnig, befremdend". Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) sprach von einer Posse. Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) ließ am Donnerstag den Mauerbau stoppen.

Die Pläne zur Neugestaltung.
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Dabei waren die Pläne längst bekannt – und die in diesem Fall relevanten Stellen haben auf Behördenebene zugestimmt. In einem Aktenvermerk der MA 28 (Straßenverwaltung und Straßenbau) der Stadt Wien vom 18. 10. 2016 wurde festgehalten, dass im Rahmen der Neugestaltung des Ballhausplatzes auch "ca. 60 cm hohe Granitmauern" geplant sind – dazu versenkbare und starre Poller im Anschluss an die Metastasiogasse, am Minoritenplatz, in der Schauflergasse sowie versenkbare Poller bei der Einfahrt zum Ballhausplatz. Der Aktenvermerk über die sogenannte Projekts- und Einbautenbesprechung liegt dem STANDARD vor.

"Kein Einwand gegen das adaptierte Projekt"

Vertreter der eingeladenen Dienststellen gaben zu den Plänen Stellungnahmen ab. Das Innenministerium: "Kein Einwand gegen das adaptierte Projekt [...]. Das Ausmaß der Mauern soll erhalten bleiben." Bundeskanzleramt (BKA): "Kein Einwand gegen Unterbrechungen der Mauer bis zu einer lichten Weite von 1,45 m." Lediglich ein Poller sollte umgestellt werden.

Polizei: "Kein Einwand gegen das adaptierte Projekt." Burghauptmannschaft: "Aufgrund einer Vielzahl von Veranstaltungen im Umfeld des Ballhausplatzes im Zuge des Jubiläumsjahres 2018, sollten die Baumaßnahmen noch Ende 2017 abgeschlossen werden." Interessant ist die Stellungnahme der MA 19 (Architektur und Stadtgestaltung): "Da die ursprünglich geplanten Sitzbänke in Granitmauern abgeändert wurden, sollen die Grünflächen entfallen."

ÖVP-Chef Sebastian Kurz bezeichnete am Freitag den Baustopp als "gut". Man hätte sich die Kosten für diese Mauer ersparen können.
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Kurz bezeichnet Baustopp als "gut"

ÖVP-Chef Sebastian Kurz bezeichnete am Freitag den Baustopp als "gut". Man hätte sich die Kosten für diese Mauer ersparen können. Laut Sitzungsprotokollen vom März 2017 sollen die Kosten 422.612,22 Euro betragen. Wiens ÖVP-Spitzenkandidat Karl Mahrer, der nach Eigenangaben seit 12. August 2017 seinen Resturlaub als Landespolizei-Vizepräsident konsumiert und seither keine Aufträge mehr erteilt habe, kritisierte den Baustopp. Das Bundeskanzleramt als Objektverantwortlicher für die Mauer "hat die Verantwortung, hier Entscheidungen zu treffen." Mahrer ließ eine Präferenz für eine Pollerlösung durchklingen.

"Entsetzt" über den Umgang mit Steuergeldern äußerte sich Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP). Er verwies auch auf ein Monat alte Bilder von Kanzler Kern, der Wasser an Bauarbeiter auf dem Ballhausplatz verteilte.

Bundeskanzleramt Oesterreich

(David Krutzler, 8.9.2017)