Naples/Tampa/Washington – Der Hurrikan Irma hat den US-Bundesstaat Florida erfasst. Er brachte an beiden Küsten des Halbinsel-Staats Überflutungen. Wassermassen wälzten sich durch die Straßen der Altstadt von Miami. An der Grenze zum Auge des Wirbelsturms wurden zuletzt Windgeschwindigkeiten von rund 137 km/h gemessen. Das entspricht Kategorie 1 auf der Saffir-Simpson-Skala. Im Laufe des Tages soll Irma als "Tropensturm" eingestuft werden.

In der Nacht hat Wirbelsturm Irma an der Westküste Floridas das US-Festland erreicht und schwere Schäden verursacht. Mindestens drei Menschen wurden getötet, Millionen sind ohne Strom. Ein Beitrag aus der ORF-"ZiB" um 7 Uhr.
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Das Auge bewegt sich langsam nordwärts und soll zwischen den Großstädten Tampa und Orlando durchziehen, berichtete der Sender ABC. Die Zahl der Haushalte, die von der Stromversorgung abgeschnitten sind, stieg am Montag auf rund 5,8 Millionen; das sind mehr als die Hälfte aller Haushalte in Florida.

In einem Landkreis an der Golfküste Floridas wurden die Polizisten in ihre Wachen zurückgerufen, um nicht selbst verletzt zu werden. Es seien keine Einsatzkräfte unterwegs, berichtete ABC. Die Straßen im Landkreis Sarasota waren mit Trümmern übersät, der Sturm riss Straßenlaternen und Ampeln aus ihrer Verankerung. Auf zahlreichen Bildern und Videos aus Miami war zu sehen, dass heftige Stürme das Wasser in die Stadt drückten und große Straßen zu reißenden Flüssen machten.

Trump will nach Florida reisen

Der Wirbelsturm war am Sonntag zunächst mit starken Böen und schweren Regenfällen über die vorgelagerte Inselgruppe Florida Keys gezogen, etwas weiter nördlich an der Westküste Floridas erneut auf Land getroffen und dann etwas östlicher als erwartet weitergezogen, teilte der US-Wetterdienst mit.

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US-Präsident Donald Trump kündigte an, möglichst bald nach Florida zu reisen, um sich ein Bild von den Schäden zu machen. Mehr als 12.000 Flüge von und nach Florida wurden abgesagt.

Trump machte den Weg für Bundeshilfen für Florida frei. Damit können sich Bewohner und Unternehmen um Zuschüsse bewerben – etwa für Hausreparaturen oder vorübergehende Unterkünfte. Zugleich ordnete Trump am Sonntag an, den Bezirken mit Bundesmitteln unter die Arme zu greifen. Sie sollen einen Großteil der Gelder erstattet bekommen, die sie für Maßnahmen wie Evakuierungen und die Beseitigung von Trümmern aufwenden müssen.

Hurrikan traf mit Stufe 4 auf Florida

Der Sturm brachte an beiden Küsten weitreichende Überflutungen, Fernsehbilder zeigten beispielsweise Überschwemmungen in der Innenstadt von Miami. Am Sonntagnachmittag war Irma zwar von der zweithöchsten Kategorie 4 zunächst auf 3 und dann auf 2 herabgestuft worden, hatte an Gefährlichkeit aber nichts eingebüßt. Bis Irma im Laufe des Sonntags den Norden Floridas und den Süden Georgias erreicht, dürfte sich der Sturm noch weiter, auf einen Tropensturm, abschwächen.

Mehrere Menschen kamen ums Leben

Sonntagfrüh hatte Irmas Auge mit Windgeschwindigkeiten von mehr als 200 km/h die Inselkette Florida Keys erreicht. Dort hieß es vielerorts "Land unter". Später am Tag entwickelten sich an der Ostküste binnen einer Stunde sechs Tornados, berichtete der nationale Wetterdienst. Mit weiteren Wirbelstürmen müsse gerechnet werden. In Miami brachen mindestens zwei große Baukräne im Sturm zusammen, meldete der "Miami Herald". Laut ABC starben am Sonntagmorgen in Florida drei Menschen bei vom Wetter mitverursachten Verkehrsunfällen.

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Laut jüngsten Prognosen soll der Hurrikan vor der Küste Floridas nordwärts ziehen, allerdings nicht so weit westlich wie zuletzt angenommen. So stieß das Auge des Sturms am Sonntagnachmittag südlich der Stadt Naples aufs Festland. Am Flughafen der Stadt sei eine Böe mit 229 km/h gemessen worden, teilte das US-Hurrikanzentrum mit. Zudem stieg der Spiegel des Ozeans vor Naples innerhalb von 90 Minuten um mehr als zwei Meter.

Das Problem: Irma ist breiter als die Halbinsel Florida. Abgesehen von heftigem Regen führte das gigantische Wettersystem so zu einer kuriosen Situation: Auf seiner "rechten" Seite, also an der Ostküste, sorgte der riesengroße Wirbel für erste Überflutungen, etwa in Miami. Auf Bildern und Videos war zu sehen, wie sich Wassermassen durch die Innenstadt wälzten. An seiner "linken" Seite drückte der Wirbelsturm das Wasser zunächst von der Westküste weg. Bilder zeigten leere Hafenbecken; andernorts hatte sich das Wasser meterweit von der Strandpromenade entfernt.

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Warnung vor Wassermassen

Die Meteorologen warnten aber, dass das Wasser in einer gewaltigen Schaukelbewegung zurück an die Westküste kommen würde, während es im Osten abfließen würde. Von Fort Myers bis hinauf nach Tampa bereiteten sich die dort verbliebenen Menschen auf das Schlimmste und bis zu 4,5 Meter hohe Sturmfluten vor. "Das Schlimmste kommt, wenn das Auge durchgezogen ist – dann kommt das Wasser", sagte ein Meteorologe dem Sender CNN.

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Foto: REUTERS/Stephen Yang

6,5 Millionen verließen Gebiet

In Florida waren zuvor mehr als 6,5 Millionen Menschen aufgefordert worden, ihre Häuser zu verlassen und sich in Sicherheit zu bringen. Das entspricht rund 30 Prozent der Bevölkerung – es war eine der größten Evakuierungsaktionen in der Geschichte der USA. Weit mehr als 100.000 Menschen harrten in Notunterkünften aus.

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Foto: REUTERS/Carlos Barria

Festnahmen wegen Plünderungen

Berichten zufolge nutzten Diebe das Chaos, um Geschäfte zu plündern und in Wohnungen einzubrechen. US-Medien schilderten aus mehreren Städten an der Ostküste Floridas Überfälle mit Bewaffneten. In der Stadt Weston wurde nach Angaben lokaler Medien ein 17-jähriger mutmaßlicher Dieb von einem Sicherheitsbeamten angeschossen. Nach Angaben des Senders NBC wurden am Sonntag mehrere Verdächtige wegen der Plünderungen festgenommen.

Notstand in Nachbarstaaten

Auch in benachbarten Bundesstaaten wurde der Notstand ausgerufen. Für einige Gebiete im Süden von Georgia galten Hurrikanwarnungen. In Alabama mobilisierte Gouverneur Kay Ivey vorsorglich die Nationalgarde.

Bei seinem Zug durch die Karibik hatte der Sturm zuvor nach inoffiziellen Schätzungen mehr als 20 Menschen das Leben gekostet, einige Gebiete gelten als unbewohnbar. Schwere Schäden gab es unter anderem auf Barbuda, Saint-Martin, Saint-Barthélemy und den Jungferninseln.

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Irma tobte auch in Charlotte Amalie auf den Amerikanischen Jungferninseln.
Foto: AP Photo/Ricardo Arduengo

Auch in Kuba gibt es schwere Schäden. Besonders schlimm wurde die Provinz Villa Clara getroffen. In dem Fischerort Caibarién wurden reihenweise Dächer abgedeckt und Bäume entwurzelt, es kam zu schweren Überschwemmungen. Mehr als die Hälfte der 40.000 Einwohner wurde in Notunterkünften untergebracht, vor allem Kinder, Schwangere und alte Menschen.

EU stellt zwei Millionen Euro bereit

Die EU hat für die durch Irma getroffenen Inseln in der Karibik zwei Millionen Euro bereitgestellt. Die "Ersthilfe" gehe an die am stärkten betroffenen Gebiete, teilte die EU-Kommission am Montag mit. Die Mittel sollen zur Wiederherstellung der Wasser- und Gesundheitsversorgung sowie von Abfallbeseitigung und Logistik eingesetzt werden. Die Kommission stellte zudem weitere Finanzhilfen für den Wiederaufbau in Aussicht.

Schäden in Milliardenhöhe

Irma hat Experten zufolge hohe Kosten für die Versicherungsbranche verursacht. Die versicherten Schäden in den USA könnten zwischen 20 und 40 Milliarden Dollar (16 und 33 Milliarden Euro) liegen, erklärte der Fachdienst Air Worldwide am Montag in einer aktualisierten Schätzung. (red, Reuters, APA, 11.9.2017)