Essen auf Rädern: Wachstumsquoten von 50 Prozent locken neue Marktteilnehmer an.

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Wien – Auf Wiens Radwegen sieht man sie in letzter Zeit öfter: Fahrer, die sich mit großen, auffällig in Rosa gehaltenen Würfeln auf dem Rücken abstrampeln. Es sind die Fahrradkuriere von Foodora, die bestellte Speisen von Restaurants an fast jeden Ort in der Stadt bringen. 320 sind in Wien für diesen Lieferservice unterwegs.

Das Unternehmen fährt Essen für Restaurants aus, die mangels Lieferservice keine Speisen zustellen konnten. Der Kunde bestellt über eine App, die die Bestellung an den nächsten verfügbaren Fahrer weiterleitet.

Foodora ist seit Mai 2015 in Wien aktiv. "Wir verzeichnen seither ein positives Wachstum, auch hinsichtlich des Bestellvolumens und wachsender Kundenzahlen", berichtet Vincent Pfeifer, Pressesprecher des Unternehmens.

Urban mit Ansprüchen

Den Grund für den Erfolg sieht Pfeifer vor allem in einem veränderten Ernährungs- und Konsumverhalten. Als emissionsfreie Alternative zu motorisierten Lieferdiensten bedient Foodora wohl auch die Nachfrage einer urbanen Foodie-Generation mit vermeintlich höheren Ansprüchen in Sachen Geschmack und Nachhaltigkeit.

In dieser Wachstumsbranche treten aber zunehmend weitere Mitbewerber auf den Plan. Ende letzten Jahres hat Foodora eine Konkurrenz im grünen Gewand bekommen: UberEats, das Lieferportal der boomenden Taxialternative, funktioniert sehr ähnlich wie das Taxigeschäft – beschäftigt aber keine eigenen Fahrer, sondern vermittelt lediglich Kuriere.

In der kurzen Zeit habe sich laut dem Unternehmen in vielen Bereichen einiges getan: Die Anzahl der Partner sei von 80 auf über 200 gewachsen, das Liefergebiet wurde um 80 Prozent erweitert, die durchschnittliche Lieferzeit konnte man auf 31 Minuten und weniger reduzieren. Der Kundenstamm habe sich allein im letzten Vierteljahr verdreifacht.

Optimale Abstimmung

Die größte Herausforderung sei wie eh und je bei Essenslieferungen die Qualitätssicherung, sagt Uber-Sprecherin Luisa Elster: "Das Wichtigste ist, dass das Essen auch mit der gleichen Qualität bei den Kunden zu Hause ankommt. Der Schlüssel hierfür liegt in dem ausgeklügelten Zusammenspiel von Restaurants, Kurieren und Nutzern, welches erst durch den Einsatz unserer Technologie funktionieren kann." Die gesamte Lieferkette müsse optimal aufeinander abgestimmt sein.

Foodora und UberEats bringen Bewegung in das Onlinegeschäft der Essensbestellungen. Seit 2008 teilten sich hierzulande vor allem die Plattformen Mjam und Lieferservice.at diesen Markt: Beide Portale dienen der Vernetzung von Restaurants und Kunden.

Gastronomiebetriebe, die ihren Bestellservice bislang hauptsächlich nur durch Menüwurfsendungen im Briefkasten zu vermarkten wussten, bekommen hier die Möglichkeit, sich digital zu präsentieren.

Die Kunden wiederum informieren sich mithilfe eines Bewertungssystems. Für die Auslieferung sind aber die Restaurants selbst zuständig – die Portale stellen lediglich die digitale Infrastruktur. Lieferservice.at kann inzwischen über 2000 Partnerlokale nennen und ist im vergangenen Jahr um 62 Prozent gewachsen.

Ans Portal binden

Seit kurzem beschäftigt man auch rund 80 eigene Fahrradkuriere. Vom Unternehmen ist zu hören, dass man sich zwar weiter auf die Vermittlung konzentrieren wolle, aber diese Dienstleistung anbiete, um daran interessierte Kunden weiter an das Portal zu binden.

Die Firma ist eine Tochter des niederländischen Lieferriesen Takeaway.com, der laut eigener Auskunft derzeit das größte Angebot von Essenslieferungen in Europa bietet. Man verweist auf 10,2 Millionen aktive Kunden sowie ein Wachstum von 62 Prozent und gibt sich zuversichtlich, diese Zahlen noch erhöhen zu können, da die digitalen Technologien in diesem Bereich erst wenig genutzt würden.

PR-Direktorin Kristina Nilsson: "Bislang werden immer noch 70 bis 75 Prozent aller Essensbestellungen telefonisch gemacht – da gibt es weiterhin ein großes Potenzial." Daher gelte es insbesondere auf technologischer Seite noch Innovationen voranzutreiben – so ist bei Takeaway.com inzwischen auch die Bezahlung mit Bitcoin oder die Bestellung mit Amazons Alexa möglich.

Fokus auf ländliche Regionen

Der größte österreichische Konkurrent, Mjam, weiß ebenfalls von Wachstumsquoten von rund 50 Prozent zu berichten, hält sich derzeit aber noch kein eigenes Fahrerheer. Jedoch ist man in Wien inzwischen zuständig für die Online-Lieferdienste großer Fastfoodketten wie McDonald's, Burger King oder Nordsee: Die Auslieferung wird an verschiedene Kurierdienste delegiert.

Mjam selbst konzentriert sich eher auf die virtuelle Architektur: Insbesondere die Dokumentation des gesamten Lieferprozesses in Echtzeit ist das Ziel.

Dass man sich derzeit noch damit zurückhält, eine Flotte zu betreiben, liegt vermutlich an der Firmenstruktur des Mutterkonzerns – der deutschen Gruppe Delivery Hero: Zu der gehört nämlich auch Foodora, das sich im Gegensatz zum österreichweit tätigen Mjam derzeit nur auf Wien beschränkt.

Mjam will sich nun verstärkt den ländlichen Regionen widmen: "Auf dem Gebiet haben wir in der Vergangenheit etwas geschlafen", räumt Mjam-Geschäftsführer Michael Hagenau ein. "Wir hatten nicht gedacht, dass dieses Angebot auch in kleineren Städten so genutzt wird. Diese Lücke versuchen wir noch in diesem Jahr zu schließen."

Nach dem Rad die Drohne

Deshalb nun aber der rosa Schwester komplett die Hauptstadt zu überlassen, hält er nicht für sinnvoll: Mjam sei in Wien um ein Vielfaches größer, bediene ein weitaus breiteres Feld und verfolge einen anderen Ansatz, während Foodora sich eher an ein Publikum mit einem exklusiveren Geschmack richte.

Das spiegele sich auch beim Preis wider – so kommt Mjam zum Beispiel ohne Bestellgebühren aus: Hier kümmern sich die Restaurants um die Bezahlung der Fahrer, Foodora muss seine Kuriere selbst entlohnen.

Aber auch wenn die Zahl der radelnden Essensboten in nächster Zeit noch zunehmen sollte, fragt man sich, was als Nächstes kommt: Foodora testet in Hamburg derzeit die Essensauslieferung per Roboter und hat in Australien unlängst das erste Mal via Drohne zugestellt. Die Auslieferung mittels Drahtesel könnte also vielleicht bald schon wieder ein Auslaufmodell sein. (Johannes Lau, 13.9.2017)