Es ist Zeit. Tun, was richtig ist. Vor allem mehr für die Fleißigen, die vor den Faulen im Lande beschützt werden müssen. Die Wahlkampagne der Liste Kurz schnurrt in exakt geplanter Phrasenfolge ab, wobei sich programmatischer Inhalt und plakatierte Leerform widerspruchslos decken – soll sich jeder denken, was er will, wenn er nur in Kurz den Erlöser sieht, als der er sich aufdrängt. Dass es sich dabei um Erlösung von Qualen handelt, an deren Verursachung er als ÖVP-Regierungsmitglied jahrelang beteiligt war, soll treuherzige Jugendlichkeit kaschieren. Dem Rezept wird Erfolg vorausgesagt, auch wenn sich die Begeisterung von Experten in Grenzen hält.

Da hat die SPÖ schon Aufregenderes zu bieten. Seit Christian Kern das Zauberwort "Opposition" fallen ließ, geht ein Ruck durch die Partei. Der burgenländische Landeshauptmann entdeckt seine Berufung zum Chefideologen und erklärt umgehend Opposition für "Mist", was nur schwer als Vertrauensbeweis bezüglich der politischen Fähigkeiten des SPÖ-Spitzenkandidaten interpretiert werden kann. Vielleicht kommt es bei allem, was aus der SPÖ bisher erfloss, um einen Wahlsieg Kerns zu verhindern, darauf auch nicht mehr an. Dieser hat sich einen Ruck in die andere Richtung versprochen, als er Opposition nicht etwa als Ziel nannte, sondern in realistischer Einschätzung der Lage als mögliches Schicksal, sollte sich die Kampagnenqualität der SPÖ nicht verbessern.

Vielleicht hatte Hans Peter Doskozil als Niessls verlängerter Arm nichts anderes im Sinn, als er zwecks Mistvermeidung dekretierte, ein Oppositionsschicksal der SPÖ müsse mit allen Mitteln verhindert werden. Die Brillanz der Idee changiert, je nachdem, ob Doskozil diese Anstrengung vor der Wahl oder nach der Wahl auf sich zu nehmen gedenkt. Die Anbiederung des Verteidigungsministers an die Grenzschließungsideen von Kurz und Strache deuten darauf hin, dass sein Bemühen um Oppositionsverhinderung mit allen Mitteln Christian Kern in diesem Wahlkampf nicht mehr zugutekommen wird.

Dafür hat die SPÖ nun nicht mehr nur einen, wie ÖVP und FPÖ, sondern gleich zwei Spitzenkandidaten – eine Verbreiterung des Angebots, die jene Wählerinnen und Wähler auch als Beitrag zur mehr Klarheit empfinden werden, die an die Kronen Zeitung glauben. Die feierte Doskozil als "Schwergewicht in der Kanzler-Partei" und schrieb ihm eine Leistung zu, die Kern zum Leichtgewicht degradieren soll: "Doskozil baut führende Rolle im Wahlkampf der SPÖ aus".

Nun könnte man das als geniale Taktik, als einen ultimativ teuflischen Plan von Wahlkampfmanager Niedermühlbichler halten, sogar als Dirty Campaigning in Silberstein'schem Geist, würde es dem Wähler auch nur einen Hauch von Klarheit darüber liefern, auf welche Seite die SPÖ umzufallen gedenkt, sollte sie am 15. Oktober nicht Erste werden. Gemeinsam mit rechtsextremen Burschenschaftern, die sich eine Partei halten, oder lieber gemeinsam mit der Liste Kurz auf ihrem Kurs, der die Spaltung der Gesellschaft weiter vertieft? Dabei ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sie, weil überflüssig, gar nicht ernsthaft gefragt wird. Es ist doch wirklich ein Mist. (Günter Traxler, 14.9.2017)