Tirols Soziallandesrätin Christine Baur (Grüne) liegt mit der Gewerkschaft im Clinch.

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Innsbruck – Gewerkschafter Harald Schweighofer ist sauer. Der Grund für den Groll des Regionalgeschäftsführers der GPA-djp ist das Verhalten der Tiroler Landesregierung, die in der Flüchtlingsbetreuung rund 130 Stellen abbauen will: "Sie spielen auf Zeit, und es fehlt noch immer der Sozialplan." Denn obwohl der Stellenabbau bei den Tiroler Sozialen Diensten (TSD) – eine 100-Prozent-Tochtergesellschaft des Landes, die seit 2015 für die Betreuung der Asylwerber in der Grundversorgung zuständig ist – seit über vier Monaten angekündigt wird, weiß man bislang weder, wer davon betroffen sein wird, noch gibt es besagten Sozialplan.

Ob der Unklarheiten herrsche unter den Beschäftigten der TSD große Verunsicherung, erklärt Schweighofer. Bislang ist gemäß Gewerkschaft nur klar, dass rund 60 Arbeitnehmer mit befristeten Dienstverträgen ihren Job verlieren sollen und weiteren 70 regulären Angestellten die Kündigung blüht. Grund für den Abbau ist der Rückgang bei den Flüchtlingszahlen, der zugleich weniger Einnahmen durch die Zahlungen des Bundes bedeutet.

TSD drohe Millionenverlust

Im Frühjahr ließ TSD-Geschäftsführer Harald Bachmeier seine Angestellten wissen, dass dem Unternehmen 2017 aus genannten Gründen ein Millionenverlust drohe. Daher seien die Einschnitte unvermeidbar. Die politisch zuständige Soziallandesrätin Christine Baur (Grüne) stellte bis 1. Juli den vom Betriebsrat und der Gewerkschaft geforderten Sozialplan in Aussicht. Doch bis heute liegt lediglich der bereits elfte Entwurf dafür vor. Beschlossen wurde noch nichts.

Die bislang letzte Frist war am 28. August verstrichen, erklärt Gewerkschafter Schweighofer: "Der TSD-Geschäftsführer hatte angekündigt, die ausverhandelten Konsenspunkte und den größten offenen Punkt, die freiwillige Abfertigung, bis dahin mit dem Land abzustimmen." Doch passiert ist nichts und der Geschäftsführer weilt nun drei Wochen auf Urlaub. Die Gewerkschaft hat daher diese Woche die Landesregierung direkt kontaktiert und ihr ein Ultimatum bis Freitagmittag gestellt, so Schweighofer zum STANDARD: "Wenn bis dahin nichts von Landesrätin Baur kommt, werden wir die Schlichtungsstelle des Arbeitsgerichtes anrufen." Diese werde dann einen Sozialplan vorschreiben.

Betriebsrat pocht auf fairen Sozialplan

Im Büro der Landesrätin zeigt man sich vom Ultimatum der Gewerkschaft überrascht und verweist auf den 21. September. Dann soll nach der Rückkehr des TSD-Geschäftsführers erneut ein Gespräch stattfinden. Weil die TSD eine Tochtergesellschaft des Landes sind, wolle man sich seitens der Politik nicht einmischen und diese Verhandlungen der Unternehmensleitung überlassen, heißt es.

Der TSD-Betriebsrat hat in einer Presseaussendung mitgeteilt, dass man den Termin am 21. September für zu spät erachte, weil damit wieder ein Monat ungenutzt verstreiche. Seitens des Betriebsrates fühlt man sich "im Regen stehen gelassen", da jederzeit die ersten Kündigungen ausgesprochen werden können. Die Mitarbeiter der TSD hätten die Flüchtlingskrise "unter massivem persönlichem Einsatz" bewältigt und nun verwehre man den vom Arbeitsplatzverlust bedrohten Kollegen sogar einen fairen Sozialplan.

Die TSD widersprechen der Darstellung der Gewerkschaft und versichern auf Anfrage des STANDARD, dass "keine Kündigungen notwendig sind". Man verweist darauf, dass "einige Mitarbeiter" das Unternehmen seit Juni 2017 verlassen hätten sowie auf Bildungs- und Babykarenz, eine Arbeitsstiftung und ein Modell für Altersteilzeit. Die Gewerkschaft quittiert diese Aussage mit Kopfschütteln und verweist darauf, dass diese Modelle allesamt Gegenstand des noch zu verhandelnden Sozialplanes seien. (Steffen Arora, 15.9.2017)