Heinz-Christian Strache bei der Dreierdebatte in Linz: Rhetorisch gut, strategisch verunglückt

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Man muss es ihm lassen; Heinz-Christian Strache ist ein guter Debattierer. In den Diskussionen mit Neos-Chef Matthias Strolz und Grünen-Spitzenkandidaten Ulrike Lunacek war er jeweils überlegen, und auch in der Dreierkonfrontation mit Kanzler Christian Kern (SPÖ) und Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) am Freitag in Linz wirkte er angriffig und souverän zugleich. Und Straches Hauptbotschaft, dass die anderen Großparteien zumindest in der Zuwanderungspolitik nun das nachvollziehen, was er schon seit Jahren fordert, ist in weiten Strecken wahr.

Aber gerade das ist Straches strategisches Problem: "Ich habe es immer schon gesagt" ist eine beliebte, aber nutzlose Botschaft. Wer es von seinen Eltern hört oder vom Arbeitskollegen, die vor einer bestimmten Handlung gewarnt haben, wird ihnen insgeheim zwar recht geben. Aber man wird dadurch nicht beliebter noch vertrauenswürdiger.

Recht gehabt zu haben ist eng mit rechthaberisch verwandt. Und das ist keine gute Eigenschaft für einen Politiker.

Nur noch wenig Unterschied

Straches FPÖ hat schon vor Jahren, als Zuwanderung und Asylgesuche für Österreich noch wenig belastet haben, vor Ausländerfluten gewarnt. Die Flüchtlingskrise von 2015 kam ihm wie gerufen, die schlimmsten Prognosen der Freiheitlichen wurden wahr. Und es stimmt, dass ÖVP und schließlich auch SPÖ angesichts der Sachzwänge auf den FP-Kurs umgeschwenkt sind. In der Sache unterscheiden sich die drei größten Parteien des Landes bei der Migrationspolitik nur noch wenig.

Aber damit hat Strache sein stärkstes Argument an die Wähler verloren, vor allem an Kurz, der diesen Kurs mit viel persönlicher Glaubwürdigkeit vertritt. Straches Vorwurf, er habe die frühere Politik der relativ offenen Grenzen mitgetragen, geht dadurch zumindest emotional ins Leere.

So stärkt man Kurz

Und wenn die FPÖ Kurz auf Plakaten den Satz "Der Islam gehört zu Österreich" vorwirft, stärkt sie dessen Position in einem wichtigen Kreis von Wählern – nämlich jenen, die wenig Zuwanderung wollen, aber sich nicht dem Vorwurf des Fremdenhasses aussetzen wollen. Und übertriebene Islamfreundlichkeit wird Kurz niemand vorwerfen können.

Und im Kampf um Arbeiter und andere wankelmütige SPÖ-Wähler hat die FPÖ mit ihrem allzu unternehmerfreundlichen Wahlprogramm sich selbst ein Problem geschaffen. Der Kampf gegen die Erbschaftssteuer wird in Simmering und Kapfenberg, wo es wenig zu vererben, kaum etwas bringen.

Weder Sicherheit noch Filz ziehen

Das Thema Sicherheit, ein weiterer blauer Dauerbrenner, wird von Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) und Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) überzeugend vertreten. Das Steuersenkungsprogramm der FPÖ ist genau unglaubwürdig wie das der anderen Parteien – und das merken die Wähler.

Die beliebte FPÖ-Rhetorik gegen den rot-schwarzen Filz wird wiederum durch die offene Feindseligkeit zwischen Kern und Kurz konterkariert. Machtgier kann man den Regierungsparteien schwer vorwerfen, wenn man selbst so offen in die Regierung strebt.

Schlechte strategische Lage

Es kann immer noch sein, dass Strache mit seiner geschickten Rhetorik genügend Wähler überzeugt, dass eine Stimme für die FPÖ der einzige Weg ist, Österreich vor Migranten und Kriminellen zu schützen und gegen "die das oben" etwas zu tun. Aber strategisch ist seine Lage im Wahlkampf unglücklich, fast schon hoffnungslos. Da kann er noch so gut formulieren.

Strache kann froh sein, am 15. Oktober das Wahlergebnis von 2013 von 20,5 Prozent zu halten. Wahrscheinlicher aber ist, dass die Kurz-ÖVP in seinen Wählerschichten noch erfolgreich wildern wird – und dadurch deutlich besser abschneidet als die jetzigen Umfragen es prognostizieren. (Eric Frey, 16.9.2017)