Beharrt darauf, dass Eurofighter die Republik betrogen hat – und riskiert, für Schadenersatz persönlich zu haften, wenn er sich irrt: Doskozil.

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Wien – Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) hat nur Spott und Hohn für den Flugzeughersteller Airbus übrig: Sieben Monate hat dieser gebraucht, um auf die Sachverhaltsdarstellung, mit der Doskozil den Eurofighter-Mutterkonzern bei der Staatsanwaltschaft angeschwärzt hatte, eine Gegenäußerung einzubringen.

Stimmt, sagen die Airbus-Anwälte, darunter Peter Gauweiler, ein politischer Ziehsohn von Franz Josef Strauß (CSU) und als solcher langjähriges Mitglied der Bayerischen Landesregierung. Ein Konzern brauche eben lang, wenn er angeschossen werde – und bei einem Rüstungskonzern könne der Angreifer auch erste Punkte machen.

Aber dann werde umso umfassender entgegnet. Gauweiler kennt nicht nur die Verträge, die die Republik Österreich 2002/03 zum Kauf der Eurofighter abgeschlossen hat. Er kennt auch die politischen und grundrechtlichen Implikationen, die es mit sich bringt, wenn ein Staatsorgan gegen Private vorgeht.

Amtsanmaßung

Gauweiler argumentiert mit dem Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention, der faire Verfahren vorschreibt und ergo gebietet, dass ein Staatsorgan bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung die Unschuldsvermutung gelten lässt. Genau das aber habe Doskozil missachtet, als er in seiner offiziellen Funktion für den 16. Februar dieses Jahres eine Pressekonferenz ins Verteidigungsministerium einberufen hat. "Dieses Verfahren ist vergiftet", sagt Gauweiler, "hier maßt sich ein Minister ein Richteramt an."

Hier handle es sich nicht um "irgendeinen aus der Rolle gefallenen Aktivisten", sondern um einen Vertreter der Republik, der in Zusammenwirken mit der Finanzprokuratur "ein Geheimverfahren geführt" hat und der damit einem Privatunternehmen massiven wirtschaftlichen Schaden zufügen will. Der Imageschaden sei international eingetreten und dauere fort, solange die Staatsanwaltschaft das Verfahren nicht einstelle oder Airbus von den Vorwürfen freigesprochen wird, sagt Gauweiler.

Schadenersatzforderung

Airbus-Chefanwalt Peter Kleinschmidt will die Schadenshöhe noch nicht beziffern. Jetzt gehe es darum, die Vorwürfe auszuräumen – was mit dem am Montag eingebrachten Schriftsatz passiert ist. Darin wird erklärt: Über den Gesamtpreis hinausgehende Kosten für Gegengeschäfte habe es nicht gegeben. Und der Vertrag habe von Anfang an erlaubt, entweder Flugzeuge aus der sogenannten Tranche 1 (mit definierter Nachrüstpflicht) oder der späteren Tranche 2 zu liefern. Von einer Täuschungsabsicht oder Irreführung der Republik, die Doskozil behauptet hatte, könne also keine Rede sein.

Und das gehöre auch durch österreichische Gerichte rasch ausgeräumt. Danach werde er seinem Mandanten raten, die Republik auf Schadenersatz zu klagen.

Unschuldsvermutung für Doskozil

Auf Nachfrage, ob Airbus den vermuteten Amtsmissbrauch (für Doskozil gilt die Unschuldsvermutung ebenso wie für Airbus und die Airbus-Manager) angezeigt habe, antwortet Kleinschmidt mit dem Hinweis, dass die Staatsanwaltschaft selbst tätig werden müsse, wenn sie rechtswidriges Vorgehen erkennen kann.

Und das sei recht kompliziert, erklärt der Wiener Anwalt Michael Rohregger, denn hier gehe es um eine verfassungsrechtlich bedenkliche Vorgangsweise: Ein Staatsorgan, das keinen zivilrechtlichen Weg zum Ausstieg aus einem politisch unliebsamen Vertrag finde, mache in einer Pressekonferenz eine Vorverurteilung, bemühe dann die Strafjustiz, und die Republik schließe sich dann als Privatbeteiligte dem Strafverfahren an. Da müssten an die Fairness der Justiz besondere Maßstäbe angelegt werden.

Amtshaftung

Airbus vertraut den Gerichten. Diese hätten ja auch in einer anderen Sache, nämlich angeblichen "schwarzen Kassen", auf deren Existenz sich Doskozil beruft, bisher zu keinem Urteil kommen können. Wenn Airbus entlastet ist, könne sich die Republik Österreich am derzeitigen Verteidigungsminister im Rahmen der Amtshaftung schadlos halten, argumentieren die Airbus-Anwälte.

Ob Doskozil den erst festzustellenden Millionenschaden aus seinem Privatvermögen wiedergutmachen können wird, ist allerdings offen. Und es kratzt den Amtsinhaber nicht. Er wiederholte Montag die Vorwürfe der Schmiergeldzahlung und des Verdachts "auf arglistige und betrügerische Täuschung" – ohne konkrete Beschuldigte nennen zu können. Diese aber wären nach der Rechtslage von 2002/03 zwingend zu benennen, sagen die Airbus-Vertreter. Dass die Generalprokuratur und der Minister die Verbandsverantwortung ins Spiel bringen, greife schon deshalb nicht, weil diese erst mit 2006 ins Strafrecht eingeführt worden ist. Die Argumentation des Ministers richtet sich daher auch auf die Nachverhandlungen (den berüchtigten Darabos-Deal) von 2007. Diese Vorgänge sind auch noch nicht verjährt, wie es Airbus/Eurofighter in ihrem Schriftsatz für die eigentlichen Vertragsverhandlungen 2002 und 2003 nahelegen.

Plausibel erscheint, was die Anwälte ergänzen: Man sei (entgegen Doskozils Behauptung) immer lieferwillig und lieferfähig gewesen, schließlich war Österreich der stark umworbene erste Exportkunde für den Eurofighter. Und wer die Verhandlungen damals verfolgt hat, musste auch wissen, dass die Republik die Gegengeschäfte quasi um jeden Preis haben wollte. Insofern wurde transparent und ohne Raum für arglistige Täuschungen über diesen Punkt verhandelt. (Conrad Seidl, 19.9.2017)