Probleme enstehen oft an Schnittstellen.

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Im Gesundheitsbereich kann mangelnde Kommunikation gravierende Folgen haben: In Ländern mit hohem Einkommen gilt der medizinische Fehler aktuell als dritthäufigste Todesursache, wusste kürzlich Mediziner Klaus Markstaller vom AKH Wien anlässlich des Internationalen Tages der Patientensicherheit unter dem Motto "Speak Up! Wenn Schweigen gefährlich ist" zu berichten.

Medizinische Führungskräfte, Fachpersonal, Patienten und auch Angehörige müssten beim Erkennen von Sicherheitsproblemen dazu motiviert werden, Zweifel offen und angstfrei anzusprechen. Das könnte etwa Hygienemängel, Kommunikationsprobleme wie das Übersehen von Allergien oder mangelnde Maßnahmen in Sachen Ansteckungsschutz betreffen. Am Ende soll eine professionelle und strukturelle Analyse derartiger Ereignisse dazu beitragen, Ähnliches in Zukunft zu vermeiden.

Vertreter der Österreichischen Plattform Patientensicherheit, der Ärzte- und Apothekerkammer, von Gesundheitsministerium und Gesundheits- und Krankenpflegeverband sowie der Patientenanwälte erhoffen sich durch "Hinschauen statt Wegschauen" einen wichtigen Schritt für alle Beteiligten.

Hemmschwelle abbauen

Bis dato dürfte nur eine von zehn Fachpersonen beobachtete Fehler, Regelverletzungen oder inkompetentes Verhalten offen und umgehend ansprechen. Bei Patienten und Angehörigen liegt die Hemmschwelle oft noch höher, nicht zuletzt aus Angst vor negativen Konsequenzen. Sicherheitsbedenken zu kommunizieren wäre aber aus jeder Perspektive wichtig, erläuterte Brigitte Ettl, Präsidentin der Österreichischen Plattform Patientensicherheit. Ein wichtiger Faktor sei eine "Politik der offenen Türe" auf Führungsebene.

Kritische Ereignisse können darüber hinaus anonym und unbürokratisch im nationalen Fehlersystem www.CIRSmedical.at gemeldet werden. Eine Auswertung zeigte, dass von 501 veröffentlichten Berichten bei 43 Prozent Kommunikation auslösender oder beitragender Faktor war. Ein Fünftel wäre durch entsprechende Maßnahmen vermeidbar gewesen, so Artur Wechselberger, Präsident der Tiroler Ärztekammer.

Offener Umgang

Medizin gelte heute als komplexes Teamwork mit Arbeitsteilung, Probleme würden oft vor allem an den Schnittstellen entstehen, erläuterte der Anästhesist Markstaller. Ein offener Umgang jenseits von Disziplinen und Hierarchien diene dem Wohl von Patienten und Mitarbeitern, die so auch weniger Burn-out-gefährdet sind. Auch Außenstehenden komme eine nicht unwichtige Rolle zu, denn ihnen fehlt die Betriebsblindheit.

Patientenanwalt Gerald Bachinger begrüßte die Initiative, deren Umsetzung in der Praxis er als "irrsinnig schwierig" bezeichnete. Er forderte eine neue Gewichtung des Inputs ein – bis dato dürfte höchstens ein Zehntel aller medizinischen Behandlungsfehler umfassend aufgearbeitet werden. "Wir müssen alles unternehmen, um von einer Kultur des Wegschauens zu einer Kultur des Hinschauens zu kommen." (APA, 20.9.2017)