Peter Klien aktualisierte Couplets fürs Volkstheater.


Foto: Heribert Corn

Wien – Am Samstag hat im Volkstheater Johann Nestroys Posse Höllenangst Premiere. In dem nachrevolutionären Stück von 1849 geht ein Schusterssohn namens Wendelin einen Pakt mit dem vermeintlichen Teufel ein, um seinem von materieller Ungerechtigkeit geplagten Leben eine glückliche Wendung zu geben. Regie führt Felix Hafner, der Kabarettist Peter Klien – bekannt auch als Reporter und jahrelanger Gag-Schreiber für die ORF-Sendung Willkommen Österreich – sorgte gemeinsam mit Komponist Clemens Wenger für eine Aktualisierung der Couplets.

Die humoristischen Gesangseinlagen mit Aktualitätsbezug, die bei Nestroy und Raimund nicht selten zur Überlistung der Zensurbehörde dienten, waren in der Zeit des Vormärz politischer Zündstoff. Jene aus Höllenangst hält Peter Klien "um ehrlich zu sein, für durchwachsen", wie er dem STANDARD verrät. Themen und Refrains seien zwar gelungen, "die textliche Ausführung dann aber oft nicht von besonderer Sorgfalt geprägt".

Kliens Ehrfurcht vor dem Sprachgenie Nestroy soll dies allerdings nicht schmälern: "Die Sprache macht mit Nestroy allerhand Faxen. Gerade da sind seine Stücke besonders komisch. Nestroy ist in diesem Punkt unübertroffen."

Ein Couplet hat Klien im Original belassen, die beiden anderen neu gestaltet. "Aber selbst bei den neuen habe ich immer wieder Versatzstücke aus dem Originaltext einfließen lassen." Einem Satz wie "I lass' mir mein' Aberglaub'n / Durch ka Aufklärung raub'n / 's is jetzt schön überhaupt / wenn m'r an etwas glaubt", müsse man an Aktualität nichts hinzufügen.

Der Meinung von Theaterwissenschafter Reinhard Urbach, wonach Nestroy gerade deshalb so zeitgemäß sei, weil sein Pessimismus gegenüber seiner Zukunft von unserer Gegenwart bestätigt werde, will Klien trotzdem nicht so recht zustimmen: "Denn ist heute alles schlechter als früher? Ich würde sagen: Nestroy ist immer zeitgemäß, weil er zeitlos ist. Zeitlos, aber nicht ortlos. Er ist der zeitlose Wiener."

Zeit-, aber nicht ortlos ist auch das in Höllenangst behandelte Thema der Erbschleicherei. Im Hinblick auf den Wahlkampf – Stichwort: Erbschaftssteuern – habe man sich aber um Zurückhaltung bemüht, so Klien. "Denn der Wahlkampf wird wenige Wochen nach der Premiere Geschichte sein, und danach werden die politischen Karten neu gemischt."

Wie "scharf" darf man zulangen, ohne den Witz zu verlieren? "Hier ist tatsächlich eine gute Balance gefragt. Aber Pointe – im Englischen übri- gens 'punchline', also Schlagsatz – bedeutet ja Zuspitzung im Sinne von Schärfung." Oft sei es gerade die Schärfe und Direktheit einer Aussage, die das Denken aufsticht und explosionsartig ein lautes Lachen provoziert.

Mit Höllenangst vermochte Nestroy seinem Publikum ein Jahr nach der bürgerlichen Revolution diese Effekte nicht zu bescheren. Bei den Zeitgenossen fiel das Stück durch. Ist es zu desillusionierend? "Ich kann schwer abschätzen, warum es 1849 kein Erfolg war", so Klien, "aber es ist dramaturgisch anspruchsvoll, weil äußerst viele Personen und Handlungsstränge bei ziemlich rasantem Tempo ineinandergreifen. Das birgt die Gefahr der Überforderung."

Dass Nestroy bei aller Herrschaftskritik kein Revolutionär war, sondern ihn vielmehr auch Angst vor der politischen Befreiung des Menschen umtrieb, stößt beim Kabarettisten auf Verständnis: "Denn der Skeptiker", meint Klien, "bleibt immer ein Wohnzimmerrevolutionär." (Stefan Weiss, 22.9.2017)