1. Lieber nichts liegen lassen

"Krone"-Herausgeber Christoph Dichand und ich dachten vorige Woche offenbar ähnlich: Das mach' ich nach den Medientagen. Ich vertagte die Frage, ob Gerhard Valeskini denn tatsächlich "Krone"-Geschäftsführer wird, auf vorigen Freitag. Da hatte Christoph Dichand die Antwort auf die ungestellte Frage schon per OTS versandt. Immerhin war das Thema dann rasch und ohne großen Aufwand geklärt.

Vielleicht kann man das auch einmal über die Auseinandersetzungen unter den Gesellschaftern der "Krone" und der Mediaprint sagen.

2. "Heute"-Stiftungsvorstand im Mediaprint-Ausschuss

Gesellschaftersitzungen der "Krone"-"Kurier"-Tochter Mediaprint zum Beispiel sind bisher eher nicht als Heimat rascher und unkomplizierter Klärungen bekannt. Anfang Oktober treffen einander wieder je zwei Vertreter von "Krone" (Familie Dichand), "Kurier" (Raiffeisen) und Funke-Gruppe, die an beiden Zeitungen beteiligt ist, zu einem Gesellschafterausschuss, einem Gremium für grundlegende unternehmerische Themen beim Zeitungsriesen. Und es riecht schon wieder nach Konflikt. Aus eher ungewohnter Richtung.

Der potenzielle Konfliktpunkt sitzt in diesem Gesellschafterausschuss. Kurt Stiassny, früher Boss der Unternehmensinvest AG (etwa Libro) und bis zur Liquidation 2016 mit Michael Tojner der Beteiligungsgesellschaft Buy-Out-Central Europe II (etwa Austria Email). Geschäftsmann Stiassny ist Vorstandsmitglied in zwei Privatstiftungen der Familie Dichand.

  • Vorstand der Bertha-Privatstiftung von Christoph Dichand ("Krone") und seiner Frau Eva Dichand ("Heute") für Investments wie das Dorotheum (16 Prozent Anteil liegen bei der Bertha) und der Start-up-Spezialisten Speedinvest.
  • Und Vorstand der Pluto-Privatstiftung von Eva Dichand und ihrem Bruder zugunsten der Kinder aus der Ehe von Christoph und Eva. Diese Pluto-Privatstiftung hält 24,4 Prozent am Verlag der Gratiszeitung "Heute".

"Heute" hat die "Krone" längst als reichweitenstärkste Zeitung in Wien abgelöst, österreichweit ist sie Nummer zwei hinter der "Krone". Man könnte also – bei allen verwandtschaftlichen Verhältnissen – durchaus von zwei Konkurrenzprodukten mit jeweils marktbeherrschender Stellung sprechen.

Darauf gründet sich der Verdacht von Unvereinbarkeit der Funktionen Pluto-Stiftungsvorstand und Mediaprint-Gesellschafterausschuss. Menschen, die mit der Lage vertraut sind, sagen nun: Dieser Vorwurf komme nicht etwa von den langjährigen Dichand-Widersachern aus Deutschland, der Funke-Gruppe – die habe Stiassnys Entsendung in den Gesellschafterausschuss der Mediaprint zugestimmt. Der Vorwurf von Unvereinbarkeit komme vielmehr aus der Raiffeisen-Ecke unter den Gesellschaftern. Bestätigungen dafür stehen aus.

Was sagt Stiassny selbst über die Vereinbarkeit seiner Funktionen in der Pluto und der Mediaprint? Die Pluto habe eine reine Finanz- und Minderheitsbeteiligung an "Heute", und der Gesellschafterausschuss sei kein formelles Organ der Mediaprint. Die Funktionen seien also aus seiner Sicht problemlos vereinbar.

Die Frage ließe sich rasch (und vielleicht auch unkompliziert) klären, wenn sich Stiassny aus dem Pluto-Vorstand zurückzieht. Tut er das, fragte ich ihn am Freitag: Er äußere sich nicht über Vorgänge in Stiftungen. Wie aus dem Firmenbuch ersichtlich, sei da jedenfalls bisher nichts geschehen.

Kurt Stiassnys Mandat im Mediaprint-Gesellschafterausschuss soll übrigens ebenso mit der Funke-Gruppe abgestimmt sein wie die Bestellung von Gerhard Valeskini zum "Krone"-Geschäftsführer.

Wenn die Konstellation von Pluto und Mars stimmt, wie geschildert: Warum sollte Raiffeisen/Kurier in der langen, konfliktreichen Geschichte von "Krone", "Kurier" und Mediaprint nun die Funkes an der vordersten Front ablösen? Eine mögliche Interpretation: Wenn sich die Funkes mit den Dichands doch noch auf einen Kaufpreis für die "Krone"-Anteile der Deutschen einigen – dann könnte es in der Mediaprint schwieriger werden für den "Kurier", der bisher garantiert 30 Prozent der Mediaprint-Gewinne erhält.

Aber: Den Mediaprint-Gewinnverteilungsschlüssel von 70:30 zwischen "Krone" und "Kurier" hat noch Hans Dichand bei einem Schiedsgericht angefochten – er verlangte 90 Prozent des Mediaprint-Gewinns für die "Krone" – und seine Klage 2008 verloren. Die Schiedsrichter bestätigten damals den Schlüssel.

Und: Wenn die Funkes sich von der "Krone" verabschieden, dann verkaufen sie wohl auch ihre "Kurier"-Anteile – womit es in der Mediaprint 50:50 zwischen "Kurier"/Raiffeisen und "Krone"/Dichands stünde. Und eine Auflösung der Mediaprint lässt sich jedenfalls nicht rasch und ohne Aufwand klären.

"Krone bunt": Christoph Dichand schreibt über seine Kilimandscharo-Besteigung mit Erwin Soravia.
Foto: Krone bunt Faksimile

Christoph Dichand machte mir am Sonntag in der "Krone bunt" klar, dass er und ich doch recht unterschiedlich denken. "Der Kilimandscharo ist im Kopf", betitelte er eine seiner raren Veröffentlichungen. Das kann ich von mir nicht behaupten.

Dichand zitiert in der "Krone bunt" auch einen Spezi seines Vaters, Meeresforscher Hans Hass. Der habe in seinem Buch mit dem (vielseitig verwendbaren) Titel "Begegnungen unter Haien" geschrieben, "dass der Mensch in seinem geordneten Umfeld Sehnsucht nach dem Unbekannten hat und sich daher in Gefahr begibt". Unbekannt wäre auch eine "Krone" mit nur einem Eigentümer – wie auch eine "Krone" ohne Gesellschafterstreit. Und neu ohnehin.

Den realen Kilimandscharo hat Dichand mit Bau- und Immobilienmulti Erwin Soravia bestiegen, der ist wie Michael Tojner und die Dichands (über die Bertha, siehe oben) am Dorotheum beteiligt. Der Berg hat übrigens in Christoph Dichand "ein wenig von jenem Pioniergeist geweckt, der Menschen seit jeher dazu gebracht hat, Neues zu entdecken".

3. Wie Puls 4 ORF 1 überholte

Beim großen Münchner Mischkonzern ProSiebenSat1 hat eine maßgeblicher Fachkraft etwas anders im Kopf als Berge. "Wir haben bei ProSiebenSat1 jemanden, der an uns denkt", sagte die neue Puls-4-Senderchefin Stefanie Groiss-Horowitz gerade im STANDARD-Interview und freute sich über ein schmuckes Spielfilmportfolio im Herbst.

Kommenden Freitag zum Beispiel zeigt Puls 4 im Hauptabend – gegen "Nationalraten" mit Sebastian Kurz (ÖVP) auf ORF 1 – "Kingsman: The Secret Service" zum Kinostart von Teil 2 der Gentleman-Spionage.

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Hauptabend-Sieger am Freitag in der Werbezielgruppe: "Jurassic World" auf Puls 4.
Foto: Universal Pictures / AP

Vorigen Freitag hat Puls 4 nach eigenen Angaben mit der Österreich-Premiere von "Jurassic World" im Free TV seine bisher beste Film-Quote geschafft – jedenfalls in der Werbezielgruppe: Dort schaffte der ProSiebenSat1-Sender 15,3 Prozent Marktanteil. Hauptabendschnitt in der Werbezielgruppe: 13,4 Prozent – Puls 4 hatte damit in bei den Zwölf- bis 49jährigen den Höchstwert aller Sender. ORF 1 kam im Hauptabend in der Werbezielgruppe auf 10,3 Prozent, ORF 2 auf 9,7 Prozent.

Beim Gesamtpublikum – Jurassic-Sendungsschnitt: 200.000 Zuschauer – kam Puls 4 im Hauptabend ORF 1 (mit Ulrike Lunacek im "Nationalraten") recht nahe: 7,1 Prozent Marktanteil gegenüber 8,3 Prozent beim ersten ORF-Programm.

4. Servus steuert auf neuen Höchstwert zu

Die beiden Hauptprogramme des ORF könnten im September neuerlich unter der 30-Prozent-Marke bleiben – bisher liegen ORF 1 und ORF 2 gemeinsam knapp über 29 Prozent. ORF 1 beim Gesamtpublikum nur noch bei 8,4 Prozent, in der Werbezielgruppe bei 12,3 Prozent.

Servus TV feierte im August seine bisher besten Monatsmarktanteil von 2,3 Prozent beim Gesamtpublikum. Der Wert dürfte sich im September jedenfalls wieder ausgehen, es könnten aber nach bisherigem Stand 2,4 Prozent werden.

Die ProSiebenSat1-Sender ATV und Puls 4 steuern auf knapp drei Prozent beziehungsweise 3,1 Prozent Monatsmarktanteil beim Gesamtpublikum zu, in der Werbezielgruppe auf jeweils 4,3 Prozent.

Aber: Eine Woche fehlt noch zum September-Monatsmarktanteil.

5. ATV altert mit Andy Borg

ATV scheint sich nun im Kreis der ProSiebenSat1Puls4-Sender (auch) auf ein etwas älteres Publikum einzustellen. Die "Krone" berichtete am Sonntag, am 12. November bekommt Andy Borg eine Hauptabendshow namens "Beim Andy", produziert von "Musikantenstadl"-Fachkräften und mit Patrick Lindner, Stefan Mross, Monique, Stoanis (Stoakogler), Jungen Zillertalern und was in der volkstümlichen Welt Klang und Namen hat.

6. Quotenbringer Kern

Die September-Marktanteile liefern vielleicht auch zusätzliches Erklärungsmaterial für den "Österreich"-Cover-Grant am Sonntag über Christian Kern, der am Freitag nach der Veröffentlichung einer Schwächenanalyse über den SPÖ-Chef kurzfristig ein für den Abend geplantes Interview auf Ö24TV abgesagt hat. Wenn die naturgemäß fordernde Programmlücke und das Naturell des Herausgebers nicht zur Erklärung reichen, der Kern am Sonntag mit Donald Trump verglich und als "Kim Jong Kern" titulierte.

Ö24TV hatte im September eine Tagesmarktanteils-Spitze von 0,5 Prozent – am 8. September, als der Sender Kern und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache antreten ließ.

Am Dienstag ist der Fellner-Kanal ein Jahr on air. TV-Monatsmarktanteilsschnitt im September: 0,2 Prozent laut Teletest.

7. Abstimmung über Rundfunkgebühr

In der Schweiz soll der Nationalrat am Dienstag über eine Initiative zur Abschaffung der Rundfunkgebühr abstimmen, eine Mehrheit dagegen zeichnete sich ab.

8. Bezahlen für Online-Inhalte

Ums Zahlen geht's diese Woche auch bei den Zeitungen. Diese Woche ist der erste Workshop eines österreichischen Zeitungsverlags und der Nachrichtenagentur APA angesetzt, die im Rahmen der Digital News Initiative (DNI) an einem Bezahlsystem für Onlineinhalte arbeitet. Arbeitstitel: Media Pay, von Google mit 944.000 Euro gefördert, acht Genossenschafter-Verlage der APA haben Absichtserklärung über eine Beteiligung unterschrieben, hieß es vorige Woche bei einer DNI-Präsentation bei den österreichischen Medientagen.

Ich tippe: Der erste Media-Pay-Workshop könnte mit dem "Kurier" stattfinden.

9. Ein Bot in den STANDARD-Foren

Ebenfalls bei der DNI-Präsentation vorige Woche gelernt: Dieser Tage soll sich erstmals ein Bot an den STANDARD-Foren versuchen. Nein, er diskutiert nicht mit. Das Programm soll den Community Managern beim raschen Erkennen von besonders gelungenen Postings (und auch dem Gegenteil) helfen – unter täglich 30.000 Userkommentaren und mehr. Ebenfalls ein von der Digital News Initative gefördertes Projekt mit dem österreichischen Institut für Artificial Intelligence (OFAI), über das der Chef des STANDARD-Community-Managements, Chris Burger, bei den Medientagen berichtete.

10. Google-Steuer

Um Google und Co – und die Besteuerung von Onlineriesen – wird es wohl kommenden Freitag beim "Digitalen Gipfeltreffen" der EU-Staats- und -Regierungschefs in Tallin gehen.

Bis zur entschlosseneren Besteuerung werden wir wohl noch ein paar Mal in die nächste Woche schauen: Konkrete EU-Entwürfe für die Besteuerung soll es im Frühjahr 2018 geben, hieß es zuletzt. (Harald Fidler, 25.9.2017)