Bregenz – Bodenknappheit, Preisexplosionen auf dem Immobilienmarkt, Mangel an leistbaren Wohnungen, Zugriff auf die Landesgrünzone – Vorarlberg hat aus Expertensicht bei der Raumplanung Handlungsbedarf. Eine Novelle des Raumplanungsgesetzes wurde zwar im Regierungsprogramm von Schwarz-Grün versprochen, ein Gesetzesentwurf noch nicht vorgelegt.

Die nächste Landtagswahl ist 2019, nun macht die Initiative "Vau hoch drei", gegründet von Gemeindepolitikern und Architekten, Druck. Sie lud am Donnerstag Raumplanungsexperten aus der Schweiz als Referenten zum ersten "Tag der Raumordnung" nach Bregenz. Der Blick über die Grenze soll Lösungsmöglichkeiten aufzeigen und Mut machen, erklärt Josef Mathis, Sprecher der Initiative.

Die Schweiz macht auf allen drei politischen Ebenen – Bund, Kanton, Gemeinde – mit neuen Raumplanungs- und Baugesetzen Ernst mit Restriktionen: Die grüne Wiese ist tabu, Verdichtung der Zentren Pflicht, Gemeinden haben sich an kantonale Vorgaben zu richten, wer aus einer Neuwidmung Vorteile lukriert, muss die Kommune über eine Mehrwertabgabe teilhaben lassen.

Unverrückbare Grundsätze

Die Gemeinden verlieren Autonomie, bekommen aber auch neue Handlungsmöglichkeiten, etwa ein Kaufrecht auf Baugrund, der nicht in vereinbarter Frist verbaut wird. Will die Gemeinde neue Bauflächen widmen, muss sie den Bedarf nachweisen, erklärte Andreas Schneider, Leiter des Instituts für Raumentwicklung Rapperswil. Für die Bedarfsprüfung auf Basis der Bevölkerungsentwicklung gelten einheitliche technische Richtlinien. "Bisher waren die Planer da sehr kreativ", sagte Schneider. Damit sei nun Schluss. Gemeinden mit überdimensionierten Bauzonen müssen rückwidmen.

Verbindlichkeit und unverrückbare Grundsätze nannte Angelus Eisinger, Leiter der Regionalplanung Zürich, als wesentliche Merkmale der neuen Raumplanung. Planung ohne Partizipation der betroffenen Bevölkerung sei nicht mehr möglich. Die Notwendigkeit von Lernprozessen – dem "Gemeinsam-klüger-Werden" – hätten auch Investoren eingesehen. Ebenso die Sinnhaftigkeit überregionaler, sogar grenzüberschreitender Planung mit den französischen und deutschen Nachbarn.

Über die Grenze schauen

Über die Grenze schaut man auch im Rheintal. Der Verein Agglomeration Unteres Alpenrheintal, dazu gehören zwölf Schweizer und acht Vorarlberger Kommunen, möchte gemeinsam Verkehrsprobleme lösen. Man habe dazu ein Projekt bei der Schweizer Bundesregierung eingereicht, berichtete Vereinspräsident Reto Friedauer. "Mutig", nannte Landesstatthalter Karlheinz Rüdisser, in der Vorarlberger Landesregierung für Raumplanung zuständig, die Schweizer und versprach über die Ideen nachzudenken. "Möge der Mut überschwappen", wünschte sich der Bregenzer Bürgermeister Markus Linhart (VP). (Jutta Berger, 23.9.2017)