Es war vor allem Uber, das in den vergangenen Jahren mehrfach wegen Sexismusvorwürfen in die Kritik gekommen ist. Die Arbeitskultur beim Milliarden-Start-up sei toxisch für Frauen, berichteten ehemalige Mitarbeiterinnen. Übergriffe durch Vorgesetzte würden von der Personalabteilung ignoriert. Doch Beispiele aus anderen Unternehmen zeigten, dass es Frauen in der Tech-Branche mitunter noch sehr schwer haben.

Jedoch formierten sich auch verschiedene Initiativen, um die Situation zu verbessern. Teilweise starteten auch die Konzerne selbst Programme zur gezielten Anwerbung weiblicher Fachkräfte und der Erarbeitung von Richtlinien für gleichberechtigten Umgang der Geschlechter im Arbeitsalltag. Uber hat mittlerweile mit Darwa Khosrowshahi einen neuen Chef gefunden, der sich dem Wandel der Unternehmenskultur verschrieben hat.

Doch das Streben nach mehr weiblicher Repräsentation und Mitsprache im Silicon Valley stößt auch auf Widerstand, berichtet die "New York Times". Die Stimmen der Männerrechtler werden lauter.

Das "Google-Manifest"

Ein prominentes Beispiel ist James Damore. Der Google-Entwickler verfasste ein Manifest, in dem er sich darüber beklagte, dass Kritik an der Firmenkultur unterdrückt werde. Zudem forderte er ein Ende der aktuellen Gleichberechtigungsmaßnahmen vor und schlug seinerseits Alternativen vor, die er mit biologischen Unterschieden argumentierte.

Das an die Öffentlichkeit gelangte Schreiben sorgte für viel Kritik. Damore wurde kurz darauf entlassen und geht nun arbeitsrechtlich gegen Google vor.

James Damore ist zu einem Aushängeschild der Männerrechtsbewegung geworden.
Foto: James Damore/Twitter

"Es ist wie eine Hexenjagd"

Aber auch James Altizer vom Chipentwickler Nvidia gehört zu den Kritikern des stattfindenden Wandels. Während Damore in seinem Text die Errungenschaften der feministischen Bewegungen prinzipiell würdigte, geht er einen Schritt weiter. Seiner Ansicht nach hätten die Feministen im Valley sich schon vor einigen Jahren zusammengetan und würden den Plan verfolgen, die Männer zu unterwerfen.

"Es ist wie eine Hexenjagd", erklärte er im Interview mit der "Times". "Ich sitze hier in einer schalldichten Kammer, weil ich Angst habe, dass mich jemand hören könnte." Der Umgang mit Geschlechterfragen sei mittlerweile "fast religiös".

Er ist damit nicht allein. Obwohl zahlreiche Untersuchungen die erschwerten Umstände für viele Frauen bestätigen, sehen einige Männer mittlerweile eine zu weit gehende Definition von Belästigung.

Costolo: Belästigung ist immer noch Alltag

Während die Chefetagen der IT-Konzerne im als liberal geltenden Valley derlei Ansichten kategorisch ablehnen und dementsprechend viele Kritiker aus Angst vor negativen Folgen sich nicht offen zu ihren Ansichten bekennen, deklarieren sich mittlerweile manche als "Contrarians". Männeraktivisten sprechen von steigendem Interesse an ihrer Bewegung. Auch auf Plattformen wie Reddit ist mehr Teilnahme in entsprechenden Foren zu beobachten.

Erst vor kurzem habe er mit einer Managerin gesprochen, die von ihrem Firmenchef begrapscht worden war. Eine andere wurde zu einem Jobinterview eingeladen, weil das Unternehmen "gerade das Gefühl hatte", eine Frau anstellen zu wollen, schildert der ehemalige Twitter-Chef Dick Costolo. Ob Gleichberechtigungsinitiativen zu weit gingen, sollte man erst diskutieren, wenn Fälle wie diese nicht mehr alltäglich seien.

Damore brachte Stein ins Rollen

Hinter Ex-Google-Mitarbeiter Damore haben sich nun einige einflussreichere Personen geschart. Selbst Charles Darwin würde für seine Ansichten über die Geschlechter bei Google gefeuert, meint etwa Paul Graham, Gründer des wichtigen Inkubators Y Combinator. "Hört auf, meiner Tochter beizubringen, dass ihr Weg zu finanzieller Freiheit (…) über Beschwerden bei der Personalabteilung führt", klagt Eric Weinstein, ein Geschäftspartners des Investors Peter Thiel.

Laut Damore gibt es mehr als 20 andere Männer, die ihn kontaktiert hätten und sich interessiert an einer Sammelklage gegen Google wegen "systematischer Männerdiskriminierung" zeigen. "Weiße Männer", sagt seine Anwältin Harmeet Dhillon, würden mittlerweile oft das Nachsehen bei Beförderungen haben.

Schon vergangenes Jahr gingen zwei Männer gegen Yahoo vor Gericht. Sie werfen dem Konzern vor, unter der damaligen Führung von Marissa Mayer bei den Anstellungen und Förderungen für Frauen zu weit gegangen zu sein. Ihr Anwalt bemängelte mangelnde Kontrolle einer Situation, in der "Frauen Frauen anstellten".

Der radikale Rand bekommt Zulauf

Während die Branche sich zunehmend der Gleichberechtigung öffnet, verzeichnen auch radikale Männerorganisationen mehr Zulauf. Eine davon ist Mgtow (Men Going Their Own Way), die sich für "totalen Männerseparatismus" ausspricht. Sie propagiert den Verzicht auf Heirat und Kinder sowie generell eine Reduktion des Kontakts zu Frauen. In ihren Foren tauschen sie "Horrorgeschichten" über weibliche Vorgesetzte aus oder geben sich Tipps, wie man beim Daten langfristige Commitments vermeidet.

Nvidia-Entwickler Altizer hält die Anstrengungen für die Anstellung von mehr Frauen in Tech-Berufen für "absurd". Er sei selbst jahrelang verantwortlich für Personalangelegenheiten gewesen, erklärt er. "Es wäre nett, mehr Frauen dabei zu haben, aber man findet nirgendwo Bewerberinnen." (red, 24.9.2017)