Immer der Nase nach: Thomas Gottschalk und Mike Krüger besuchen 1983 als "Die Supernasen" den Wörthersee.

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Wien – Die Liebe zum schlechten Geschmack gehört längst zum guten Ton. Dahinter steht oft der so einfache wie nachvollziehbare Wunsch nach Abgrenzung: Was allen gefällt, verliert für den Einzelnen an Wert. Den Distinktionsgewinn kann man im Gegenzug dann praktischerweise nicht nur oben in der Hochkultur abschöpfen, sondern auch unten im Underground.

Der Titel der aktuellen Filmschau des Filmarchivs Austria, "Wörthersee & Exploitation", bietet eine solche Lesart zumindest an. Exploitation steht im Kino für die Zerstörung von Tabus, die Aufhebung von guten Sitten und alten Werten und für eine Form der Subversion, die historisch gegen so ziemlich gegen alle bekannten Grenzen verstieß, um als Zuschauer die eigenen zu erweitern. Mithin für ein Kino, das sich in seiner Blütezeit zwischen den 1960er- und 1980er-Jahren einen Dreck um Konventionen scherte.

Neues Niveau

"Wörthersee & Exploitation" lenkt die Aufmerksamkeit auf jene österreichisch-deutsche Produktionsfirma, die sich jedoch vorwiegend mit anderen Filmen einen Namen machte: Der 1931 geborene Produzent Karl Spiehs senkte mit seiner – von Paul Löwinger gegründeten – Lisa Film den Heimat- und Tourismusfilm auf ein sogar für österreichische Verhältnisse neues Niveau. Thomas Gottschalk, Mike Krüger, Roy Black und Uschi Glas sorgten im Kino für ein Happy-End am Wörthersee (1964), ordinierten als Kinderarzt Dr. Fröhlich (1972), waren Die Supernasen (1983) oder bis zuletzt Zärtliche Chaoten (1987).

Das Unbotmäßige, das neben dem Kommerz die Freiräume füllte, wird in der aus 23 Filmen bestehenden Retrospektive nebenbei ersichtlich, etwa in der Wolgang-Bauer-Adaption Change (1975) oder im einzigen Horrorfilm von Lisa Film, Jess Francos mit Splatter-Effekten durchsetztem Die Säge des Todes (1980).

Beispielhafte Karriere

Auf "eine hierzulande beispiellose Karriere" von Spiehs weist der Programmtext hin, richtigerweise müsste von einer für Österreich beispielhaften Karriere die Rede sein. Während sich der Neue Österreichische Film in den 70er-Jahren endlich von Schund-, Sex- und Heimatfilmen befreite, fand die Lisa Film im Fernsehen der 90er-Jahre (Ein Schloss am Wörthersee) mit Wörthersee-Zampano Otto W. Retzer ihr neues Terrain.

Ob vor allem der Trash nach gutem Geschmack verlangt, diese Frage stellt sich aber ohnehin nicht nur am Wörthersee. (Michael Pekler, 25.9.2017)