Proxima Centauri, aufgenommen mit dem Hubble Weltraumteleskop. Der Rote Zwerg könnte erst von Alpha Centauri A und B eingefangen worden sein.

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Die Illustration verdeutlicht Größenunterschiede: Aufgrund seiner geringen Masse und Helligkeit befindet sich die lebensfreundliche Zone von Proxima Centauri nur wenige Millionen Kilometer von der Oberfläche des roten Zwergs entfernt.

Illustr.: eso/m. kornmesser/g. coleman

Ein spekulativer Blick von der Oberfläche des Exoplaneten Proxima Centauri b in Richtung Horizont, hinter dem Proxima Centauri gerade im Begriff ist zu verschwinden.

Illustr.: eso/m. kornmesser

Hatfield – Vor etwas mehr als einem Jahr verkündeten Astronomen die Entdeckung eines potenziell erdähnlichen Exoplaneten um Proxima Centauri. Seither wechseln sich Fachjournale in schöner Regelmäßigkeit mit Studien ab, die das Für und Wider lebensfreundlicher Bedingungen auf der Welt um den nächstgelegenen Stern in 4,24 Lichtjahren Distanz erörtern.

Unterm Strich sieht die Bilanz allerdings nicht allzu rosig aus: Die gebundene Rotation und die starke UV-Strahlung des nahen Sterns machen es den Planetologen schwer, Szenarien zu finden, die zu klimatisch günstigen Verhältnissen auf Proxima Centauri b führen. Bedroht wird die Stabilität des Systems zusätzlich von den beiden Geschwistersternen Alpha Centauri A und B, wie eine aktuelle Studie zeigt.

Ungleiches Dreiergespann

Spätestens seit der endgültigen Bestätigung im November 2016 ist klar, dass die drei Sterne tatsächlich gravitativ aneinander gebunden sind. Innen kreisen die beiden sonnenähnlichen Sterne Alpha Centauri A und B in geringem Abstand umeinander, außen beschreibt Proxima Centauri eine langgezogene Ellipse um das System. Für eine ganze Runde benötigt der Rote Zwergstern fast 600.000 Jahre.

Ob dieses hierarchische Dreiergespann über lange Zeiträume hinweg auch stabil bleibt, haben sich nun Astronomen von der britischen University of Hertfordshire genauer angesehen: Die Simulationen des Teams um Fabo Feng und Hugh Jones zeigten tatsächlich, dass in 26 Prozent der Fälle Proxima Centauri nach einer gewissen Zeit von den beiden anderen Sternen fortkatapultiert wird. Dass dies in der Realität noch nicht geschehen ist, könnte vor allem eines bedeuten: Proxima Centauri wurde ganz woanders "geboren" und erst später von Alpha Centauri A und B eingefangen.

Schwieriger Sternenfang

Für einen einzelnen durchschnittlich massereichen Stern ist es extrem schwierig, sich einen vorüberrasenden Kompagnon einzufangen: Die enorme Bewegungsenergie eines durch All ziehenden Sterns verhindert dies in der Regel. Bei einem Doppelsternsystem sieht die Sache allerdings anders aus: Das Paar funktioniert gleichsam als Schockabsorber und schafft es viel eher, den stellaren Passanten abzubremsen und in eine Umlaufbahn zu zwingen.

Dass dies auch bei Proxima Centauri geschehen ist, dafür sprechen nicht nur die Simulationen der Briten. Auch Unterschiede bei der chemischen Zusammensetzung zum zentralen Sternenpaar sprechen für eine spätere Ankunft in dem System – und das könnte auch eine gute Nachricht hinsichtlich der Habitabilität von Proxima Centauri b sein.

Zeit für das Leben

Die gelegentlichen Annäherungen zwischen Alpha Centauri A und B und Proxima Centauri könnte den Exoplaneten allmählich von seinem Muttergestirn weg bugsieren. Das bedeutet, dass der Exoplanet früher viel näher am Stern kreiste und die lebensfreundlichen Zone in Zukunft auch wieder verlassen wird.

Wenn sich Proxima jedoch erst viel später den beiden anderen Sternen angeschlossen hat, hätte Proxima Centauri b womöglich Jahrmilliarden in einem stabilen Orbit in der habitablen Region seines Sternsystems verbracht, was der Entstehung von Leben eine Chance gegeben hätte. "Leben braucht vor allem Zeit, um sich zu entwickeln", meint Feng. "Dieses Szenario würde ihm diese Zeit verschaffen." (tberg, 26.9.2017)