Ankara/Wien – Die vorübergehende Freilassung des Cumhuriyet Kolumnisten Kadri Gürsel am Dienstagvormittag sei zwar zu begrüßen, trotzdem dürfe man nicht auf die vier Mitarbeiter der regierungskritischen Zeitung vergessen, die sich noch immer in Haft befänden. Das teilte Rubina Möhring, Präsidentin von Reporter ohne Grenzen Österreich in einer Aussendung am Dienstag mit.

"Wir sind enttäuscht über die Entscheidung eines türkischen Gerichts, vier Mitarbeiter der regierungskritischen Zeitung Cumhuriyet nicht aus der Haft zu entlassen", so Möhring. Auch wenn Karim Gürsel bis zu seinem Urteil unter Auflagen freikommt, so befänden sich Chefredakteur Murat Sabuncu, Herausgeber Akin Atalay, Investigativjournalist Ahmet Sik und Buchhalter Emre Iper weiterhin in Untersuchungshaft.

Die absurden Anschuldigen und Willkürhaft für Journalisten in der Türkei nehmen nach den Worten Möhrings kein Ende: "Es ist höchste Zeit, dass Journalisten nicht mehr wie Terroristen behandelt werden und der Medienpluralismus in der Türkei wieder hergestellt wird."

"Verräter" und "Feinde Erdogans"

So seien etwa Journalisten, die über den Cumhuriyet-Prozess berichteten, in den vergangenen Wochen Anfeindungen ausgesetzt gewesen. Regierungsfreundliche Medien hätten rund 30 Journalisten als "Verräter" und "Feinde Erdogans" bezeichnet. Unter den Beschuldigten seien prominente Journalisten wie Ertugrul Mavioglu, Banu Güven und Fatih Polat, aber auch Verteidiger der Pressefreiheit wie der langjährige Türkei-Korrespondent von Reporter ohne Grenzen, Erol Önderoglu, der als Prozessbeobachter vor Ort war.

Ein Gericht in Istanbul hatte zu Beginn der Woche entschieden, den im Gefängnis Silvir im Westen Istanbuls inhaftierten Kolumnisten Kadri Gürsel bis zu einem Urteil unter Auflagen auf freien Fuß zu setzen. Gürsel und die anderen Angeklagten hatten die gegen sie erhobenen Vorwürfe stets zurückgewiesen.

Die Türkei belegt zur Zeit Platz 155 von 180 auf der Rangliste der Pressefreiheit, die von Reporter ohne Grenzen herausgegeben wird. (APA, 26.9.2017)