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Kurden feiern nach dem Referendum in Dohuk.

Foto: REUTERS/Ari Jalal

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Die irakische Luftfahrtbehörde hat am Mittwoch ausländische Airlines angewiesen, Flüge in die kurdischen Autonomiegebiete – etwa zum Flughafen Erbil – einzustellen.

Foto: AP Photo/Bram Janssen

Erbil/Bagdad – Die Kurden im Nordirak haben sich mit überwältigender Mehrheit für eine Unabhängigkeit ausgesprochen. In dem umstrittenen Referendum Anfang der Woche stimmten mehr als 92 Prozent für eine Abspaltung vom Irak, teilte die Wahlkommission am Mittwoch mit. Die Wahlbeteiligung lag bei rund 72 Prozent.

Noch vor der offiziellen Bekanntgabe des Ergebnisses hatte der Präsident der kurdischen Autonomieregierung im Nordirak den Sieg beim Referendum erklärt. In einer Fernsehansprache rief Massud Barzani die irakische Führung zum Dialog und zu Verhandlungen auf, berichtete die kurdische Nachrichtenseite "Rudaw" am Dienstagabend. Er forderte die Zentralregierung und die Nachbarländer auf, den Willen des kurdischen Volkes zu respektieren. "Wir sind in eine neue Phase eingetreten."

Luftfahrtbehörde ordnet Stopp der Flüge in Kurdengebiete an

Bagdad antwortete mit Drohungen. Das Parlament forderte die Entsendung von Soldaten in die kurdisch-kontrollierten Ölgebiete. Die Zentralregierung von Ministerpräsident Haidar al-Abadi müsse die Öl-Felder von Kirkuk "wieder unter die Kontrolle des Öl-Ministeriums bringen", hieß es in der am Mittwoch verabschiedeten Resolution.

Abadi selbst forderte die Kurden auf, binnen drei Tagen die Kontrolle über die Flughäfen im Nordirak an die Zentralregierung zu übergeben. Sollte das bis Freitag nicht geschehen, werde man den Luftraum sperren und keine Flüge mehr aus dem und in den Nordirak zulassen.

Die irakische Luftfahrtbehörde wies ausländische Fluglinien am Mittwoch bereits an, Flüge in die kurdischen Autonomiegebiete einzustellen. Die Regelung gelte ab Freitag und setze einen Beschluss der Regierung um, erklärte das Verkehrsministerium.

AUA will Erbil weiterhin anfliegen

Die Lufthansa und ihre Tochter AUA wollen jedoch weiter den Flughafen Erbil anfliegen. Den nächsten Flug werde es wie geplant am Samstag geben, man stehe dazu in Kontakt mit deutschen, US-amerikanischen und irakischen Behörden, sagte ein Lufthansa-Sprecher am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. Auch Turkish Airlines teilte mit, die Flüge gingen weiter, da keine offizielle Mitteilung aus dem Irak eingetroffen sei.

Die kurdische Autonomieregierung lehnte Abadis Forderung am Mittwoch ab. Die Flughäfen der Städten Erbil und Sulaimaniya seien im "Besitz Kurdistans", der Betrieb werde normal weitergehen, erklärte der kurdische Verkehrsminister Maulud Bawa Murad. Verhandlungen über etwaige Beobachter Bagdads auf den Flughäfen stimmte die kurdische Regionalregierung aber zu.

Abstimmung trotz internationaler Kritik

Trotz internationaler Kritik und Warnungen hatte die Autonomieregierung die Bürger am Montag abstimmen lassen. Die Zentralregierung hält das Referendum für verfassungswidrig. Auch die Türkei und der Iran sind strikt gegen einen unabhängigen Kurdenstaat.

Bereits kurz nach der Abstimmung hatten die türkische und die irakische Armee ein gemeinsames Militärmanöver begonnen. Die Übung finde in der Gegend des Grenzübergangs Habur statt, des Übergangs zwischen der Türkei und der Kurdenregion im Nordirak, teilte der irakische Generalstabschef Uthman al-Ghanami mit. Die türkische Armee hatte das Manöver bereits eine Woche zuvor begonnen.

Grenze zu Türkei bleibt geöffnet

Die türkische Grenze im Nordirak bleibt weiterhin geöffnet. Das bedeute aber nicht, dass sie auch in Zukunft offen bleiben werde, teilte Bulent Tufenkci, der türkische Handelsminister am Mittwoch mit. Er bekräftigte, dass die Entwicklungen im Nordirak kaum Einfluss auf die türkische Wirtschaft nehmen würden.

Die Anzahl der Fahrzeuge, die die Grenze zwischen der autonomen Kurdenregion und der Türkei überqueren, hat laut dem Minister zuletzt abgenommen. Der Handel mit der irakischen Zentralregierung könne auch im Fall einer Grenzschließung über den See- und Luftweg beibehalten werden.

Drohungen von Erdogan

Angesichts des Unabhängigkeitsreferendums hatte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan am Dienstag vor einem "ethnischen und konfessionellen" Krieg gewarnt. Barzani warf er "Verrat an unserem Land" vor und warnte, dessen "Abenteuer" könne nur "ein düsteres Ende" nehmen. Zuvor hatte Erdogan die irakischen Kurden vor einer militärischen Intervention wie gegen die Kurden in Nordsyrien gewarnt.

Auch Russland äußerte sich nach dem Referendum skeptisch. Die Wahrung der territorialen und politischen Einheit des Irak sei extrem wichtig für die Stabilität und Sicherheit der Region, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. (Reuters, APA, red, 27.9.2017)