Alexandra Fischbach – die Grüne rechnet sich Chancen auf den Einzug in die Bürgermeisterstichwahl aus.

Foto: Grüne Neusiedl/See

Im Grunde beschäftigt die Stadt, deren Namen der große See trägt, seit Jahren nur ein Thema: die Leere im Börsel. Der Landesrechnungshof entdeckte in Neusiedl am See im heurigen Mai fast 42 Millionen Euro an Finanzverpflichtungen bei einem Budget von etwa 16 Millionen. Ein Ballast, der die Stadt unters Kuratel der Gemeindeaufsicht brachte. Eine Investitionsbremse wurde installiert, quartalsmäßig muss nach Eisenstadt berichtet werden.

Dass das der ÖVP im laufenden Gemeinderatswahlkampf nicht unbedingt die Segel füllt, ist logisch. Die Schwarzen regieren den Bezirksvorort seit eh und je, der eben im Emeritieren begriffene Kurt Lentsch – ein Steuerberater im Übrigen – ist nicht nur seit 20 Jahren Bürgermeister, sondern war zuvor schon zehn Jahre Finanzstadtrat. Kein Wunder also, dass sein designierter Nachfolger Thomas Halbritter als Wahlmotto "Neustart" ausgegeben hat.

Freunderlwirtschaft

Ein Motto, über das die Mitbewerber doch ein wenig Schmunzeln. SPÖ-Bürgermeisterkandidatin Elisabeth Böhm geißelt den Konkurrenten als Bestandteil der traditionellen Neusiedler "Freunderlwirtschaft", deren Teilnehmer einander Pfründe zuschanzten. Halbritter, Sohn des Vorgängers von Kurt Lentsch, war jedenfalls langjähriger Stadtrat.

In zwei Bereichen wird die Finanzlahmheit der Stadt besonders deutlich. Das Hallenbad – eines von drei im ganzen Burgenland – müsste von Grund auf saniert werden, aber allein der laufende Betrieb kostet runde 700.000 Euro. Eine Schließung steht im Raum, der Rechnungshof empfiehlt dies "aus betriebswirtschaftlicher Sicht". Da winken freilich alle Parteien ab.

Wachstumsschmerzen

Das zweite Thema ist ein regionales. So wie die Umlandgemeinden wächst Neusiedl gerade in einer Geschwindigkeit, die fast wehtut. Gerade einer so finanzmaroden Gemeinde. Seit der Jahrtausendwende hat sich die Zahl der Neusiedler fast verdoppelt. Ein vierter Kindergarten, eine größere Volksschule stünden eigentlich auf der Agenda.

Die Grüne Alexandra Fischbach plädiert für ein schaumgebremstes, kontrolliertes, infrastrukturell begleitetes Wachstum. Wofür es allerdings wiederum das Placet der Gemeindeaufsicht braucht. Fischbach hat sich in den vergangenen Jahren einiges Renommee erarbeitet in der Stadt. Sie hat den Vorsitz im Konsolidierungsausschuss übernommen, sozusagen den Besen in die Hand genommen.

Grüne Chance auf Stichwahl

Das wird eine der spannenden Fragen dieser Wahl: Wie sehr haben die Neusiedler diese Knochenarbeit – mit der die Grünen klarerweise nicht hinterm Berg gehalten haben – wertgeschätzt? Fischbach ist jedenfalls landesweit jene grüne Kandidatin, der die größten Chancen auf den Einzug in die Bürgermeister-Stichwahl eingeräumt werden.

Auf die rechnet freilich auch Elisabeth Böhm, der die Grünen vorwerfen, sich weggeduckt zu haben, als die Stadt sie gebraucht hätte, während Böhm die Grünen zeiht, mit der ÖVP gemeinsame Sache gemacht zu haben. Die Wahl in der boomenden Stadt mit dem leerem Säckel und dem marodem Hallenbad wird jedenfalls besonders spannend. Dass die bis zum 29. Oktober – dem Tag der Stichwahl – dauern wird, damit wird allgemein gerechnet. (Wolfgang Weisgram, 27.9.2017)

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