Asylwerber dürfen eine Lehre nur in einem Mangelberuf beginnen. Welche Berufe das sind, ist von Bundesland zu Bundesland verschieden.

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Innbruck/Wien – Augenbrauen zupfen, Haare waschen und färben sind die Aufgaben, die einen Friseurlehrling im ersten Jahr beschäftigen. So ist es auch bei Mohammad, der gerade sein erstes Lehrjahr bei einem Betrieb in Innsbruck absolviert. Eines unterscheidet den 19-Jährigen jedoch von seinen Lehrlingskollegen – die Unsicherheit, seine Ausbildung auch abschließen zu dürfen. Denn ob er einen positiven Asylbescheid bekommt, ist noch ungewiss. Auf einen Interviewtermin der Asylbehörde wartet er noch. 18 Monate ist es nun her, seit Mohammad mit seiner jüngeren Schwester in Österreich angekommen ist. Ihre Eltern sind vor 35 Jahren aus Afghanistan in den Iran geflohen; deren Kinder haben aufgrund iranischer Bestimmungen keine Staatsbürgerschaft, weder die afghanische noch die iranische.

Als das Geschwisterpaar in Tirol ankam, hieß es zuallererst: warten. Um dem Tag Struktur zu geben, begann er, täglich Sport zu treiben. Nun spielt er bei der Fußballmannschaft im Dorf als Verteidiger. Um Deutsch zu lernen, besuchte er eine Übergangsklasse in Telfs-Pfaffenhofen und lernte mit engagierten Bürgerinnen aus dem Dorf, in dem er nun lebt, schnell die neue Sprache. Vor einigen Wochen konnte er die Deutschprüfung auf B1-Niveau ablegen.

Asylwerber in Mangelberufen

Die Entscheidung, eine Lehre als Friseur zu beginnen, war keine freie. Ein Erlass des damaligen Sozialministers Rudolf Hundstorfer (SPÖ) aus dem Jahr 2013 sieht vor, dass Asylwerber unter 25 Jahren nur eine Lehre in einem sogenannten Mangelberuf absolvieren dürfen. Die ausgewählten Berufe unterscheiden sich dabei von Bundesland zu Bundesland.

Derzeit nehmen etwas mehr als 500 junge Menschen dieses Angebot wahr, lediglich 28 davon sind weiblich. Mit Abstand die meisten asylwerbenden Lehrlinge werden in der Gastronomie ausgebildet, da es hier in allen Bundesländern zu wenig Personal gibt. Voraussetzung für einen Lehrvertrag ist eine Beschäftigungsbewilligung vom Arbeitsmarktservice. Um Asylwerbern mit hoher Anerkennungswahrscheinlichkeit mehr Wahlfreiheit bei ihrem Beruf zu geben, haben die Sozialpartner vor einem Jahr vorgeschlagen, den Lehrstellenmarkt für diese Gruppe zu öffnen. Die Regierung konnte sich jedoch nicht auf eine Reform einigen.

Kunden reagieren unterschiedlich

Nach einer Woche "Schnuppern" hat Mohammad seine Chefin von sich überzeugen können, bei der Bewerbung bekam er Hilfe von seiner Betreuerin der Tiroler Sozialen Dienste. In seinem Alltag als Friseur findet er sich gut zurecht, am liebsten färbe er Haare.

Manchmal würden sich Kunden jedoch ungern von ihm bedienen lassen: "Manche Leute sind nervös. Ich weiß nicht, was sie denken – vielleicht denken sie, ich bin ein Terrorist. Sie wissen vielleicht nicht, was in Afghanistan los ist", erzählt Mohammad.

Von ähnlichen Erfahrungen kann auch der Inhaber des Wiener Friseursalons Absoluthaar, Christian Jordan, berichten. Er beschäftigt einen syrischen Flüchtling als Lehrling, der subsidiär schutzberechtigt ist. Ein Kunde wollte sich die Jacke von seinem Lehrling nicht abnehmen lassen und unterstellte ihm Diebstahlsabsichten. Es war der letzte Termin des Kunden im Salon.

Traumberuf Polizist

Doch in den meisten Fällen sind die Reaktionen eher von Neugierde und positiver Überraschung geprägt. Für Jordan selbst ist die Herkunft seiner Angestellten unwichtig: "Ob das der Mohammed aus Syrien oder das Mädl aus Ottakring ist, ist mir eigentlich egal. Es muss menschlich einfach passen." Deutsch sei aber natürlich schon ein wichtiger Faktor, da es im Beruf viel Kundenkontakt gebe, sagt Jordan.

Für Mohammad ist es eine großartige Möglichkeit, eine Lehre zu machen, während er auf seinen Asylbescheid wartet, sagt er. Wenn er jedoch seinen Traumberuf wählen könnte, dann wäre es Polizist, denn "die Polizei hilft den Leuten, und helfen ist immer gut". Ob er mit einem positiven oder negativen Asylbescheid rechnet? "Ich weiß es nicht – ich muss warten." (Alexandra Unsinn, 28.9.2017)