Wolfgang Bauer 1975 beim Literatursymposium im Forum Stadtpark.


Foto: Peter Philipp

Graz – Die Fassade des Grazmuseums, ehemals Stadtmuseum, in der Sackstraße 18 ist dieser Tage bunter und lauter als sonst. Plakate aus fünf Dekaden des Festivals Steirischer Herbst wurden kreuz und quer auf das Haus affichiert. Im zweiten Stock des Museums wird dem 50-Jahr-Jubiläum des Festivals Rechnung getragen, und zwar jedem einzelnen Jahr mit einer eigenen Station.

Dass das Mehrspartenfestival die Stadt nicht nur kulturpolitisch, sondern auch gesellschaftspolitisch geprägt, letzten Endes auch ein Stück geöffnet hat, steht außer Frage. Umso logischer erscheint es, zu dieser "goldenen Hochzeit" der Stadt mit ihrem Avantgardefestival auch einen Blick auf diese Beziehung zu werfen, konkret auf den Dialog zwischen der Kunst, dem öffentlichen Raum und dem Publikum.

Der Direktor des Grazmuseums, Otto Hochreiter, Annette Rainer, Martina Zerovnik und Martin Behr kuratierten die begehbare, teilweise durchaus amüsante Erinnerung mit dem Titel Diese Wildnis hat Kultur. Der Titel ist ein Zitat des verstorbenen, (nicht nur) für Graz und das Festival wichtigen Künstlers Jörg Schlick.

Bauer in der Telefonzelle

Auch ein Exemplar der aussterbenden Art der Telefonzelle wurde aufgestellt. In ihr kann man sich von Wolfgang Bauer "berieseln" lassen. Für jedes Jahr wurde eine im Rückblick als besonders herausragende Produktion ausgewählt. Arbeiten wie etwa Christoph Schlingensiefs auf Hochsitzen ausgestellte Bettler (1998) oder Hans Haakes Nachbau der Nazi-Siegessäule (1988, zum Gedenkjahr an den "Anschluss" 1938) sind etwa zwei Arbeiten, die durch ihre unübersehbare und radikale Positionierung im öffentlichen Raum weit über Kulturinstitutionen hinaus wirkten.

Neben Videos, Texten, Fotos und Versatzstücken – wie einem Schaukasten mit Martin Kippenbergers berühmten "Ei-Sujet" oder dem originalen Wetterfleck des ÖVP-Politikers und Festivalinitiators Hanns Koren – gibt es die Einbettung in die Medien der Zeit.

So manche als Skandal überlieferte Geschichte erweist sich in der genauen Nachschau als relativ harmlose TV-Diskussion oder zorniger Erguss eines einzelnen Redakteurs oder Leserbriefschreibers. Den Kampf gegen rechtskonservative Alt- und Neunazis hat das Festival – vorerst – für sich entschieden. (Colette M. Schmidt, Spezial, 29.9.2017)