Was Ubuntu-Gründer Mark Shuttleworth Anfang April zu verkünden hatte, kam auch für so manchen Insider überraschend: Die beliebte Linux-Distribution verabschiede sich von jahrelang favorisierten Alleingängen wie Unity und kehre zum zuvor genutzten GNOME-Desktop zurück, hieß es damals. Nun löst Softwarehersteller Canonical dieses Versprechen ein.

Beta

Mit einer ersten Testversion für Ubuntu 17.10 können Interessierte bereits jetzt ausprobieren, wie dieser Wechsel aussieht. Und dabei zeigt sich schnell: Ubuntu hat den GNOME-Desktop in einigen Punkten angepasst, um ihn an das für bestehende User gewohnte Unity anzunähern. So gibt es etwa ein Dock, an der linken Seite, in dem einige Apps zum Schnellzugriff geboten werden, ganz wie es bei Unity auch der Fall war.

Der Desktop von Ubuntu 17.10: Basiert nun auf GNOME, übernimmt aber vieles von Unity – samt dem umstrittenen Link auf Amazon.
Screenshot: Andreas Proschofsky / STANDARD

Zudem hat Ubuntu die GNOME Shell optisch modifiziert, um dem gewohnten Ubuntu-Theme zu entsprechen. Auch kann in der Ubuntu-Variante der Desktop zum Ablegen von Icons verwendet werden, etwas das beim Default-GNOME nicht der Fall ist. Im Vergleich zu früheren Ubuntu-Versionen wurde die Integration von GNOME3-Apps mit ihren Client-Side-Decorations verbessert.

Grundlagenforschung

Als Basis greift Ubuntu dabei übrigens bereits zum aktuellen GNOME 3.26, in früheren Versionen waren die verwendeten GNOME-Komponenten immer eine Release gegenüber der Upstream-Entwicklung hinterher. Das Dock ist dabei als Erweiterung für die GNOME Shell implementiert, um den Wartungsaufwand zu minimieren. Darüber hinaus ist noch eine zweite Extension vorinstalliert, die die AppIndicators von Ubuntu in die Statuszeile einbindet.

Vanilla

Wem all diese Anpassungen von Ubuntu nicht gefallen, der kann einfach das Paket gnome-session nachinstallieren, dann wird beim nächsten Login automatisch eine Default-GNOME-Shell verwendet. Auch Schrift und Theme wechseln damit dann auf die offiziellen Voreinstellungen. Apropos Login: Für diese Aufgabe kommt nun ebenfalls die GNOME-Lösung GDM zum Einsatz, der bisher genutzte LightDM wurde gestrichen.

Die Aktivitätsübersicht von GNOME 3.26 / Ubuntu 17.10
Screenshot: Andreas Proschofsky / STANDARD

Auch sonst müssen sich die Ubuntu-User natürlich auf einige Änderungen einstellen. So sind die Fensterknöpfe nun auf der rechten anstatt wie bisher auf der linken Seite zu finden. Das globale Menü wurde ebenso gestrichen wie andere Unity-spezifische Features wie Quicklists oder das HUD. Und die Aktivitätsübersicht der GNOME Shell funktioniert natürlich im Detail etwas anders. Dafür sind natürlich auch neue Features hinzugekommen, wie der umfangreichere Kalender, der mit Klick auf die Uhrzeit dargestellt wird oder auch die Möglichkeit, Benachrichtigungen am Lock Screen anzuzeigen.

Wayland statt X11

Den Wechsel zu GNOME nutzt Ubuntu auch gleich, um einen zentralen Technologiesprung vorzunehmen. Von Haus aus kommt nun nämlich Wayland statt X11 als Basis zur Grafikdarstellung zum Einsatz – zumindest auf jener Hardware, bei der Wayland problemlos funktioniert. So wird etwa bei der Installation der proprietären Nvidia-Grafiktreiber automatisch auf X11 zurückgewechselt. Bemerkenswert ist dieser Wechsel aber auch deswegen, weil Canonical jahrelang die Eigenentwicklung Mir pushen wollte, diese aber nie jenen Status erreichen konnte, um X11 wirklich ablösen zu können.

Die Suchfunktion der GNOME Shell

Vermischtes

Jenseits der Oberfläche zeichnet sich Ubuntu 17.10 durch die gewohnten Aktualisierungen an Softwarebasis und Anwendungen aus. So kommt nun etwa der Linux Kernel 4.13 zum Einsatz, der Firefox ist in der Version 55.0.2 mit dabei, auch andere gewohnte Programme wie LibreOffice oder Shotwell dürfen natürlich nicht fehlen.

Download

Offiziell heißt die aktuelle Testversion übrigens Ubuntu 17.10 Beta 2, allerdings ist es tatsächlich die erste Beta an der sich auch die Hauptdistribution mit einer eigenen Release beteiligt. Andere Entwicklungsmeilensteine hat man hingegen ausgelassen.

Ubuntu 17.10 – derzeit noch in der Betaphase.
Screenshot: Andreas Proschofsky / STANDARD

Die stabile Version von Ubuntu 17.10 soll bereits am 17. Oktober freigegeben werden. Wer sich nicht mehr so lange gedulden will, kann die Beta 2 kostenlos von der Seite des Herstellers herunterladen. Wie bereits berichtet, gibt es dabei erstmals kein Image für 32-Bit-x86-Rechner mehr – zumindest für die Desktop-Ausgabe der Distribution ist also nun ein 64-Bit-Prozessor Voraussetzung. (Andreas Proschofsky, 29.9.2017)