Günter Traxlers wöchentlicher Blattsalat.

Es gibt den Wahlkampf, und dann gibt es auch noch die brennheißen Sachen. Es gibt den Schock angesichts des völlig Unvorstellbaren, und dann gibt es diese atemberaubende Erleichterung, wenn sich herausstellt, dass das Unvorstellbare lediglich den Vorstellungen der Zeitung "Bild" entsprungen war. Eines ausländischen Mediums also. In Österreich würde kein Journalist und schon gar nicht der Journalist eines Boulevardblattes auf den abstrusen Gedanken verfallen, jemand könnte Helmut Zilk je betrogen haben. (Für junge Menschen: Bei Helmut Zilk handelt es sich um einen fernen Vorläufer von Bürgermeister Michael Häupl.) Und schon gar nicht, Helmut Zilk könnte von Dagmar Koller betrogen worden sein – eine doppelte Majestätsbeleidigung tiefster Verwerflichkeit, wie sie nur in einem deutschen Medium auftauchen konnte. Und in österreichischen Medien in patriotischer Pflichterfüllung korrigiert ward.

Dagmar Koller war geständig, berichtete "Bild"

Affäre oder nicht? Das ist hier die Frage ..., die der "Kurier" Donnerstag nicht endgültig beantwortet sah. Einmal Ja, einmal Nein. Normalerweise heißt es ja, man sollte alte Geschichten nicht aufwärmen – in diesem Falle entwickelte sich eine solche aber zur brennheißen Sache. Die Musicaldiva Dagmar Koller (78) wurde jetzt in der deutschen Bild mit einem brisanten Geständnis zitiert. Die brennheiße Sache liegt etwa vierzig Jahre zurück, wird aber im Hinblick auf das auratische Personal in Österreich auch in hundert Jahren nicht an Brisanz verlieren. Geständig war Dagmar Koller, sie soll während ihrer Ehe mit Helmut Zilk eine Affäre mit einem anderen Mann gehabt haben und dies jetzt noch freimütig zugeben.

Alles begann in den 1970er-Jahren in der damaligen DDR, bekanntlich ein berüchtigter Ort ungehemmter Sinnesfreude. "Wir trafen uns nach den Auftritten in meinem Hotelzimmer, wir haben dort miteinander gegessen, geredet und uns geliebt", so Koller, und als Erklärung: "Manchmal passieren Dinge, die man nicht geplant hat. Ich bereue es nicht, so ist das Leben. Kein Mensch ist fehlerfrei." Wo der Fehler lag, blieb offen, es sei denn, er bestand darin, mit "Bild" zu reden. Der verantwortliche Chefreporter versicherte dem "Kurier" aber auf Nachfrage die Richtigkeit des Interviews, während Frau Koller mit "stimmt überhaupt nicht" bis hin zu "Das Interview hab ich nie gegeben" in diversen Medien zitiert wird.

"Wenn mein Helmut das hören würde, dann würde er laut darüber lachen"

Dem "Kurier" ließ die brennheiße Sache keine Ruhe, er erreichte die Künstlerin in Zwickau und endliche Erlösung: "Wenn mein Helmut das hören würde, dann würde er laut darüber lachen. Wir waren damals ja noch lange nicht verheiratet. Zur allgemeinen Erleichterung ob der geretteten Ehre konnte auch "Österreich" beitragen mit der Titelzeile "Habe Helmut nicht betrogen", ergänzt um die Beschwörung: "Ich war meinem Helmut immer treu, und ich hoffe, er war's auch."

Als Parallelaktion in Wiener Lokalkolorit gestand eine gewisse Cathy Lugner "Österreich": So war Lugner im Bett, offenbar ohne damit den Chefreporter von "Bild" aus der Reserve zu locken. Aber das muss ja nicht für immer sein.

Christoph Dichand auf dem Kilimandscharo

Ein schöneres Beispiel von Pietät hat Christoph Dichand in der "Krone bunt" geliefert, indem er die Tradition seines Vaters, gelegentlich Schulaufsätze im eigenen Blatt zu verfassen, zum Thema "Ich auf dem Kilimandscharo" fortsetzte. An tiefen Einsichten fehlte es dabei nicht. Wer den Gipfel des Kilimandscharo-Massivs auf rund 6000 Meter Seehöhe erreichen will, kämpft gegen dünne Luft, Trockenheit und Erschöpfung. Wer hätte das gedacht? Da hilft nur Vorbereitung. Ausgerüstet mit viel theoretischem Wissen, akklimatisiert durch einige Stunden in der Druckkammer und die Schuhe eingelaufen durch einen ausgedehnten Spaziergang über den Wiener Kahlenberg, so trete ich an, den höchsten Berg Afrikas zu besteigen, während der Frau zu Hause wieder einmal die echte Strapaze zufällt, den Wienerinnen und Wienern anhand von "Heute" beizubringen, was der Gipfel eines guten Journalismus ist.

Aber auch für sie gilt: Langsam nähern wir uns dem Ziel, die Euphorie steigt. Das Glücksgefühl, den Gipfel vor Augen zu haben, treibt Freund Erwin Tränen in die Augen. Von den Augen der "Krone"-Leserinnen und -Leser ganz abgesehen, denen das Glücksgefühl, das sie beim Lesen dieser Reiseschilderung verspüren mussten, sicher die Tränen in die Augen trieb, mit denen sie durch die Augen des Herausgebers den Gipfel vor Augen und so an seinem Glücksgefühl teilhatten. Der Papa wäre stolz. (Günter Traxler, 30.9.2017)