Tübingen – Supermassereiche Schwarze Löcher, von denen man vermutlich im Zentrum jeder großen Galaxie eines finden kann, haben ein Masseäquivalent von 100.000 Sonnen oder mehr. Ein solcher Gigant müsste eigentlich lange Zeit zum Wachsen brauchen, sollte man meinen. Doch zeigt die Entdeckung solcher Schwarzen Löcher in einer Entfernung von 13 Milliarden Lichtjahren, dass diese schon in der Frühzeit des Universums entstanden sein müssen – möglicherweise nur einige hundert Millionen Jahre nach dem Urknall.

Wie das vonstatten ging, gab bisher Rätsel auf. Von einer möglichen Lösung berichtet nun die Universität Tübingen: Ein internationales Forscherteam unter Tübinger Beteiligung führte mithilfe eines Supercomputers Simulationen durch. In diesem Modell können Gasströme mit Überschallgeschwindigkeit, die sich schon beim Urknall formierten, die Bildung von schnell wachsenden massereichen Schwarzen Löchern verursachen. Die Studie wurde in der Fachzeitschrift "Science" veröffentlicht.

Wie man ein Schwarzes Loch konstruiert

Zuvor hatten Forscher vermutet, dass sich die Schwarzen Löcher aus Überresten der allerersten Sternengeneration nach dem Urknall oder direkt durch einen Gravitationskollaps einer frühen massereichen Gaswolke gebildet haben könnten. Doch zeigte sich, dass die Prozesse viel zu lange dauern würden, um in kurzer Zeit supermassereiche Schwarze Löcher zu formen – zumindest unter halbwegs plausiblen Bedingungen.

Das Team um Shingo Hirano von der University of Texas in Austin setzte daher auf einen anderen Faktor: Überschallgasströmungen, die mit Dunkler Materie wechselwirken. Die Supercomputer-Simulation des Forscherteams ergab, dass sich ein massiver "Klumpen" Dunkler Materie 100 Millionen Jahre nach Entstehung des Universums gebildet hatte. Die Dunkle Materie fing Gasströme mit Überschallgeschwindigkeit ein, die beim Urknall entstanden waren.

Es bildete sich eine dichte, turbulente Gaswolke, in der sich ein Protostern zu entwickeln begann. "Im umgebenden Gas war mehr als genug Material, das er aufnehmen konnte. Der Stern wuchs in kürzester Zeit zu extremer Größe heran, ohne viel Strahlung abzugeben", sagt Rolf Kuiper von der Uni Tübingen. Als der Stern die 34.000-fache Masse unserer Sonne erreicht hatte, kollabierte er aufgrund seiner eigenen Schwerkraft und hinterließ ein gewaltiges Schwarzes Loch.

Die Lochdichte

Solche ersten Schwarzen Löcher sollen dann weitergewachsen oder zu supermassereichen Schwarzen Löchern verschmolzen sein. "Unseren Berechnungen zufolge müsste in jeder Richtung ein massives Schwarzes Loch in drei Milliarden Lichtjahren zu finden sein – dieser Wert deckt sich bemerkenswert gut mit der beobachteten Dichte supermassiver Schwarzer Löcher", sagt Hirano. (red, 1. 10. 2017)