Kurz mit den beiden Studienautoren Heinisch und Mehmedi: "Man darf nicht wegsehen."

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Wien – Diesmal standen nicht islamische Kindergärten in der Bundeshauptstadt im Fokus, sondern Moscheen in Wien – und zwar sechzehn Gebetshäuser, um genau zu sein. Zwei Wochen vor der Nationalratswahl präsentierte ÖVP-Chef und Integrationsminister Sebastian Kurz am Montag einen "Forschungsbericht" im Auftrag des Integrationsfonds, der "fundamentalistische Tendenzen" in vielen dieser Einrichtungen konstatiert – und den er umgehend an das Kanzleramt und das Kultusamt von Staatssekretärin Muna Duzdar (SPÖ) weitergeleitet hat.

Dazu forderte Kurz mehr Personal für das Kultusamt, damit die Moscheen besser kontrolliert werden können. Denn bei Verstößen sollen diese aufgelöst werden – etwa wenn dort Lehren verbreitet werden, die im Widerspruch zur österreichischen Gesetzeslage stehen oder wenn zu ungesetzlichem Verhalten aufgerufen wird. Zur Erinnerung: Erst Ende August hat der Ministerrat einstimmig zehn zusätzliche Planposten für das Kultusamt beschlossen.

Nicht repräsentativ

Gleich zu Beginn stellte Heiko Heinisch, einer der beiden Studienautoren, außerdem klar, dass die Ergebnisse im streng sozialwissenschaftlichen Sinne "nicht repräsentativ" seien, zu heterogen sei die Moscheenlandschaft – und bei der Auswahl der Gebetshäuser habe man sich nur auf jene mit der stärksten Reichweite, also mit den meisten Besuchern, konzentriert.

Mit seinem Kollegen Imet Mehmedi hat Heinisch die Inhalte mehrerer Freitagspredigten, denen eigens geschulte Beobachter lauschten, untersucht und Imame interviewt – doch dazu waren nur neun von sechzehn bereit. Das Ergebnis: Nur zwei der ausgewählten Moscheen unterstützen die Integration in die österreichische Gesellschaft und fordern diese auch ein.

In mehr als einem Drittel der untersuchten Gebetshäuser werde der Integration entgegengewirkt, insbesondere in türkischen Moscheen seien fundamentalistische Tendenzen zu erkennen, vielfach werde dort ein offener Nationalismus gepredigt, so Heinisch. Untersucht wurden unter anderem zwei Moscheen der Atib und der Islamischen Föderation der Millî-Görüs-Bewegung, aber auch arabischsprachige, albanische, bosnische, pakistanische Einrichtungen.

Abwertung des Westens

Fazit: In sechs Gebetshäusern finde eine dezidierte Abwertung der westlichen Gesellschaft statt – und in acht werde ein Weltbild gepredigt, das zwischen Muslimen und "allen anderen" unterscheidet. Ebenfalls beanstandet wurde bei der Präsentation, dass in den Moscheen strikte Geschlechtertrennung vorherrsche und dass überwiegend in der jeweiligen Landessprache gepredigt wird.

Immer wieder betonte Kurz, dass es dennoch keinen Generalverdacht gegen Muslime und Moscheen geben dürfe, aber: "Man darf nicht wegsehen, wenn es Kultusgemeinden gibt, die sich nicht an das Islamgesetz halten." Dazu nahm der Minister mehrmals das Kultusamt ins Visier, das längst die Möglichkeit gehabt habe zu prüfen: "Das ist aber noch nicht passiert." In seinen Augen habe es Verstöße gegen das Islamgesetz gegeben, daher sollten Konsequenzen gezogen werden, schließlich gebe es die Möglichkeit zur Auflösung: "Und das sollte auch stattfinden." Daher habe er, Kurz, die Initiative ergriffen.

Die Studie wurde vor einem Jahr in Auftrag gegeben, im Frühjahr durchgeführt und habe rund 33.000 Euro gekostet. Aber auch in der 88-seitigen Unterlage räumen die Autoren ein, dass für aussagekräftigere Daten ein längerer Untersuchungszeitraum nötig gewesen wäre.

Kein Verfassungsschutz

Das Kultusamt wies den Vorwurf der Untätigkeit prompt zurück: Anscheinend werde man "mit dem Verfassungsschutz verwechselt", natürlich sei man im Zuständigkeitsbereich tätig, hieß es zur APA aus Duzdars Büro.

Hintergrund: Erst am Sonntag hat die Staatssekretärin erklärt, dass man bei bis zu sechzig Imamen Anhaltspunkte für verbotene Auslandsfinanzierung gefunden habe – für weitere Ermittlungen seien die Fälle an Innen- und Finanzministerium weitergeleitet worden. Dennoch wolle man sich Kurz' Studie ansehen und wie in den anderen Fällen mit den zuständigen Behörden vorgehen.

Die "Initiative muslimischer ÖsterreicherInnen" wiederum hat den bei der Nationalratswahl antretenden Parteien einen Fragenkatalog zur Orientierungshilfe für Muslime zukommen lassen. Für SPÖ, Grüne und Neos gehört der Islam zu Österreich, für die FPÖ nicht, berichtete Obmann Tarafa Baghajati am Montag. Keine Antworten habe es von der ÖVP und der Liste Pilz gegeben. Baghajati forderte eine Versachlichung der Debatte ein, denn: "Viele Muslime fühlen sich als Spielball der Politik." (Nina Weißensteiner, 2.10.2017)