Wien – Eine klare Mehrheit für einen staatlichen Mindestunterhalt für Kinder gab es schon – im Fernsehen. Auf dem Weg zu einem Beschluss im Parlament geriet das Thema jedoch wieder ins Ruckeln, und vor allem die Noch-Koalitionsparteien SPÖ und ÖVP zoffen sich wie ein in der letzten Zerrüttungsphase befindliches Ehepaar.

Initiiert hatte die Debatte Peter Pilz in der Puls-4-Elefantenrunde. Dort unterstützten die Spitzenkandidaten von SPÖ, ÖVP, FPÖ, Grünen und Neos seine Forderung nach einer Unterhaltsreform. Der Staat soll einspringen, wenn Väter ihren Unterhaltspflichten nicht nachkommen. Das tut er jetzt auch und versucht, sich das Geld zurückzuholen, der Vorschuss kann aber sehr gering sein.

70.000 betroffene Kinder

Laut Maria Stern, Kandidatin der Liste Pilz und Gründerin des Forums Kindesunterhalt, könnten durch einen garantierten Unterhaltsvorschuss 70.000 Kinder aus der Armut geholt werden. Die Liste Pilz möchte, dass der Vorschuss, wenn der Vater nicht zahlt, erhöht und an die Familienbeihilfe (nicht wie bisher an den 18. Geburtstag) gekoppelt wird.

Die SPÖ arbeitete vergangene Woche einen Vorschlag für einen staatlich garantierten Unterhalt von 200 bis 400 Euro aus. Am Dienstag legte die ÖVP einen eigenen Initiativantrag vor, weil das SPÖ-Modell "der falsche Weg" sei, sagte Vizekanzler und Justizminister Wolfgang Brandstetter. Wie bei der Familienbeihilfe würden "wir hunderte Millionen Euro ins Ausland zahlen". Die ÖVP will einen staatlichen Unterhaltszuschuss im Wege der Mindestsicherung, der für alle Kinder objektive Richtsätze vorsehe, erklärte Brandstetter. Er pocht auf eine Differenzierung nach den Lebenshaltungskosten des jeweiligen Aufenthaltslandes. Der APA-Hinweis, dass diese Anpassung an das Niveau im Ausland derzeit auf EU-Ebene nicht möglich ist, wurde seitens der ÖVP eingeräumt.

Wohnsitz im Inland nötig

SPÖ-Frauenvorsitzende Gabriele Heinisch-Hosek wies die ÖVP-Aussage, der rote Vorschlag würde Geld ins Ausland fließen lassen, umgehend zurück, "da die Voraussetzung der Wohnsitz im Inland sowie ein gemeinsamer Haushalt mit dem Kind ist".

Eine Koppelung des Unterhalts an die Mindestsicherung "geht gar nicht", sagte Liste-Pilz-Kandidatin Stern zum STANDARD: "Er muss an den Bedarf gekoppelt sein und endlich Bundessache werden."

Grünen-Klubchef Albert Steinhauser warf der ÖVP "Scheinpolitik" vor. Sicherer Unterhalt würde an den Anspruch auf Mindestsicherung der Eltern gekoppelt und damit viele Kinder ausschließen. Die FPÖ wollte am Dienstag die Verhandlungen abwarten.

Peter Pilz, Anlassgeber für das Unterhaltsthema, reagierte positiv auf den SPÖ-Entwurf, den man "reparieren" könne. Aber, sagte er im STANDARD-Gespräch: "Die ÖVP ist derzeit ein Sabotagetrupp in Sachen Kindesunterhalt." (Lisa Nimmervoll, 4.10.2017)