Zum 50. Jahrestag des Todes des Revolutionärs Ernesto "Che" Guevara plant Boliviens Regierung fünftägige Feierlichkeiten. Für die große Abschlusszeremonie am Montag am Flughafen der Kleinstadt Vallegrande, wo die sterblichen Überreste des Argentiniers bis 1997 verscharrt waren, rechnet man mit 10.000 Teilnehmern, ausländische Staatsgäste werden erwartet, darunter die Vizepräsidenten Kubas und Venezuelas.

Das Protokoll sieht vor, dass ehemalige Guerillakämpfer und Exsoldaten mit ihren Angehörigen aufmarschieren sollen, um "die Einigkeit des bolivianischen Volks" zu demonstrieren, erklärte Alfredo Rada, Vizeminister für Koordination mit den sozialen Bewegungen gegenüber der Nachrichtenagentur ABI.

Veteranensprecher Mario Moreira will dies verhindern: "Wir werden nicht an den Gedenkfeierlichkeiten teilnehmen, weil dies eine politische Angelegenheit geworden ist. Warum sollten wir den Guerillakämpfern Ehre erweisen? Die Regierung sollte sich lieber bei uns Soldaten bedanken, schließlich haben wir die Nation verteidigt und hatten 59 Todesopfer zu beklagen."

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La Paz, 8. Oktober 2009: Das bolivianische Militär gedenkt der Soldaten, die Che Guevara gefangen nahmen.
Foto: EPA/BOLIVIAN AGENCY OF INFORMATION

Moreira erklärt, er wolle nicht eines Ausländers gedenken, der "Schmerz und Leid für bolivianische Familien" verursacht habe: "Wenn Che gewonnen hätte, wäre Bolivien jetzt ein anderes Land. Es ist uns zu verdanken, dass wir eine rechtmäßige Regierung haben." Die Veteranen wollen lediglich an einem Gottesdienst teilnehmen, bei dem ihrer Toten gedacht wird.

Der argentinische Arzt Ernesto "Che" Guevara war 1966 nach seinem gescheiterten Afrika-Abenteuer mit falscher Brille, gefärbten Haaren und Papieren, die der kubanische Geheimdienst auf einen uruguayischen Geschäftsmann namens Adolfo Mena González ausgestellt hatte, nach Bolivien gekommen.

Che Guevaras gefälschter Ausweis.
Foto: public domain

Er plante gemeinsam mit kubanischen Vertrauten, in dem dünn besiedelten Binnenland eine Ausbildungsbasis für Guerillakämpfer zu errichten. Von dort sollte die Revolution in die Nachbarländer Argentinien, Chile, Peru und Brasilien getragen werden.

Doch das Vorhaben war schlecht geplant: Die örtliche Kommunistische Partei, in erbitterte Flügelkämpfe zwischen Moskau- und Peking-Treuen verwickelt, konnte und wollte keine wirkliche Unterstützung leisten, die örtlichen Bauern reagierten verschreckt auf die ausländischen Berufsrevolutionäre, die nach dem Weg fragten, und informierten die Armee.

Ernesto "Che" Guevara kurz vor seiner Hinrichtung.
Foto: imago/ZUMA Press

Mit etwa 50 Getreuen, darunter die Deutsche Tamara Bunke und der Franzose Régis Debray, aber nur 29 Bolivianer, hielt sich Guevaras Guerillatruppe nicht einmal ein Jahr lang: Am 8. Oktober 1967 wurden sie von der bolivianischen Armee, die aus den USA neueste Überwachungstechnik erhalten hatte, gestellt, tags darauf erschoss ein Soldat Guevara aus nächster Nähe.

Guevara vor ein Gericht zu stellen war der bolivianischen Führung und ihren US-Beratern zu riskant: Ein Prozess hätte auf der ganzen Welt für Aufsehen gesorgt, die mögliche Höchststrafe hätte lediglich 30 Jahre betragen, und man befürchtete, dass Anhänger des "Comandante" versuchen würden, ihn zu befreien.

Die Soldaten, die an der Festnahme und Hinrichtung Guevaras beteiligt waren, dürfen bis heute nicht an den Paraden zum bolivianischen Nationalfeiertag teilnehmen, kritisiert der damalige Hauptmann Gary Prado im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur: Er empört sich darüber, dass "Invasoren" verehrt werden.

Und auch in Guevaras argentinischer Geburtsstadt Rosario regt sich Widerstand gegen die Che-Verehrung: Der liberale Thinktank Fundacion Bases hat bereits 3.000 Unterschriften gesammelt, um die Entfernung der einzigen Guevara-Statue im Land in die Wege zu leiten.

Argentiniens einzige Che-Guevara-Statue sorgt für Streit.
Foto: APA/AFP/EITAN ABRAMOVICH

Die örtlichen Kommunisten werfen den Organisatoren vor, den "Che" aus den Geschichtsbüchern löschen zu wollen, und spotten, dass sie nur neidisch seien: "Man sieht heutzutage nicht besonders viele Jugendliche mit Margaret-Thatcher-T-Shirts", sagte Parteisekretär Norberto Galiotti dem "Economist".

Präsident Mauricio Macri steht dem Anliegen jedenfalls wohlgesinnt gegenüber: Das Guevara-Porträt, das seine Amtsvorgängerin Cristina Cristina Fernández de Kirchner im Präsidentenpalast aufgehängt hatte, ließ er unmittelbar nach seiner Angelobung entfernen. (bed, 8.10.2017)