Der Leiter der roten Taskforce, Christoph Matznetter, konnte noch nicht alle Fragen abschließend beantworten.

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So sehen die Datenauswertungen in ausgedruckter Form aus, die Silberstein der SPÖ hinterließ.

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Wien – Zu den bestorganisierten Büros der Stadt dürfte die SPÖ-Zentrale nicht zählen. Vier Tage nach der Ankündigung von SPÖ-Chef Christian Kern, den Vertrag mit dem umstrittenen israelischen Berater Tal Silberstein zu veröffentlichen, hat Interimsgeschäftsführer Christoph Matznetter am Donnerstag einen ersten Zwischenbericht vorgelegt. Allerdings: In der Bundespartei wurde lediglich ein nicht unterschriebenes Angebot ("Proposal for Initital Research and Assessment Phase for SPÖ") gefunden.

Den unterschriebenen Vertrag vermute man bei Silberstein in Israel, erklärte Matznetter. Sein Vorgänger Georg Niedermühlbichler habe ihm aber versichert, den Vertrag unterschrieben zu haben, erklärte der SPÖ-Politiker, der von Kern mit der Aufarbeitung der Dirty-Campaigning-Vorwürfe beauftragt wurde. Gefunden wurde aber immerhin ein am 28. Februar von Silberstein und Niedermühlbichler unterschriebener "Annex" zu dem Angebot, mit dem das Honorar um 180.000 aufgebessert wurde. An der Gültigkeit der Vereinbarung habe man jedenfalls keine Zweifel, erklärte Matznetter.

536.000 Euro

Was wurde nun mit Tal Silberstein vereinbart? Insgesamt wurden an dessen Agentur GCS International 536.000 Euro in mehreren Tranchen überwiesen. 40.000 Euro davon sollen für die SPÖ Niederösterreich gewesen sein, von der die Bundes-SPÖ diese Summe zurückhaben will. Leistungen wurden ab Oktober 2016 erbracht, der Vertrag (oder zumindest das Angebot) ist aber erst mit 1. Jänner datiert.

Faksimile eines Wirtschaftsprüfer-Berichts, den die SPÖ am Donnerstag veröffentlicht hat.

Aufgezählt sind klassische Agenturleistungen wie Umfragen, strategische Planung, Trainings, "War Room"-Management, Medienbeobachtung, Vorbereitung auf TV-Debatten sowie Krisenmanagement. Von Dirty Campaigning ist in den Unterlagen, die vom Wirtschaftsprüfer der Partei (er wird laut Parteiengesetz vom Rechnungshof vorgeschlagen) erstellt wurden, keine Rede.

Keine Kündigungsmodalitäten vereinbart

Wie berichtet wird Silberstein und seinem Team rund um Peter Puller (siehe links) vorgeworfen, ohne Absprache mit der SPÖ die Sudel-Facebook-Seiten "Die Wahrheit über Sebastian Kurz" und "Wir für Sebastian Kurz" betrieben und auch nach seiner Kündigung Mitte August – damals wurde er in Israel wegen Korruptionsvorwürfen vorübergehend festgenommen – weiterbetrieben zu haben.

Neue Erklärungen für die dubiosen Aktivitäten konnte die SPÖ nicht liefern, Matznetter erklärte aber, dass man insgesamt 131.000 Euro von Silberstein zurückfordern werde, weil der Vertrag ja vorzeitig gekündigt wurde. Hinweise auf den Gerichtsstandort oder die Kündigungsmodalitäten finden sich nicht in den Dokumenten. Ein etwaiger Rechtsstreit könnte also noch interessant werden.

Silberstein auch für Matznetter nicht erreichbar

Was Silberstein selbst sagt, bleibt weiterhin das große Geheimnis. Bisher ist von ihm nur ein kurzes Statement in News bekannt, in dem er betonte, Kern selbst habe nichts gewusst. Matznetter konnte nach eigenen Angaben noch nicht mit dem Exberater sprechen: "Da habe ich die gleichen Schwierigkeiten wie die Journalisten." Er sei hier auf den Schriftverkehr angewiesen, bisher habe Silberstein die Kündigung und die Rückforderung jedenfalls nicht beeinsprucht. Dass Kern Silbersteins Rolle heruntergespielt habe, weil er meinte, Silberstein habe nur Datenanalysen betrieben, wies Matznetter zurück. Kern habe eben das genannt, woran er sich erinnern konnte.

BVT eingeschaltet

Eingeschalten wurde von der SPÖ mittlerweile auch das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT). Diesem wurden die rassistischen und teilweise antisemitischen Sujets auf den erwähnten Facebook-Seiten übermittelt. Zuvor war bereits die Staatsanwaltschaft Wien eingeschalten worden, um zu prüfen, ob üble Nachrede oder Beleidigung nach dem Strafrecht vorliegt. "Wir wollen diese Art von Dirty Campaigning, verdeckten Aktionen und sonstigen Dingen im Wahlkampf nicht", versicherte Matznetter einmal mehr.

Neue Dokumente

Das Leaken von Mails aus dem Umfeld des Kanzlers geht allerdings munter weiter. Am Donnerstag wurden von der Austria Presse Agentur Unterlagen über die Kommunikation zwischen dem Kanzlerbüro und Silberstein veröffentlicht. Wirklich Brisantes ist darin zwar nicht enthalten – abgesehen davon, dass eine schärfere Gangart gegen den ORF vorgeschlagen wird -, sie bestätigen aber, dass noch immer jemand unterwegs ist, der Medien mit vertraulichen Unterlagen versorgt.

Matznetter wollte nicht näher kommentieren, meinte nur: "Vielleicht gibt es jetzt eine Zeitlang weniger die Rede, dass der ORF ein Rotfunk ist." Streng genommen hat er sich aber selbst als undichte Stelle betätigt. Die Wirtschaftsprüfer schreiben nämlich explizit, dass ihr Bericht "nicht zur Veröffentlichung bestimmt ist". (Günther Oswald, 5.10.2017)