Trend Bürohund: Tech-Konzerne ermuntern Mitarbeiter zur Mitnahme von Hunden – das soll für Kreativität und Produktivität sorgen.

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In den meisten Betrieben heißt es: Hunde müssen draußen bleiben. Die Vierbeiner sind womöglich nicht stubenrein, produzieren unangenehmen Geruch und lenken ab. Gebelle am Arbeitsplatz können die wenigsten gebrauchen. Im Silicon Valley heißt es dagegen: Hunde willkommen. Dort gelten die Tiere als Quell der Inspiration. Der Internetkonzern Google etwa hat sich einer eigenen Hunde-Policy verschrieben. So heißt es im Verhaltenskodex (Code of Conduct) der Mutter-Holding Alphabet unter Punkt 5 (Dog Policy): "Googles Zuneigung zu unseren Hundefreunden ist ein integraler Bestandteil unserer Unternehmenskultur. Wir mögen Katzen, aber wir sind eine Hunde-Firma. Als allgemeine Regel haben wir das Gefühl, dass Katzen als Besucher in unseren Büros total gestresst wären."

Man kann das für eine Hippie-Laune der Tech-Vordenker oder einen Witz halten, doch Googles Tierliebe ist nicht allein ethisch motiviert, sondern auch ökonomisch: Der Konzern glaubt, dass die Vierbeiner die Mitarbeiter motivieren. Hunde gelten als Antithese zu Robotern, die zwar per Machine-Learning wie ein Kleinkind lernen, aber in ihren Aktionen noch sehr mechanisch sind.

Benannt nach einer Bulldogge

Beim Onlinespieleanbieter Zynga, der nach der Amerikanischen Bulldogge "Zinga" von Gründer Mark Pincus benannt ist und das Tier auch im Firmenlogo trägt, bekommen Vierbeiner laut einem Bericht der Financial Times Erdnussbutterkekse aus der Küche. Zu den Benefits, die Zynga seinen Mitarbeitern anbietet, zählen unter anderem ein Rooftop-Park für Hunde sowie Spezialbehandlungen für die Vierbeiner. Jeden Tag lautet das Motto: "Bring your dog to work day" (Bring-deinen-Hund-mit-zur-Arbeit-Tag).

Hunde sind der Lieblingsfreund der Techies. Facebook-Gründer Mark Zuckerberg besitzt ebenso einen Hund wie Ex-Uber-Chef Travis Kalanick und Tesla-Gründer Elon Musk. Auch beim Onlinehändler Amazon sind Hunde am Arbeitsplatz willkommen. Im Hauptquartier in Seattle sind offiziell 4000 Hunde registriert. Auf jeden achten Mitarbeiter kommt damit ein Hund. Auf der Website von Amazon haben die Vierbeiner sogar ein eigenes, Facebook-artiges Profil mit Namen, Rassen, Vorlieben und Alter. In der Lobby gibt es Hundekuchen sowie Trinkbrunnen. Amazons hundefreundliche Unternehmenspolitik ist legendär.

Rufus bei Amazon

Weil die Mitarbeiter in den Anfangszeiten lange arbeiten mussten, erlaubte Gründer Jeff Bezos zwei seiner Angestellten, ihren Hund Rufus mit ins Büro zu bringen. Rufus, so erzählt es Brad Stone in seinem Buch The Everything Store: Jeff Bezos and the Age of Amazon, wurde zum Maskottchen des Start-ups – und zum Gegenstand eines Aberglaubens. Jedes Mal, wenn der Hund seine Pfote auf die Tastatur legte, sollte ein neues Feature ausgerollt werden. Der knuffige Corgi wurde zum Liebling von Kunden und Mitarbeitern.

Das Tier verstarb 2009. Zu Ehren des Vierbeiners wurde ein Gebäude nach Rufus benannt, der Bau der neuen Firmenzentrale "The Spheres" wurde intern unter dem Arbeitstitel "Rufus II" abgehandelt. Im April hat Amazon einen für die Öffentlichkeit zugänglichen Tierpark eröffnet, in dem Mitarbeiter ihre Hunde ausführen können. Tierfreundlichkeit ist im Kampf um die besten Talente ein entscheidender Pluspunkt: Die Entwicklerin Eliana Parenti sagte dem Tech-Blog Geek Wire, einer der Hauptgründe, weshalb sie von Miami nach Seattle zog, um bei Amazon anzuheuern, sei die hundefreundliche Policy des Unternehmens gewesen.

Wirkung?

Die Mitnahme von Hunden ist der Produktivität durchaus zuträglich: Laut einer Studie der Virginia Commonwealth University sind Mitarbeiter, die ihren Hund mit ins Büro bringen, weniger gestresst. Psychologen der Central Michigan University (CMU) haben in einer Untersuchung herausgefunden, dass Hunde sogar prosoziales Verhalten und Teambuilding fördern. "Hunde sind sozialer Schmierstoff", sagt der Psychologieprofessor Stephen Colarelli. "Wenn Arbeitsgruppen gebildet werden, dauert es eine Weile, bis die Leute miteinander klarkommen, aber mit einem Hund im Raum fühlen sich die Leute wohler." Vielleicht war der Corgi Rufus bei Amazon auch der Auslöser für so bahnbrechende Erfindungen wie den algorithmischen Weiterempfehlungsmechanismus oder das Lesegerät Kindle. Der Vierbeiner als Innovationstreiber. Die Tech-Konzerne sind längst auf den Hund gekommen. (Adrian Lobe, 8.11.2017)