Es kommt, wie es die Spatzen aus den Bundesländern bereits von den Dächern pfiffen: Peter Schöttel wird neuer Sportdirektor.

Foto: APA/HERBERT NEUBAUER

ÖFB-Präsident Leo Windtner über die Landespräsidenten: "Über ihre Kompetenz maße ich mir kein Urteil an."

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Schöttel soll nun eine zehn Namen umfassende Kandidatenliste erstellen, bis Ende Oktober soll der neue Teamchef feststehen.

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Wien – Peter Schöttel ersetzt Willi Ruttensteiner als Sportdirektor des Österreichischen Fußball-Bundes (ÖFB). Das gab Verbandspräsident Leo Windtner am Samstag nach der Präsidiumssitzung in Wien bekannt. Schöttel tritt sein neues Amt am 10. Oktober an, davor bringt er noch als U19-Teamchef mit seiner Mannschaft die aktuelle EM-Qualifikation zu Ende.

Task Force

Vom ehemaligen Rapid-Rekordspieler erwartet sich Windtner nach eigenen Angaben einen "Neustart". Die Entscheidung für Schöttel fiel, nachdem sich eine Task Force mit dem ÖFB-Boss, Verbands-Geschäftsführer Bernhard Neuhold, ÖFB-Generalsekretär Thomas Hollerer und Bundesliga-Vizepräsident Markus Kraetschmer mit der Thematik befasst und Ruttensteiner und Schöttel am Samstag vor dem Präsidium gesprochen hatten. Über das Abstimmungsergebnis machte Windtner keine Angaben.

Ruttensteiner hatte auf der Sitzung laut Windtner eine "profunde und gute Analyse" der sportlichen Talfahrt der vergangenen Monate abgeliefert. Manche darin angesprochene Sachverhalte seien jedoch "mit Zeitverzögerung gekommen", bedauerte der Verbandschef.

Differenzen

Das war aber wohl nicht der entscheidende Grund für die Ablöse des seit 18 Jahren amtierenden Ruttensteiner. Vielmehr ging es auch um persönliche Differenzen zwischen dem streitbaren Oberösterreicher und so manchem Landeschef. "Es ist kein Geheimnis, dass er fachlich beschlagen ist. Aber das Kommunikations-Thema ist nicht immer zur Zufriedenheit aller erfolgt, das hat sicher den Ausschlag gegeben", sagte Windtner.

Der ÖFB-Präsident bedankte sich bei seinem ehemaligen Vertrauensmann für dessen Verdienste um den österreichischen Fußball und vermeldete gleichzeitig, dass sich die Kompetenzen Schöttels von jenen Ruttensteiners unterscheiden. Der künftige Sportdirektor wird dem A-Team nämlich nicht mehr übergeordnet, sondern soll "quasi danebenstehend" sein, so Windtner. "Es hat sich herausgestellt, dass es nicht gut ist, wenn man in Hoch-Zeiten den Chef spielt und wenn es nicht gut geht untrennbar mit dem Teamchef verbunden ist."

Supervisor

Schöttel wird laut dem 67-Jährigen künftig ein "Supervisor" sein. "Er muss nicht permanent bei der Nationalmannschaft sein." Außerdem ist für Schöttel – im Gegensatz zu Ruttensteiner – nicht der Posten als oberster ÖFB-Trainerausbildner vorgesehen. Ein eigener A-Team-Manager, wie es ihn in Deutschland mit Oliver Bierhoff noch gibt, sei ebenso nicht infrage gekommen wie eine Variante mit Ruttensteiner in einer weniger verantwortungsvollen Rolle im ÖFB.

Bei der Kandidatensuche habe man sich auch außerhalb Österreichs umgesehen. "Aber bei Ausländern ist es an den finanziellen Vorstellungen gescheitert", erklärte Windtner.

So fiel die Wahl auf Schöttel, der zugab, noch kein detailliertes Konzept zu haben. "Das war rein zeitlich nicht möglich", sagte der 63-fache Teamspieler. Windtner sieht darin kein gravierendes Problem, zumal man dank Ruttensteiner über einen "Fundus an Konzepten" verfüge.

Außerdem meinte der Verbandschef: "Wenn einer gerade vom Spielfeld der U19 kommt, ist es klar, dass er noch nicht mit vielen Konzepten aufwarten kann. Die Frage ist, wem traut man es zu, den Fußball mit seinen Konzepten nach vorne zu bringen."

Anruf des Präsidenten

Für Schöttel trifft dies offenbar zu, sonst hätte ihn Windtner nicht vor eineinhalb Wochen kontaktiert. "Ich habe vor zehn Tagen den Anruf des Präsidenten bekommen, ob ich Interesse am Sportdirektor-Posten habe, falls Ruttensteiner nicht bleibt", erzählte Schöttel. Danach habe er sein Interesse daran bekundet, weil es sich dabei um eine "enorme Verantwortung" handle.

Der künftige Sportdirektor fühlt sich für seine neue Aufgabe gerüstet. "Ich glaube schon, dass ich geeignet dafür bin. Ich habe den Fußball aus allen Perspektiven kennengelernt", sagte der 50-Jährige, der auf Bundesliga-Ebene Spieler, Trainer und Sportdirektor war und zeitweise auch im Medienbereich arbeitete.

Mehr Arbeit im athletischen Bereich

Die vorgesehene Strukturänderung mit deutlich weniger Kompetenzen im A-Team-Bereich kommen Schöttel nach eigenen Angaben entgegen. "Ich habe großes Interesse an vielen anderen Themen", sagte der Wiener und gab erste Einblicke in seine Vorhaben: "Der österreichische Fußball soll den nächsten Schritt machen, die Entwicklungen der Zeit mitgehen, in allen Bereichen weiterkommen. Wir wollen weiterhin gut ausbilden, aber mehr im athletischen Bereich arbeiten."

Seinem Vorgänger Ruttensteiner streute Schöttel Rosen. "Wir werden darauf aufbauen, was er aufgebaut hat. Seine Zeit war sehr erfolgreich, er hat Struktur in den Sportbereich des ÖFB gebracht."

Keine Freunderlwirtschaft

Als Rückkehr der Freunderlwirtschaft im ÖFB will Schöttel seine Bestellung nicht verstanden wissen. "Ich wüsste nicht, mit wem ich verhabert bin. Die meisten Landespräsidenten habe ich erst heute kennengelernt. Wieso glauben wir, dass in Österreich alle verhabert sind und in anderen Ländern nicht, oder dass wir mit Österreichern keine Struktur zusammenbringen?", fragte der zweifache WM-Teilnehmer.

Außerdem appellierte Schöttel an den Einheitsgedanken innerhalb des ÖFB. "Wir sollten aufeinander zugehen und wieder alle an einem Strang ziehen", sagte der Wiener und ergänzte: "Ich sehe mich als Bindeglied. Die letzten Tage haben gezeigt, dass es mehr Kommunikation in den verschiedenen Bereichen des ÖFB braucht."

"Aussprache zwischen homo sapiens"

Vor allem die Landeschefs spielten in den turbulenten vergangenen Wochen eine eher unrühmliche Rolle und waren nun auch maßgeblich an der Ruttensteiner-Entlassung beteiligt. Einen wesentlichen Beitrag dazu dürfte Salzburgs Präsident Herbert Hübel geleistet haben. "Aber wir haben heute eine Aussprache zwischen homo sapiens geführt", sagte Windtner über eine Unterredung mit seinem Rivalen.

Gerade die vergangenen Wochen zeigten, dass die Landespräsidenten trotz fehlender Fußball-Fachkenntnis wesentliche Entscheidungen für den österreichischen Fußball treffen. Zu ändern ist dies laut Windtner nicht. "Das ist keine Frage der Kompetenz, das ist eine Frage gesetzten Rechts. Über ihre Kompetenz maße ich mir kein Urteil an."

Dass sein Einfluss im Präsidium seit der Wiederwahl im Juni immer mehr schwindet, lässt Windtner nach eigenen Angaben relativ kalt. "Wenn ich bei Gegenwind immer gleich davongelaufen wäre, wäre ich nicht weit gekommen. Wenn es rau wird, muss man am Steuer bleiben." An Rücktritt habe er nicht gedacht.

Neuer Teamchef noch im Oktober

Nun soll als nächstes nach einem Teamchef gesucht werden. Schöttel wurde beauftragt, eine zehn Namen umfassende Liste von Kandidaten zu erstellen, die für ihn als künftiger Teamchef infrage kommen.

Die endgültige Entscheidung über den Nachfolger von Marcel Koller, der bis 30. Oktober feststehen soll, treffen aber andere. Zunächst wird eine Task Force, die wohl wie bei der Sportdirektoren-Suche aus ÖFB-Präsident Leo Windtner, ÖFB-Geschäftsführer Bernhard Neuhold, Generalsekretär Thomas Hollerer und Bundesliga-Vizepräsident Markus Kraetschmer besteht, über die von Schöttel ausgewählten Personen beraten. Dann legt Windtner dem Präsidium einen Vorschlag vor, der vom höchsten Gremium abgesegnet werden muss.

Anforderungsprofil

Schöttel beschrieb sein Anforderungsprofil für den künftigen Nationalcoach folgendermaßen: "Er muss eine Persönlichkeit darstellen, muss mit der Mannschaft umgehen können, eine positive Außendarstellung haben, Klartext reden und als Trainer schon seine Erfolge gehabt haben." Titelgewinne seien keine unbedingten Voraussetzungen, vielmehr gehe es darum, dass der neue Teamchef Spieler entwickeln könne, so Schöttel.

Herzog ein Kandidat

Einen weiteren Ausländer für Österreichs höchsten Trainerjob schloss der Wiener nicht dezitiert aus. "Aber ich halte es für sinnvoll, wenn es ein Österreicher macht", sagte Schöttel und betonte, für ihn zähle auch Andreas Herzog zu den Anwärtern.

Windtner meinte zu diesem Thema, der neue Teamchef müsse Deutsch sprechen. "Ob ein In- oder Ausländer, da brauchen wir uns nicht festzulegen. Es soll der Beste sein." Außerdem dürfe der Coach nicht den intern festgelegten finanziellen Rahmen sprengen.

Aufgrund des Zeitplans scheint es gesichert, dass Marcel Koller am Montag zum WM-Qualifikationsabschluss in Chisinau gegen die Republik Moldau seine Abschiedsvorstellung gibt. Der Nachfolger soll schon am 14. November im Testspiel in Wien voraussichtlich gegen Uruguay auf der Bank sitzen. "Dieser Lehrgang ist eine Riesenchance für das Team. Da können wir uns einen gewaltigen Startvorteil für das kommende Jahr sichern", betonte Windtner.

Am Montag steht für das ÖFB-Team und den scheidenden Teamchef Koller das letzte Match der WM-Qualifikation in Chisinau gegen die Republik Moldau (20:45 Uhr/Live im Ticker) an. Die Reise nicht mitmachen wird Willi Ruttensteiner. (APA, 7.10.2017)