Privatsender und ORF liefern einander am Wahlabend ein Wettrennen um die Spitzenkandidaten.

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Wien – Nach der Ankündigung einer gemeinsamen Elefantenrunde im Privatfernsehen am Wahlsonntag um 20.15 Uhr ist zwischen dem ORF und den Privatsendern ein regelrechter Streit um die Spitzenkandidaten ausgebrochen. Das Problem ist, dass sich die beiden geplanten TV-Diskussionen zeitlich um 15 Minuten überschneiden – und sich die Politiker nicht zweiteilen können. Debattiert wird auch, ob die zum Teil gemeinsame Berichterstattung von Puls 4 und ATV Auflagen verletzt, die nach dem Verkauf von ATV an ProSiebenSat1Puls4 von den Wettbewerbshütern formuliert wurden.

ORF: Diskussion bis 20.30 Uhr

"Wir haben die Zusage von allen Parteien, dass uns die Spitzenkandidaten von 19.55 bis 20.30 Uhr zur Verfügung stehen. Wir gehen davon aus, dass sie sich daran halten", erklärte ORF-Chefredakteur Fritz Dittlbacher am Mittwoch auf STANDARD-Anfrage. Wer aus "heutiger Sicht" aber nicht bei der ORF-Runde dabei sein wird, ist Peter Pilz. Es gebe viele Anfragen von "seriösen Sendern", dass er für den ORF keine Zeit haben werde, sagt Pilz zum STANDARD. "Zuerst Zensur und dann Anbiederung, das geht nicht", so Pilz, der auf die Nichtberücksichtigung für die ORF-Elefantenrunden verweist, die am Donnerstag stattfindet. Der ORF beruft sich bei seiner Einladung auf den Klubstatus der Parteien. "Und den werde ich auch am Wahlsonntag nicht haben", sagt Pilz.

Die Privatsender Puls 4, ATV, Servus TV und Schau TV ("Kurier") hatten zuvor mitgeteilt, dass ihnen für ihre gemeinsame Diskussionsrunde um 20.15 Uhr bereits die Zusagen von Christian Kern (SPÖ), Sebastian Kurz (ÖVP), Heinz-Christian Strache (FPÖ), Matthias Strolz (Neos) und Peter Pilz (Liste Pilz) vorliegen und Ulrike Lunacek (Grüne) angefragt sei.

Behörde: Kein Verstoß gegen die Auflagen

Die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) sieht in der Kooperation der Privatsender am Wahlabend unterdessen keinen Verstoß gegen die Auflagen, die ProSiebenSat1Puls4 beim Kauf von ATV auferlegt wurden. Zu diesen gehört etwa die redaktionelle Eigenständigkeit von Puls 4 und ATV. Zuvor hatte es noch Bedenken gegenüber dem Plan einer gemeinsamen Wahlberichterstattung der beiden Sender gegeben – DER STANDARD berichtete.

BWB-Leiter Theodor Thanner sagt auf STANDARD-Anfrage: "Durch diese Kooperation von Puls 4, ATV, Servus TV und Schau TV entsteht eine zweite Wahlsendung, welche die Medienvielfalt und den Wettbewerb fördert." Den genauen Ablauf haben die vier Sender am Dienstag skizziert.

Gespräche vorab, Prüfung erst im Anschluss

Die Kartellbehörde bestätigte auch, dass es mit den Sendern vorab Gespräche zu dem Thema gab. Gesetzlich kann die BWB aber nicht im Vorfeld ihr Okay geben. Die Einhaltung von Auflagen unterliege immer der Selbstbeurteilung der Unternehmen, ein etwaiger Verstoß könne erst im Nachhinein von der Behörde evaluiert werden, hieß es zur Erklärung. Sollte das der Fall sein, kann ein Verfahren eingeleitet werden.

Komm Austria formuliert Bedenken

Weit skeptischer, ob nicht Auflagen verletzt werden, zeigt sich die Medienbehörde Komm Austria. Im Sinne der Meinungsvielfalt wurde beim Kauf festgehalten, dass "bei der redaktionellen Berichterstattung getrennte, unabhängige Redaktionen bei Puls 4 und ATV erhalten bleiben sollten", sagt Andreas Kunigk, Mediensprecher der Komm Austria, zum STANDARD. Ob auch andere Sender teilnehmen – wie im konkreten Fall Servus TV und Schau TV –, ändert nichts an der Beurteilung. "In diesem Licht werden Aspekte der gemeinsamen Zusammenarbeit der betroffenen Privatsender Puls 4 und ATV von der Komm Austria kritisch gesehen. Ebenso klar ist es, dass ein allfälliger Auflagenverstoß erst ex post beurteilt werden kann und dementsprechend genau beobachtet wird", so Kunigk.

Puls 4: "Redaktionell eigenständige Arbeit"

Bei ProSiebenSat1Puls4 ist man zuversichtlich, dass die Zusammenarbeit nicht die Auflagen torpediert: "Die gemeinsame Wahlberichterstattung ist eine Kooperation mehrerer unabhängiger Privatsender. Dies ändert nichts an der redaktionell eigenständigen Arbeit sämtlicher Partner, die im konkreten Fall unter der Federführung der ATV-Redaktion zusammenarbeiten", sagt eine Sprecherin auf STANDARD-Anfrage. "Die durch die Auflagen vorgegebenen Beschränkungen werden eingehalten, und die Umsetzung orientiert sich genau an den Vorgaben der Behörden."

Dem Vernehmen nach wollte auch oe24.tv Teil des Zusammenschlusses der Privatsender sein, es soll an den finanziellen Modalitäten gescheitert sein. Warum der Deal nicht zustande kam, erklärt Puls 4 auf STANDARD-Anfrage so: "Ö24 wurde eine Übernahme des Signals von Teilen der gemeinsamen Berichterstattung zu marktüblichen Konditionen angeboten, eine Vereinbarung kam aber bisher nicht zustande." (omark, ae, APA, 11.10.2017)