Sehr britischer Draufgänger: Jakob Elsenwenger als Mr. Fox.

Rita Newman

Wien – Der Wald bildet in Roald Dahls lukullischer Fabel Der fantastische Mr. Fox einen sozialen Musterbau. Fuchs und Füchsin, Hase, Maulwurf, Wiesel und zwei Generationen Dachse hausen einträchtig unter ein und derselben Laubdecke. Problematisch gestaltet sich eher die Nachbarschaft zu den Geflügelfarmen dreier habgieriger Landwirte.

Mr. Fox (Jakob Elsenwenger) gibt im Wiener Renaissancetheater den strahlenden Dandy der Landstraßen. Einen Robin Hood der Hohlböden, der sich Hühnerkeulen schnappt und dafür das Feuer der bäuerlichen Schießgewehre auf sich und seinen kleidsamen Pelz lenkt. Sollte diese entzückende Produktion des Theaters der Jugend Fragen nach der Verteilungsgerechtigkeit aufwerfen, das Team rund um Regisseur Stefan Behrendt beantwortet sie eher beiläufig. Gefragt sind Konzepte für das friedliche Zusammenleben aller mit allen. Das schließt Einschränkungen beim tierischen Fleischkonsum zwingend ein.

Im Bann der Bewusstseinsindustrie

Den Auftakt der Aufführung bildet ein Brecht'scher Hinweis auf die verwendeten Theatermittel. Ausgelassen stürmt die zehnköpfige Truppe auf die laubbedeckte Bühne aus Papier (Ausstattung: Christian Blechschmidt). Ein Schirm gibt einen famos grünen Baum ab. Im Hause Fox hat die Mama (Aline-Sarah Kunisch) die Hosen mitsamt buschigem Schwanz an. Die beiden Töchter aber stehen bereits sehr nachvollziehbar im Bann der Bewusstseinsindustrie – Fräulein Lottie (Claudia Waldherr) wäre gerne eine Superheldin namens "Wonderfox".

Vor allem aber wird man zum aufrichtigen Bewunderer einer perfekten, arbeitsteiligen Gesellschaft "en miniature". Der alte Dachs (Frank Engelhardt) ist Sensationsreporter. Als solcher profitiert er – eine antike Schreibmaschine auf den Knien – vom Draufgängertum seines füchsischen Freundes. Die stark fehlsichtige Frau Maulwurf (Felicitas Franz), eine andere Charakterfigur, ist so bejahrt wie kokett. Sie trägt in ihren Mußestunden eine "Regenwurmaufzuchtstation" mit sich spazieren.

Waffen wie Baggerschaufeln

Tausend exakte, kleine Beobachtungen ermöglichen einen äußerst kurzweiligen Aufenthalt auf halb tierischem, halb menschlichem Terrain. Drei der Viecher schlüpfen in Windeseile in die Masken dreier tumber Bauern. Diese gestiefelten Landplagen zeichnen sich durch große Mordlust aus. Noch größer ist nur ihre Beschränktheit im Umgang mit Vernichtungswaffen wie Spaten oder Baggerschaufeln. (Hier möchte man Rafael Schuchter in seiner Doppelrolle als vierschrötiger "Boggis" und als anmutiger Hase die Palme zuerkennen.)

Der mehr epische Fortgang der Handlung versetzt Kinder von sechs Jahren aufwärts in helle Begeisterung. Das Match zwischen Tieren und Menschen endet ein wenig abrupt, fast könnte man sagen: Die Auseinandersetzung wird vertagt.

Doch wo käme man hin, klüger sein zu wollen als Roald Dahl (die Theaterfassung stammt übrigens von David Wood)? Diese famose Produktion sagt überzeugend: Hauptsache davongekommen. Ein klares, eindeutiges Plädoyer für das Glück des Augenblicks. (Ronald Pohl, 12.10.2017)