Interaktive Elemente in Verbindung mit Situationen aus dem Alltag. So soll im Flip Finanzwissen eindrucksvoll vermittelt werden.

Erste Financial Life Park

Wien – Über sie wird oft gesprochen, und sie wird oft gefordert. Die Rede ist von der Finanzbildung. Einzelne Schulen oder auch Institutionen wie die Wiener Börse und die Erste Bank mit dem Financial Life Park (Flip) haben sich mit verschiedenen Aktionen dieses Themas angenommen. Einen einheitlichen politischen oder schulischen Plan – etwa ein eigenes Schulfach Wirtschaft – gibt es aber nicht. Dabei gibt es viele offene Themen. Diese waren Anlass für Flip-Chef Philip List, einen Financial Education Summit zu organisieren, bei dem es um die Fragen ging, wie man finanzielle Allgemeinbildung, den Gender-Gap, Migration und die alternde Bevölkerung unter einen Hut bekommt.

Zu den Workshops reiste auch Silvia Singer an. Sie ist Direktorin des Museo Interactivo de Economía (Mide) in Mexiko. Ihr Haus gilt als Vorbild für viele, die einen Ort schaffen wollen, an dem mit lebensnahen Elementen Wissen über Geld vermittelt wird. "Bei der Flip-Gründung war das Mide für uns die absolute Benchmark", sagt List. Vor elf Jahren hat Singer die Türen zum Museum geöffnet. Damals dachte niemand, dass das ein großes Thema wird, sagte sie dem Standard. Doch die mexikanische Nationalbank stand von Beginn an hinter dem Projekt, und nun hat man es geschafft, das Thema in den Lehrplan zu hieven. "Das ist ein großer Erfolg für uns", sagt Singer. Denn Grundwissen vermittelt zu bekommen, ist der Schlüssel zu einem guten Umgang mit Geld und Vorsorge. Das Museum biete – so wie das Flip am Wiener Hauptbahnhof – mit interaktiven Elementen einen lebensnahen Zugang zum Thema Geld.

Gender-Gap schließen

Was nun aber tun, um den Gender-Gap in diesem Bereich zu schließen? Keine leichte Aufgabe, denn der Gap hat sich in den vergangenen Jahren nicht verändert. Obwohl Frauen meist den gleichen Zugang zur Bildung haben, ist es immer noch so, dass sie weniger oft an Altersvorsorge denken, am Finanzmarkt aktiv sind und bei finanziellen Angelegenheiten immer noch die Männer die Zügel in der Hand haben.

"Viele Studien zeigen, dass sich das Wohlbefinden der ganzen Familie verbessert, wenn Frauen in der ökonomischen Welt integriert sind und ihr Wissen über Geld und Finanzen gefördert wird." Das zu unterstützen sei nicht nur eine persönliche, sondern eine soziale Angelegenheit, sagt Singer.

In der Wirtschaft geht es laut der Mide-Direktorin darum, Entscheidungen zu treffen und die Fähigkeit zu haben, Angebote einzuschätzen. Es gehe nicht nur darum, gut rechnen zu können. Es gehe vielmehr darum, Prozesse zu verstehen, um Entscheidungen für beispielsweise die Haushaltsausgaben oder Altersvorsorge treffen zu können. "Diese Themen gehen auch schon die Jungen etwas an", hält Singer fest.

Und die Alten? Wie hält man die finanzfit, wenn sich Angebote verändern, Services sich aufs Smartphone verlagern, und im Alter oft die Angst vor technischen Neuerungen den Zugang blockiert? "Information ist auch hier der Schlüssel", sagt Singer. Denn es sei ein Irrglaube, dass die Digitalisierung ein Thema der Zukunft ist. Die Digitalisierung ist längst hier. "Wir müssen die Technik zu unserem Vorteil nutzen", sagt Singer. Viele ältere Leute hätten Sicherheitsbedenken bei manchen Diensten, dabei seien neue Technologien oft sicherer als herkömmliche. Bei Mide arbeite man daher daran, Wege zu finden, auch die älteren ins Museum zu locken. Derzeit seien rund 85 Prozent der Besucher bis 25 Jahre alt.

Mehr Vorsorge, weniger Party

Eine wichtige Gruppe sind hier wie in Mexiko Migranten. Die Erste Bank versucht mit Broschüren und Beratern in jeweiligen Landessprachen, den Menschen zu zeigen, wo und wie sie Zugang zu Konten und Finanzdienstleistungen finden. "Man muss den Leuten auch helfen, nicht auf Konsumfallen wie Handyverträge oder Online-Angebote hereinzufallen", sagt Flip-Leiter List. In Mexiko geht das Thema auch in eine andere Richtung. Von vielen Mexikanern, die im Ausland leben, fließt Geld zurück an Verwandte. Für die Mexikaner ist das zwar ein wichtiges Zusatzeinkommen. Das Geld werde laut Singer aber leider oft in Konsum und Party gesteckt. Zu selten wird es für Bildung, Vorsorge oder die Schaffung von Wohnraum verwendet. (Bettina Pfluger, 14.10.2017)