Deutschkurs des Integrationsfonds: Seit Oktober werden hier nicht nur Sprachkenntnisse, sondern auch Wissen über österreichische Werte abgefragt.

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Wien – Erfolgreiche Integration stehe oder falle mit der Bereitschaft von Ausländern, sich die in Österreich herrschenden Werte der Rechts- und Gesellschaftsordnung anzueignen. Diese etwa von Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP) immer wieder betonte Überzeugung stand bei der im Juni beschlossenen Novelle des Integrationsgesetzes Pate.

Dementsprechend fiel auch eine Neuerung aus, die ab Oktober gilt: Um einen Aufenthaltstitel oder die österreichische Staatsbürgerschaft zu erhalten, müssen Drittstaatsangehörige zusätzlich zum bisher schon verlangten Deutschtest nun auch einen Werteprüfungsteil ablegen. Nur wer beides besteht, erfüllt die Integrationsvereinbarung.

Keine Modelltests

Doch leider fehlen laut Beratern aktuell, zehn Tage nach Inkrafttreten der neuen Doppeltestverpflichtung, Unterlagen für betroffene Migranten, um sich auf die Prüfung vorzubereiten. Für Menschen etwa, die schon länger in Österreich leben und planten, einen Antrag auf Daueraufenthalt oder Staatsbürgerschaft einzubringen, habe der Österreichische Integrationsfonds (ÖIF) bisher keine verbindlichen Modellprüfungen zur Verfügung gestellt.

Auf dem von ihnen verlangten Sprachniveau B1 liege lediglich ein auf Grundlage des ÖIF-Buchs "Mein Leben in Österreich" erstellter "Modelltest B1" vor, so Wolfgang Veit, Geschäftsführer des Kursanbieters "Club für interkulturelle Begegnung" (Cib). Cib wird am Samstag als erster Anbieter in Österreich einen Test nach den neuen Regeln anbieten, laut Veit "ein Versuch, mit Wiederholung auf unsere Kosten, wenn er misslingt".

Im Modelltest nämlich habe es einige Fehler gegeben, etwa in den Antworten zu Fragen des Religionsunterrichts in der Schule oder des Haustierhaltens in Mietwohnungen. Die Fehler wurden inzwischen offenbar ausgebessert.

Laut Veit gab es über den Sommer vonseiten des ÖIF keine Vorbereitungen auf die neuen Herausforderungen. In Wien habe erst vor zwei Wochen eine Informationsveranstaltung für die betroffenen Sprachschulen stattgefunden. Beim ÖIF widerspricht man: Schon im April habe es ein Rundschreiben an Kursträger gegeben. Auch lägen seit Monaten Curricula für die Deutsch- und Wertetests auf verschiedenen Sprachniveaus sowie zahlreiche Materialien für Deutschlehrer vor.

Keine Übergangsfristen

Auf Basis der Curricula allein könne niemand einen solchen Test bestehen, wendet hier Gudrun Pürrer vom Wiener Beratungszentrum für Immigrantinnen, Peregrina ein. Erschwert werde die Situation durch den Umstand, dass das Integrationsgesetz Daueraufenthalts- und Staatsbürgerschaftsantragstellern keine Prüfungsübergangsfristen gewähre.

Bei Antragstellern auf Deutschniveau A2 – eine Voraussetzung für zum Beispiel einen einjährigen Aufenthaltstitel – gebe es sich hingegen. Ihnen wird 36 Monate Zeit eingeräumt, die Tests ohne Werteteil nach den früher geltenden Kriterien zu absolvieren.

Am 2. Oktober, so Pürrer, sei "eine verzweifelte Dame aus Indien" in der Beratung erschienen, die mit ihrem Deutschdiplom B1 von 2016 bei der Wiener Ausländerbehörde MA 35 Daueraufenthalt beantragen wollte. Den Test samt Werteteil müsse die Frau nun wiederholen, allein das Antreten koste an die 150 Euro. "Das", so Pürrer, "ist inakzeptabel." (Irene Brickner, 12.10.2017)