Da waren sie noch hoffnungsfroh: Grünen-Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek mit Ex-Parteichefin Eva Glawischnig und dem Chef der deutschen Grünen, Cem Özdemir (von rechts), beim Wahlkampfabschluss.

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Wien – Sollten die Grünen – und danach sieht es angesichts der aktuellen Hochrechnungen aus – den Wiedereinzug ins Parlament verpassen, dann hätte das auch finanziell dramatische Folgen. Die 8,9 Millionen Euro Fördergelder auf Bundesebene (Stand 2016) würden wegfallen, während gleichzeitig Millionenschulden aus dem Wahlkampf beglichen werden müssen. Einspringen müssten wohl die Landesparteien.

Auf Bundesebene erhalten die Grünen etwa 8,9 Millionen Euro. Fast die Hälfte davon fließt an die Partei, 3,4 Millionen an den Parlamentsklub und 1,6 Millionen an die Grüne Bildungswerkstatt ("Akademieförderung"). Gebunden ist das Geld an den Klubstatus im Nationalrat. Fällt dieser weg, gibt es auch keine Parteienförderung mehr.

Einmalzahlung reicht nicht

Als Trostpflaster bleibt den Grünen nur eine Einmalzahlung von 2,5 Euro pro Wählerstimme. Auf diesen Betrag haben all jene Parteien Anspruch, die zwar an der Vier-Prozent-Hürde scheitern, aber mehr als ein Prozent der Stimmen schaffen. Im Fall der Grünen wären das laut aktuellem Hochrechnungsstand knapp 490.000 Euro. Zu wenig, um die Wahlkampfkosten von vier Millionen Euro abzudecken. Zumal die Partei das Jahr wegen des teuren Präsidentenwahlkampfs schon mit einem Minus von 1,3 Millionen Euro begonnen hat, wie Bundesgeschäftsführer Robert Luschnik der APA im August sagte.

Über wesentliche eigene Einnahmen verfügt die Partei laut Rechenschaftsbericht 2015 jedenfalls nicht, sieht man von Verrechnungen innerhalb der Partei ab. Die Mitgliedsbeiträge werden von den Landesparteien kassiert und lagen 2015 gerade einmal bei 121.150,52 Euro, geht aus den vom Transparenzportal parteispenden.at veröffentlichten Zahlen hervor.

Offiziell wollte sich am Wahlabend niemand von den Grünen zur Finanzfrage äußern. Inoffiziell war in Parteikreisen zu hören, dass, sollten die Bundesförderungen wegfallen, wohl die Landesparteien einspringen müssten. In den Ländern hatten die Grünen 2015 (neuere Rechenschaftsberichte liegen nicht vor) immerhin Budgets von in Summe 20,6 Millionen Euro (Landes-, Bezirks- und Gemeindeparteien).

Sickinger: Einspringen der Länder schwierig

Der Politikwissenschafter Hubert Sickinger geht jedoch nicht davon aus, dass die grünen Landesparteien ohne weiteres für die Bundespartei einspringen können. Erstens verweist er gegenüber der APA auf die Finanzschwäche der Grünen in vielen Bundesländern. Zweitens sind die Fördermittel in einigen Ländern zweckgebunden.

"Zum Teil steht in den Landesgesetzen, dass das Geld nur für die politische Willensbildung auf Landesebene verwendbar ist", sagt Sickinger und nennt als Beispiel die Parteienförderung in Salzburg und Vorarlberg. Allenfalls könne man hier argumentieren, dass ein Teil der tatsächlich im Land angefallenen Wahlkampfkosten beglichen werde.

Ein Teil der Landesparteien ist zudem selbst finanzschwach oder steht vor Landtagswahlen. So erhalten die niederösterreichischen Grünen keine hohe Parteienförderung und müssen 2018 Landtagswahlen schlagen. "Das brauchen sie nächstes Jahr. Da (die Bundespartei, Anm.) zu entschulden, das wird schwierig", so Sickinger. Auch in Salzburg, Kärnten und Tirol stehen Wahlen an.

Größtes Problem für die Grünen ist aus Sickingers Sicht, dass sie mit ihrem Parlamentsklub nicht nur die Parteienförderung verlieren, sondern auch ihre politische Schaltzentrale. Die Abgeordneten und deren Mitarbeiter seien für den Außenauftritt der Partei zentral gewesen: "Wenn sie es schaffen, doch noch reinzukommen, sind sie mit zwei blauen Augen davongekommen."

Unklar ist für Sickinger, ob die Grünen nach ihrem Aus im Nationalrat weiter Fördermittel für ihre vier Bundesrats- und drei EU-Abgeordneten erhalten würden. Das Klubfinanzierungsgesetz könnte aus seiner Sicht so gelesen werden, dass (geringe) Subventionen weiterhin möglich wären – oder eben nicht, je nach Auslegung des Gesetzes.

Wiener am "reichsten"

Finanzstärkste grüne Landesorganisation sind die Wiener mit Einnahmen von 5,5 Millionen Euro vor Oberösterreich mit 4,8 Millionen. Weil in beiden Ländern 2015 Wahlen stattfanden, gaben sie allerdings deutlich mehr aus (6,7 Millionen in Wien, 5,7 Millionen in Oberösterreich). Auf Platz drei folgen die niederösterreichischen Grünen mit Einnahmen von 2,7 Millionen vor den Tirolern mit 1,9 Millionen, den Steirern mit 1,8 Millionen, den Kärntnern mit 1,3 Millionen und den Salzburgern mit 1,2 Millionen. Deutlich geringer sind die Einnahmen in Vorarlberg (0,8 Millionen) und im Burgenland (0,5 Millionen). Die Landesorganisationen in Niederösterreich, Kärnten, Tirol und Salzburg haben im kommenden Frühjahr freilich selbst Landtagswahlen zu schlagen. (APA, 16.10.2017)