SPÖ-Chef Christian Kern hat es selbst sehr deutlich formuliert und das, eingeleitet mit einem aufrichtigen "Ehrlich", auch so in seinem Plan A festgehalten: "Der zweite Platz ist der erste Verlierer. Und unser Land ist zu wertvoll, um von VerliererInnen regiert zu werden."

Die SPÖ ist am Sonntag, vorbehaltlich der Auszählung aller Wahlkarten, Zweite geworden. Im Festzelt vor der Parteizentrale wurde das bejubelt, als sei ein Wahlsieg eingefahren worden. Kern wurde von den Seinen gefeiert. Es stimmt schon, es hätte nach diesem verpatzten Wahlkampf viel schlimmer kommen können. Die SPÖ hat ihr Ergebnis von 2013 immerhin gehalten – aber das war das historisch schlechteste Ergebnis der Partei. Kern hat also nicht viel mehr als sein Vorgänger Werner Faymann zuwege gebracht. Kein Grund zum Jubeln, möchte man meinen. Und das, was im Wahlkampf schiefgelaufen ist, kam nicht aus heiterem Himmel. Der Parteichef hat daran Mitschuld getragen.

Die SPÖ steht nach dieser Wahl also als der erste Verlierer da. Die Ansage, folgt man Kern, wäre klar: Opposition. Dennoch gibt es in der SPÖ einige, die jetzt zur Unterwerfung bereit wären und wieder in die Regierung drängen – als Juniorpartner unter einem Kanzler Sebastian Kurz. Noch mehr in der Partei meinen allerdings, man sollte doch ernsthaft Rot-Blau probieren und Kern wieder zum Kanzler machen.

Atmosphärische Katastrophe

Beide Varianten – mit der ÖVP oder der FPÖ – bergen enorme Risken in sich, die offenbar nicht allen in der SPÖ bewusst sind. Eine Koalition aus ÖVP und SPÖ wäre eine atmosphärische Katastrophe, das kann man gar niemandem mehr schönreden. Und inhaltlich kommen die Parteien ohnedies ganz schwer zusammen, wenn sie ihre programmatischen Ansagen aus dem Wahlkampf selbst ernst nehmen.

Sollte sich für die SPÖ tatsächlich ein Fenster für eine taktische Finte mit der FPÖ öffnen, wäre sie gut beraten, gar nicht erst hinzuschauen. Um noch einmal den Plan A zu zitieren: "Für uns gilt der Wille der WählerInnen." Daran sollte sich die SPÖ auch halten, sonst wäre ihre Glaubwürdigkeit, um die sie ohnedies Tag für Tag ringt, dahin. Das rot-blaue Experiment im Burgenland zeigt deutlich, dass davon alle anderen, vor allem die Freiheitlichen, profitieren, nicht aber die SPÖ.

Wahrscheinlich ist, dass die SPÖ gar nicht erst in diese Verlegenheit kommt, weil Kurz sein schwarz/türkis-blaues Projekt rasch auf die Beine stellt und sich mit einem Vizekanzler Heinz-Christian Strache angeloben lässt. Das ist die logischste Variante. Auf die sollte die SPÖ eingestellt sein, ohne sich vorher selbst zu zerfleischen. Für diesen Fall braucht es eine starke und gut aufgestellte Opposition, die dagegenhalten kann.

Kern hat in seiner eigenen Partei vorerst ohnedies genug zu tun. In der Wiener Landesgruppe tobt ein Machtkampf um die Nachfolge von Michael Häupl, der auch den Bundesparteichef nicht ganz ungerührt lassen sollte. Ein Kandidat, der sich inhaltlich an Schwarz-Blau anbiedert, ist vielleicht nicht die beste Wahl für die kommende Wahlauseinandersetzung in der Bundeshauptstadt. Und die Parteizentrale in der Löwelstraße gehört grundsätzlich neu aufgestellt – mit weniger Einflüsterern von außen und einer Strategie- und Kommunikationsabteilung, die den Chef ansatzweise daran teilhaben lässt, was geplant ist und umgesetzt wird. Im Idealfall gibt er dort die Linie vor. Das könnte für den nächsten Wahlkampf ganz hilfreich sein. (Michael Völker, 16.10.2017)