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Eine Krebsbehandlung ähnelt einem Hürdenlauf: Operation, Medikamente, Bestrahlung, jede Etappe kann anstrengend sein.

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Wien – Es ist nicht gerade ein Satz, den man gern hört, und noch weniger einer, den man selbst gern ausspricht: "Ich habe Brustkrebs." Doch für eine von acht Frauen in Österreich wird er eines Tages Realität. Vorangegangen sind meist Tage und Wochen der Unsicherheit. Ein auffälliger Mammografiebefund, ein Arzt, der von "BI-RADS" (siehe Kasten) gesprochen hat, dann eine Biopsie. "Wir würden uns wünschen, dass schon die erste Biopsie in einem zertifizierten Brustkrebszentrum stattfindet", sagt Doris Kiefhaber, Geschäftsführerin der Krebshilfe Österreich.

Frauen, die im ersten Schock bei ihr anrufen, wissen nämlich erst einmal gar nicht, wohin sie sich wenden sollen. Erst die Biopsie bringt Gewissheit, dass es sich um eine bösartige Erkrankung handelt. Das Ergebnis ist wichtig, weil das aus der Brust entnommene Gewebe für die künftige Behandlung entscheidend sein wird. Die Gewebeprobe wird auf molekularbiologische Merkmale untersucht, die maßgeblich die Therapie bestimmen. "Ohne Biopsie sollte keinesfalls operiert werden", sagt Gynäko-Onkolge Paul Sevelda, Präsident der Österreichischen Krebshilfe, und so wie alle anderen auch empfiehlt er Frauen, sich unbedingt an ein zertifiziertes Brustkrebszentrum zu wenden. Als Leiter des Brustkrebszentrums Hietzing kennt er die Herausforderungen.

Interdisziplinäre Expertise

Die Therapien hängen von molekularbiologischen Typisierungen ab, mehr als 85 Prozent der Frauen haben gute Heilungschancen, wenn sie nach dem neuesten Stand der Erkenntnisse behandelt werden. Genau das wäre im österreichweiten Netzwerk der zertifizierten Zentren gesichert, sagt Kiefhaber, aber "viele Frauen schwimmen in dieser Anfangsphase und verlassen sich dann lieber auf Empfehlungen von Freundinnen", berichtet sie aus Erfahrung. Warum das kontraproduktiv ist: Brustkrebspatientinnen brauchen geballte Expertise, die nur in Tumorboards, bestehend aus Onkologen, Radiologen, Pathologen und Chirurgen, gegeben ist.

"Wir involvieren auch Patientinnen in die Therapieentscheidungen", sagt Sevelda und betont, dass es für Brustkrebs weltweit standardisierte Therapieprotokolle gibt, die nur wenige wirklich gravierende Abweichungen zulassen. Aber ja, auch zu ihm kämen Frauen, die ihn um eine Zweitmeinung bitten. Ganz wichtig in der Beurteilung sind dann die entsprechenden Befunde, "ohne die Histologie kann ich gar nichts sagen", sagt er. Frauen in Österreich haben ein Recht auf diese Dokumente und sollten die Befunde auch einfordern – auch diese Offenheit sei eines von vielen Qualitätsmerkmal eines zertifizierten Brustkrebszentrums.

Über die schwierige Zeit zwischen Mammografie, Biopsie und Diagnosestellung sagt Sevelda: "Meistens dauert es bis zu zwei Wochen, bis wir definitive Ergebnisse haben", und meint die Typisierung des Tumors nach seinen histologischen Merkmalen. Derzeit unterscheidet man grob zwei Arten von hormonempfindlichen Karzinomen, triple-negative Formen und HER2-positive Tumore. "Allerdings kann man von diesen Typisierungen nicht unbedingt auf den Verlauf der Erkrankung schließen", betont Sevelda. Die Erfahrung zeige zunehmend, wie individuell Brustkrebserkrankungen verlaufen.

Therapie in Etappen

Für Brustkrebspatientinnen beginnt mit Therapiebeginn die anstrengende Phase der Chemotherapiezyklen beziehungsweise der Operation. Die Reihenfolge dieser zwei Maßnahmen variiert. "Der Tumor wird entweder sofort operiert, oder er wird durch die Chemotherapie geschrumpft und erst dann entfernt", erklärt Florian Fitzal, Leiter des chirurgischen Brustzentrums der Med-Uni Wien. Etwa drei Viertel der Patientinnen benötigen keine Chemotherapie, sondern bekommen eine Antihormonbehandlung.

Bei sehr vielen Frauen wird die Chemotherapie tagesklinisch durchgeführt, sie kommen nur zur Behandlung ins Spital und können, wenn keine Probleme auftreten und das Blutbild stimmt, abends wieder nach Hause. "Man sitzt viel im Krankenhaus", weiß Kiefhaber. Die Infusionen, der Haarverlust, die Müdigkeit, Gewichtsschwankungen, häufige Blutabnahmen sind körperlich und psychisch belastend. Die Krebshilfe ist eine Anlaufstelle – auch für Unterstützung.

Der letzte Abschnitt einer Brustkrebstherapie ist in nahezu allen Fällen die Bestrahlung, die nach Abschluss der Chemotherapie oft von niedergelassenen Radiologen in Wohnortnähe von Patientinnen durchgeführt wird. "Die Brustkrebszentren schließen sich mit der lokalen radiologischen Abteilungen kurz", sagt Sevelda. Das funktioniere gut.

Nach einem guten halben Jahr haben es Patientinnen dann geschafft. Abschluss jeder Behandlung im Brustkrebszentrum ist der Terminplan zur Nachkontrolle. Sevelda sagt auch gern: "Betrachten Sie sich jetzt als gesund."

Kiefhaber weiß, dass die psychischen Probleme oft erst jetzt beginnen, und würde sich deshalb mehr Finanzierung für die psychische Nachsorge für Patientinnen wünschen. Denn sie haben Fragen: "Habe ich Krebs?", "Hatte ich Krebs?", "Funktioniere ich wieder?". Die letzte, lebenslange Hürde nach einer überstandenen Krebsbehandlung ist, wieder Vertrauen ins Leben zu fassen. (Karin Pollack, 24.10.2017)

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