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In Rio feierte Or Sasson seine Bronzemedaille noch hinter dem Davidstern. In Abu Dhabi muss er ohne israelische Flagge auskommen.

Foto: REUTERS/SEZER

Jerusalem/Wien – Es ist nicht irgendein Judoturnier, sondern ein Grand-Slam-Turnier, das am Wochenende in Abu Dhabi steigt. Kathrin Unterwurzacher und Magdalena Krssakova treten unter österreichischer Flagge an. Zwölf Judoka aus Israel gehen ebenfalls auf die Matte, unter israelischer Flagge starten sie aber nicht. Wie schon vor zwei Jahren müssen die Israeli sogar die kleinen Flaggen auf ihren Judogi verbergen, und sollte es einen israelischen Erfolg geben, wird nicht die israelische Hymne ertönen. Und auf der Anzeigetafel werden die israelischen Judoka nicht unter ISR, sondern unter IJF laufen, unter dem Kürzel des Weltverbandes.

Laut der Zeitung "Haaretz" wurde der Präsident des israelischen Verbandes (IJA), Moshe Ponte, vom Präsidenten des Weltverbandes (IJF), dem gebürtigen Rumänen und österreichischen Staatsbürger Marius Vizer, darüber informiert. In Israel wurden Stimmen laut, die einen Boykott des Turniers forderten, Sportministerin Miri Regev setzte die Entsendung des Teams durch. "Wir lassen uns nicht in die politische Arena zerren", hieß es seitens der IJA. "Wir werden nicht die gewinnen lassen, die uns daran hindern wollen, weltweit anzutreten." Zudem zähle auf dem Weg zu den Olympischen Spielen 2020 in Tokio jedes Ergebnis.

Protestnote und Kritik

Regev schickte dem Weltverband eine Protestnote: "Die Forderung, ohne unsere nationalen Symbole zu erscheinen, widerspricht der Trennung von Politik und Sport." Ins selbe Horn stößt Oskar Deutsch, der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien. Und er lobt die israelische Politik "dafür, dass sie die Sportlerinnen und Sportler nicht leiden lässt". Am Weltverband hingegen übt Deutsch heftige Kritik. "Wie kann er solche Turniere überhaupt zulassen?"

Hans Paul Kutschera ist Präsident des österreichischen und Vizepräsident des europäischen Judoverbandes (EJU). Er verweist darauf, dass dem israelischen Team vor einigen Jahren noch die Teilnahme in Abu Dhabi verweigert worden war – auch so gesehen sei "schon einiges passiert". Kutschera sagt ebenfalls, Politik sollte sich "so weit wie möglich aus dem Sport heraushalten", er würde der IJF aber davon abraten, sich in einer Art Überreaktion aus dem arabischen Raum zurückzuziehen. "Wir wollen nicht die Gesprächsbasis verlieren, sondern noch mehr erreichen. Der erste Schritt darf keine Blockade sein." Auf Sicht sei die Forderung, Abu Dhabi mit einem Verlust des Grand-Slam-Turniers zu drohen, dennoch "nicht naiv".

Judo hat in den Vereinigten Arabischen Emiraten zuletzt an Popularität gewonnen. Etliche Judoka aus Moldawien wurden eingebürgert, einer war bereits WM-Dritter, ein anderer Olympia-Dritter. Der Generalschatzmeister des Weltverbandes, Naser Al Tamimi, stammt aus den Emiraten. (Fritz Neumann, 24.10.2017)