Verstanden sich schon auf der Regierungsbank bestens: Johanna Mikl-Leitner (ÖVP, damals Innenministerin, jetzt Landeshauptfrau von Niederösterreich) und Umweltminister Andrä Rupprechter.

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Sankt Pölten – In den letzten Monaten der aktuellen Bundesregierung konnte Umweltminister Andrä Rupprechter (ÖVP) noch eines seiner Herzensanliegen realisieren. Zumindest einen großen Schritt dazu hat er per Absichtserklärung mit der niederösterreichischen Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) gesetzt: Das Umweltbundesamt soll von Wien nach Klosterneuburg übersiedeln – mitsamt seinen mehr als 500 Mitarbeitern, die derzeit über vier Standorte in Wien verteilt arbeiten.

Bericht der ZIB über die Pläne zum Umzug des Umweltbundesamtes.
ORF

"Ab heute" werde dafür ein geeigneter Bauplatz in Klosterneuburg gesucht, sagte Rupprechter am Dienstag. 46,5 Millionen Euro soll die Übersiedlung samt Neubau in der Kleinstadt kosten, zwölf Millionen davon übernehmen Land und Stadt. Das sei "gut investiertes Geld", findet Mikl-Leitner. Den Rest finanziert der Bund – so zumindest der Wunsch des aktuellen Umweltministers.

Umsetzung nach dem Dementi

Laut dem Minister hätte man angesichts des schlechten Zustands der aktuellen Räume des Amtes "ohnehin eine Entscheidung über ein neues Büro treffen müssen". In Klosterneuburg erwartet er sich merkbare Synergieeffekte durch thematisch verwandte Einrichtungen, die bereits dort angesiedelt sind: das Bundesamt für Wein- und Obstbau samt angeschlossener Schule und das Institute of Science and Technology (IST).

Die Übersiedlung sei ein "Meilenstein" der Dezentralisierung, sagte Mikl-Leitner bei der Unterzeichnung der gemeinsamen Erklärung mit Rupprechter. Mit ihm trommelt die Landeshauptfrau seit Monaten für die Verlegung von Bundesämtern in den ländlichen Raum – besonders gerne natürlich nach Niederösterreich und nun in ihre Heimatstadt Klosterneuburg. Einen Umzug des Umweltbundesamts überlegte Rupprechter schon seit längerem – auch wenn ein Bericht der "Presse", dass die Pläne bereits weit fortgeschritten seien, noch im April dementiert wurde.

ÖVP-Position bei Koalitionsverhandlungen

Doch allein schafft Rupprechter das nicht. Der Standort Wien ist für das Umweltbundesamt im Umweltkontrollgesetz festgeschrieben. Um das zu ändern, braucht es eine Mehrheit im neuen Nationalrat – die die ÖVP nicht hat. "Wenn gesetzliche Änderungen notwendig sind, werden diese zeitgerecht erfolgen", sagt Rupprechter – er sei sich der Unterstützung seines Vorhabens durch eine neue Regierung aber "sicher". Ob das heiße, dass er Minister bleiben will? Rupprechter: "Natürlich." Angesichts der Entschlossenheit des Regierungsmitglieds und der Landeshauptfrau dürfte die Verlegung des Amtes jedenfalls ÖVP-Position bei den Koalitionsverhandlungen mit der FPÖ werden.

Geht es nach Rupprechter, soll die Übersiedlung des Bundesamtes allerdings nur der Anfang sein. Er will in den nächsten zehn Jahren ein Zehntel der Behörden und damit rund 3.500 Mitarbeiter in die Bundesländer verlagern. Derzeit plane er, einen Teil der Sektion Wildbach- und Lawinenverbauung in seinem Ministerium nach Niederösterreich zu verlegen.

Wien sieht Gesetzesbruch

Für Klosterneuburg sei die Übersiedlung ein Grund zu feiern, sagte Bürgermeister Stefan Schmuckenschlager (ebenfalls ÖVP): Man werde zum Landesfeiertag am 15. November wohl "das eine oder andere Achterl mehr trinken". Die Insolvenz der Baumarktkette Baumax, die Eigentümer Karlheinz Essl zur Schließung seines Museums in der Stadt nördlich von Wien zwang, habe Klosterneuburg schwer getroffen. Mit der Übersiedlung des Umweltbundesamtes sei eine "Trendumkehr" eingeleitet, glaubt Schmuckenschlager.

In Wien verursachen die Pläne schweren Unmut: Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne) richtete den ÖVP-Politikern postwendend einen "scharfen Protest" aus: Schwarz-Blau wolle Wien finanziell aushungern. "Das ist wohl nur der erste Angriff auf einer langen schwarz-blauen Liste", sagte Vassilakou.

Umweltstadträtin Ulrike Sima (SPÖ) sieht "das Wien-Bashing aus dem Wahlkampf" nahtlos fortgesetzt. "Eine Verlegung des Umweltbundesamtes in die Peripherie ist nicht nachvollziehbar und zudem rechtswidrig." Rupprechter versuche damit den Gesetzgeber zu umgehen. "Damit hat er einen offenkundigen Gesetzesbruch angekündigt", sagt Sima. Klosterneuburg sei "alles andere als ländlicher Raum", die Umsiedlung löse nur unnötigen Pendlerverkehr aus, zu dem Mitarbeiter gezwungen würden. "Hier würde sich stattdessen die mit den Öffis perfekt angebundene Seestadt Aspern als eindeutig besserer Standort anbieten, wenn man schon aus dem innerstädtischen Bereich wegmöchte", sagte Sima.

Kein Zeitplan

Einen konkreten Zeitplan für den amtlichen Umzug gibt es übrigens noch nicht. Die Frage einer Journalistin, wann das neue Amt in Klosterneuburg den Betrieb aufnehmen soll, beantworteten die beiden ÖVP-Politiker im Teamwork: "Spätestens", setzte Mikl-Leitner an, "wenn es fertig ist", vollendete Rupprechter. (Sebastian Fellner, 24.10.2017)