Wien – 195 Länder haben sich vor zwei Jahren auf das Pariser Klimaabkommen geeinigt. Vor knapp einem Jahr ist es in Kraft getreten. Bei der 23. Klimakonferenz soll es ab 6. November zwei Wochen lang um die Ausgestaltung gehen: Es geht um Fristen und Modalitäten, um die Anstrengungen der einzelnen Länder vergleichbarer zu machen. Sprich: Die Umweltminister und Verhandler müssen sich auf möglichst faire Spielregeln einigen.

"Heuer werden wichtige Weichen für die Klimakonferenz 2018 gestellt. Da wir zu diesem Zeitpunkt den EU-Ratsvorsitz innehaben werden, ist es wichtig, bei der technischen Umsetzung des Vertrags entscheidende Fortschritte zu machen. Am besten wäre ein genauer Fahrplan für 2018", sagte Umweltminister Andrä Rupprechter dem STANDARD. Er wird vom 14. bis 15. November bei dem Ministersegment vertreten sein, eine Beamtendelegation wird sich die ganzen zwei Wochen über in Bonn aufhalten. Vertreter des Ministeriums für Wissenschaft und Forschung, des Bundeskanzleramts, der Bundesländer und von NGOs werden die Klimakonferenz in der zweiten Woche besuchen.

Aber gerade Österreich hinkt hinterher, wie aktuelle Zahlen zeigen. Das Umweltbundesamt sieht in seinem Klimaschutzbericht 2017 "dringenden Handlungsbedarf". Demnach sind die Treibhausgasemissionen laut Statistik Austria nach Jahren wieder gestiegen: Im Jahr 2015 wurden 78,9 Millionen Tonnen klimaschädliches Kohlendioxid in die Luft ausgestoßen. Das sind 3,2 Prozent mehr als 2014. Insgesamt liegen die Emissionen über dem Wert von 1990, dem Basisjahr der Bemessungen. Das österreichische Problemkind des Klimaschutzes ist der Verkehr. Seit 1990 sind die Emissionen in diesem Sektor um 60 Prozent gestiegen.

Auch 2016 prognostiziert das Wegener Center für Klima und Globalen Wandel an der Universität Graz einen Anstieg der Treibhausgasemissionen um drei Prozent, verriet Volkswirtschafter Karl Steininger bei einer Pressekonferenz am Dienstag, die von Global 2000 veranstaltet wurde. Selbst bei der günstigsten Ausgangslage habe Österreich ohne weitere Maßnahmen sein CO2-Budget zur Erreichung der Klimaziele bis 2035 aufgebraucht. Das besagt der Bericht "Das Treibhausgas-Budget für Österreich", den Steininger mit Lukas Meyer, ebenfalls von der Universität Graz, im Auftrag der Initiative Mutter Erde verfasst hat.

CO2-Budget errechnet

Die Wissenschafter haben aus dem weltweit ab 2017 noch verfügbaren Treibhausgasbudget jenes für Österreich abgeleitet. Demnach dürfen noch rund 800 Milliarden Tonnen CO2 emittiert werden, um den Temperaturanstieg auf deutlich unter zwei Grad zu begrenzen. Für Österreich bleiben somit noch rund 1000 bis maximal 1500 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente übrig, so Steininger. Meyer betonte, dass man bei der Berechnung ein für Österreich sehr günstiges Modell gewählt habe. Doch wenn das aktuelle Niveau der Emissionen gehalten wird, hätte Österreich selbst bei dieser großzügigen Berechnung bis 2035 das Budget aufgebraucht.

Wie relevant die Vorgaben von Paris auch für Österreich sind, veranschaulichte Steininger: "Eine Erhöhung im globalen Schnitt um zwei Grad bedeutet für Österreich eine Temperaturerhöhung im Bereich von 4,5 bis 6,6 Grad Celsius." Laut Bericht ist es für die Eindämmung des Temperaturanstiegs auf unter zwei Grad Celsius notwendig, bereits bis zur Mitte des Jahrhunderts weltweit aus der Nutzung fossiler Energieträger auszusteigen.

Johannes Wahlmüller, Klimaexperte bei Global 2000, betonte in Hinblick auf die neue Regierungsbildung, dass eine integrierte Klima- und Energiestrategie dringend notwendig sei.

Adam Pawloff, Klimaexperte bei Greenpeace Österreich, verweist auf Länder wie Schweden, wo bereits 1991 eine CO2-Steuer eingeführt wurde. Und Großbritannien hat 2008 den "Climate Change Act" erlassen. Darin ist eine Reduktion der Treibhausgasemissionen von 80 Prozent bis 2050 vorgesehen. "Vorbildlich ist, dass sie das Ziel in Fünf-Jahres-Budgets aufteilen, die immer 15 Jahre im Voraus geplant werden", sagt Pawloff.

Inselstaaten stark betroffen

Schwung in die Verhandlungen der Klimakonferenz im November könnte übrigens durch den Vorsitz kommen: Mit Fidschi übernimmt ihn erstmals ein Inselstaat. Kaum ein Lebensraum ist so akut vom Klimawandel bedroht wie die 46 Inselstaaten: Tuvalu, Nauru, Kiribati, Vanuatu, Tokelau, Fidschi sowie die Salomonen und die Carteret-Inseln im Pazifik, die Malediven im Indischen Ozean und die Bahamas in der Karibik sind zum Beispiel vom Untergang bedroht. Abgehalten wird die Konferenz jedoch im deutschen Bonn, da auf Fidschi schlicht nicht genug Platz für die 20.000 Teilnehmer wäre. (july, 26.10.2017)