Graz – Die vier Kinder eines oststeirischen Arztes, der vom Vorwurf des Quälens freigesprochen worden war, haben gegen den Richter und den Staatsanwalt Anzeige erstattet. Das berichtete der "Kurier" am Mittwoch in seiner Online-Ausgabe. Die drei Töchter und der Sohn haben demnach eine Sachverhaltsdarstellung bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft eingebracht.

Bereits nach dem am 29. September in Graz ergangenen Freispruch standen Vorwürfe seitens der Kinder vor allem gegen Richter Andreas Rom im Raum. Dessen Verhalten während der Hauptverhandlung sei, so die Kinder, "rechtlich nicht nachvollziehbar" gewesen. Ähnliches wird auch Ankläger Christian Kroschl unterstellt, der allerdings gegen das Urteil Berufung angemeldet hat. Der Freispruch für den Mediziner ist daher nicht rechtskräftig. Nun wird auf die schriftliche Urteilsausfertigung gewartet, die laut Staatsanwaltschaft Graz am Mittwoch noch nicht vorlag.

Konkret handelt es sich um zwei getrennte Sachverhaltsdarstellungen – eine bezieht sich auf Richter Rom, die andere auf Staatsanwalt Kroschl. Beide liegen der APA vor und sollen am Mittwoch auf dem Postweg zur Korruptionsstaatsanwaltschaft geschickt worden sein. Eingebracht wurden sie von den Kindern und mutmaßlichen Opfern des oststeirischen Arztes.

Bitte um Prüfung

Bezüglich des Richters bitten die Töchter und der Sohn um die Prüfung "etwaiger Verfehlungen". So sollen sämtliche Beweisanträge der Anwältin der Kinder vom Richter unbegründet abgewiesen worden sein. "Bei diesen Beweisanträgen handelt es sich beispielsweise um Anträge auf Einvernahme von Zeugen, die in einem ebenso bei der Staatsanwaltschaft Graz anhängigem Verfahren einvernommen wurden und wo Zeugen den Angeklagten massiv belasten", ist dem Schreiben zu entnehmen. Die Beweisanträge hätten die "problematische Persönlichkeit" des Mediziners beleuchten sollen.

Die Kinder kritisieren, dass der Freispruch des Richters darauf gestützt werde, "dass dem Akt kein Anhaltspunkt entnommen werden könne, dass die Handlungen mit derartiger Intensität begangen wurden, dass diese strafbar sind". Das sei für sie "völlig unverständlich". Ebenso wie die Ablehnung eines weiteren Gutachtens. Im Verfahren seien "massive Mängel im Gerichtsgutachten von Dr. (Adelheid , Anm.) Kastner aufgezeigt worden". Zuletzt werden auch noch andere Auffälligkeiten aufgelistet – zum Beispiel, dass der Arzt zwei seiner Kinder – sie waren damals acht und 15 Jahre alt – Marihuana überlassen habe.

Kritik auch am Staatsanwalt

In der Sachverhaltsdarstellung bezüglich Staatsanwalt Kroschl wird kritisiert, dass er nicht berücksichtigt hätte, was die ehemaligen Mitarbeiterinnen des Mediziners angegeben haben. Sie würden von Substanzmittelmissbrauch des Arztes und Fälschung des Suchtgiftbuches berichten. Außerdem habe Kroschl keine Untersuchungshaft verhängt, obwohl laut dem Gewaltschutzzentrum Steiermark "eine sehr hohe Gefährdung" für ein mutmaßliches Opfer bestanden habe. Insgesamt listen die Kinder zwölf Punkte auf, die im Zusammenhang mit dem Verhalten des Staatsanwalts zu prüfen seien.

Die Anwältin der Kinder, Andrea Peter, erklärte Mittwochmittag, dass sie ihre Mandanten bei der Sachverhaltsdarstellung nicht beraten oder unterstützt habe.

Alle vier Kinder haben die beiden Sachverhaltsdarstellungen unterzeichnet, jeweils mit Datum 23. oder 24. Oktober 2017. Die Briefe dürften in den kommenden Tagen bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ankommen. (APA, 25.10.2017)