Da in der türkisen Bewegung bekanntlich kein Mucks laut werden darf, ohne von ihrem Führer genehmigt zu sein, ist es erlaubt anzunehmen, dass der Deal zwischen der niederösterreichischen Landeshauptfrau und dem Tiroler Lebensminister, dem Umweltbundesamt eine Umweltveränderung zu verpassen, auch den Segen von Sebastian Kurz hat. Gewissermaßen als erstes Beispiel, wie man sich künftig eines seiner Hauptanliegen, das Aufbrechen von Strukturen, vorzustellen hat. Und dass die Stadt Wien in den Augen der Veränderer künftig eine ganz besondere Struktur darstellen wird, kann ja niemanden überraschen.

Der Termin des Coups war präzise angesetzt, wie man das schon gewohnt ist – eine Woche nach den Nationalratswahlen, um Blümel in Wien nicht verdorren zu lassen, und so rechtzeitig, dass sich Johanna Mikl-Leitner mangels anderer spektakulärer Verdienste um Niederösterreich für ihren bevorstehenden Wahlkampf eine Feder an den Hut stecken kann. Die Scheinheiligkeit, mit der Minister Rupprechter – so wahr ihm Gott helfe! – die Aussiedlung begründete, wurde der Hinterfotzigkeit gerecht, mit der Kurz im Wahlkampf Krokodilstränen vergoss ob der vielen Wiener, die der Stadt den Rücken kehren, weil sie es hier nicht mehr aushielten: Da wollte Rupprechter doch nur helfen, indem er Wien weiter "entlastet" und 520 Bediensteten den Genuss von gesunder Klosterneuburger Luft verheißt.

Zwar soll mit der Standortsuche erst begonnen werden, ehe man für das Projekt mehr als 46 Millionen Euro verpulvert, aber wenn es gegen Wien geht, wird jedes Wahlkampfversprechen einer sparsamen Verwaltung obsolet, und der Termin der Ankündigung hat mit einer unmittelbar bevorstehenden Realisierung nichts, dafür umso mehr mit Schützenhilfe für die ÖVP Niederösterreich zu tun.

Es ist ja schön, wenn ein Minister, der dies nur noch auf Abruf ist, genug Energie für die richtigen Weichenstellungen aufbringt. Für ihn ist es mit der Aussiedlung des Umweltbundesamts nicht getan, er hätte große Pläne, weitere Bundesbehörden aus Wien in andere Regionen zu verlegen. Was nicht prinzipiell schlecht sein muss, sofern dabei die Grundsätze straffer Administration so pünktlich eingehalten werden, wie sie von seiner Bewegung in diesen Wochen als Staatsziel gefordert werden. Welche Ressorts auch immer während der Koalitionsverhandlungen den Freiheitlichen zum Opfer fallen – er hat sich jedenfalls mit seinem Einsatz für Mikl-Leitner und gegen Wien für einen Verbleib als Lebensminister doppelt empfohlen. Die Mitarbeiter der Umweltbehörde nicht von ihrem Glück zu informieren oder erst gar zu fragen, was sie von dieser Verpflanzung halten, gehört zu einem Stil, an den man sich in der nächsten Zeit wohl gewöhnen muss.

Oder es sollte ein anderes Schäfchen für Türkis ins Trockene gebracht werden, ehe sich der Verdacht erhärtet, Strache könnte sein Versprechen halten, es der ÖVP nicht leicht zu machen. Wenn man ihm nur deutlich genug zu verstehen gibt, wozu ein Umweltminister in Österreich imstande sein kann – vielleicht beißt er an und verzichtet auf den Innenminister. (Günter Traxler, 26.10.2017)