Nicht nur im Parlament gibt es eine Baustelle: Die Grünen müssen nach dem Wahldebakel ihren Finanzhaushalt sanieren.

Foto: heribert corn

Wien – Die Grünen machen sich daran, den knapp fünf Millionen Euro hohen Schuldenberg abzutragen, der nach dem Wahldebakel und dem Rauswurf aus dem Nationalrat übriggeblieben ist. Spätestens bis Jahresende muss der Sanierungsplan stehen, wie der interimistische Parteichef Werner Kogler sagte. Eine Lösung könnte es aber bereits nächste Woche geben.

Laut dem grünen Bundesgeschäftsführer Robert Luschnik sind die Gespräche zur finanziellen Sanierung der Partei im Laufen. Man versuche bis kommende Woche eine Lösung zustande zu bringen, sagte er zur APA. Es gebe interne Gespräche mit den Landesorganisationen, aber auch mit dem Kreditgeber Erste Bank, um einen gemeinsamen Weg zu finden. Details wollte Luschnik nicht nennen, man arbeite jedenfalls sehr intensiv an der Sanierung.

Korrekt abwickeln

"Es gehört korrekt abgewickelt, im Sinne der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – und auch der Gläubiger. Und dazu wird es verschiedene Varianten an Sanierungsplänen geben, und das muss bis zum Jahresende stehen", sagte Kogler jüngst in der Ö1-Reihe "Im Klartext". Kogler bestätigte, dass die Partei derzeit etwas unter fünf Millionen Euro Schulden habe, einzurechnen sei da aber noch der "Bremsweg".

Auf die Frage, warum er sich als Interimschef zur Verfügung gestellt habe, sagte Kogler: "Faktum ist, wir mussten handlungsfähig bleiben, weil wir hätten allein sonst schon quasi die Insolvenz ausgelöst." Den Schuldenabbau müssten die Landesparteien schultern, das gehe nicht anders. "Es wird im Interesse der Bundesländer sein, weil da ja eine wechselseitige Abhängigkeit besteht."

Risiko als erhöht eingestuft

Der Kreditschutzverband KSV 1870 hat jedenfalls schon reagiert und diese Woche sein Bonitätsprofil für die Grünen an die neue Situation angepasst. Das Risiko wird als "erhöht" eingestuft, die Ausfallswahrscheinlichkeit sei mit 2,02 Prozent überdurchschnittlich. Allerdings ist die Lage keinesfalls dramatisch, wie es in der Auskunft heißt: "Aus Bonitätsgründen spricht grundsätzlich nichts gegen die Aufnahme einer Geschäftsbeziehung, wir empfehlen jedoch zusätzliche absichernde Maßnahmen."

Auch der Politikwissenschafter Hubert Sickinger hält ein Insolvenzszenario bei den Grünen für "nicht spruchreif" und höchst unwahrscheinlich. Dies würde die Landesparteien beschädigen und hätte einen massiven Kollateralschaden, sagte Sickinger zur APA. Die Gesamtpartei inklusive der Landesorganisationen sei ohnehin nicht überschuldet, hätten die Landesparteien doch heuer 12,6 Millionen Euro an Förderungen zur Verfügung – verglichen mit den fünf Millionen an Schulden auf Bundesebene. "Für manche Bundesländer ist das aber eine schwere Bürde, bräuchten sie das Geld doch selber für ihre Landtagswahlen", so Sickinger.

Insolvenzrechtlich werden Parteien grundsätzlich ähnlich wie Vereine behandelt. Es gilt: Jeder, der Schulden machen kann, kann auch insolvent werden. Jedoch seien Organe von Vereinen – und analog dazu auch bei Parteien – schneller persönlich haftbar als bei Kapitalgesellschaften. Bei Vereinen sei es öfters so, dass mit Fortführungskautionen oder Haftungen der Weiterbestand gesichert wird, heißt es von informierter Seite.

Insolvenz gilt als unwahrscheinlich

Unter Insolvenzexperten geht man aber ohnehin davon aus, dass die Grünen eine Lösung mit ihren Geldgebern finden und zusammenstehen. Theoretisch denkbar wäre auch ein sogenannter stiller Ausgleich, ein Stillhalteabkommen oder eine Stundung. Es sind in Österreich aber auch schon Parteien tatsächlich zahlungsunfähig geworden. Dies betraf bisher jedoch nur eine Handvoll Kleinstparteien ohne Bedeutung, deren Insolvenzverfahren alle mangels Vermögens abgewiesen worden sind. (APA, 27.10.2017)