Auch nachts herrscht auf den Trails mittlerweile reger Verkehr, wie hier über Innsbruck.

Foto: Christoph Malin

Redundante Lösungen – wie hier am Helm und am Lenker – sind im Sinne der Sicherheit.

Foto: Lupine/Falch Fotografie

Innsbruck – Seit Sonntag gehen die Uhren wieder anders. Mountainbiker haben bei der Zeitumstellung keine Stunde gewonnen, sondern eine verloren. Die Feierabendrunde fällt nun für die meisten ins Wasser oder, besser gesagt, in die Dunkelheit – und wenn es der Winter ganz böse meint, sogar beides. Dank immer besserer Leuchtmittel ist es zwar längst kein Problem mehr, Trails nachts zu befahren, doch es gibt vor allem ökologische Argumente, die dagegen sprechen.

"Auf den Trails ist abends viel los"

Rein rechtlich gesehen kennt das Forstgesetz keine zeitliche Beschränkung beim nächtlichen Aufenthalt im Wald, erklärt Tirols stellvertretender Landesforstdirektor Dieter Stöhr. Als Experte, der selbst gerne Mountainbike fährt, weiß er, dass sich Nightrides steigender Beliebtheit erfreuen: "Auf den Trails ist abends mittlerweile viel los. Das zeigen auch unsere Frequenzmessungen." Die Industrie tut das Ihre, um diesen Trend mit immer neuen und besseren Leuchtmitteln zu befeuern.

In diesem eindrucksvollen Timelapse-Video von Christoph Malin ist deutlich zu erkennen, wie viele Menschen, sprich Lichtpunkte, nachts auf der Nordkette über Innsbruck unterwegs sind. Tipp: Am besten das Video in 4K ansehen, um alles zu erkennen.
Christoph Malin

Doch Stöhr gibt zu bedenken, dass gerade die Feierabendrunde am frühen Abend in den Aktivitätshöhepunkt vieler Wildtiere fällt: "Irgendwann wollen diese Tiere aus der Deckung kommen." Als Kompromisslösung könnte sich Stöhr eine Konzentration nachtaktiver Mountainbiker auf gewisse Gebiete vorstellen. Ähnlich wie beim Skitourengehen: "Dort wechseln sich im Raum Innsbruck die Liftbetreiber abends ab und bieten jeden Tag eine Möglichkeit, um nachts die Pisten entlang hochzugehen." Auch Bikern könnte man nahe bei Skiliften oder bereits genutzten Plätze solche Möglichkeiten bieten.

"Nightrides sind ein No-Go"

Noch deutlicher wird der Salzburger Aufsichtsjäger Andreas Wernik: "Nightrides sind ein absolutes No-Go. Wo soll das Wild denn noch hin?" Der Druck auf die Natur sei ohnehin schon groß genug. Vor allem in den Tagesrandzeiten wollen Freizeitsportler noch möglichst viel Programm unterbringen. Wernik ist selbst begeisterter Mountainbiker und gibt zu, dass auch bei ihm bei diesem Thema "zwei Herzen in einer Brust schlagen". Und er räumt als Jäger selbstkritisch ein, dass nicht zuletzt auch Jagddruck dazu geführt hat, dass Tierarten wie das Rotwild nicht mehr tagaktiv sind wie früher.

Nächtliches Biken auf Rodelbahnen ist für Fachleute ein möglicher Kompromiss.
Foto: Christoph Malin

Ähnlich wie Stöhr kann Wernik bei örtlich begrenzten Ausnahmen, etwa auf Rodelpisten, ein Auge zudrücken. "Wild gewöhnt sich schnell an so etwas und weiß, dass dort auch nachts etwas los ist." Doch beide Experten erteilen dem individuellen Nachtfahren im Wald eine klare Absage. Wernik ergänzt: "Muss das wirklich sein? Bei Kälte und Dunkelheit im Wald herumfahren?" Eine weitere Möglichkeit wären für ihn Bikeparks mit Flutlicht, analog zu Skipisten.

Bergrettung informieren

Neben Radlern sind heute auch Trailrunner, Jogger, Skitourengeher und viele andere Freizeitsportler bei Dunkelheit am Berg unterwegs. Sie alle nutzen moderne Leuchtmittel für ihre Aktivitäten. Das bringt aber auch für die Bergretter neue Probleme mit sich. Denn die Lichtpunkte nachtaktiver Sportler werden immer wieder mit Notsignalen verwechselt. Die freiwilligen Retter müssen bei Alarmierungen nachts ausrücken und abklären, ob eine Notlage vorliegt. Daher empfiehlt es sich, vor einer nächtlichen Tour bei der örtlichen Bergrettung oder Rettungsleitstelle bekanntzugeben, wo und wann man unterwegs ist.

Einer der bekanntesten Hersteller ist Lupine aus Deutschland. Inhaber und Gründer Wolf Dieter Koch kennt die Diskussionen über Nightrides. Er vertritt den Standpunkt, dass das Wild vor ein-, zweihundert Jahren, als große Raubtiere in unseren Breiten noch heimisch waren, rund um die Uhr Stress ausgesetzt war. Radfahrer würden es zumindest nicht jagen und töten.

Vorsicht bei Billiglampen

Abgesehen von der grundsätzlichen Frage ist Koch vor allem Experte für die Technik hinter den modernen LED-Lampen. Die Produkte seiner Firma werden von der Bergrettung genutzt und entsprechen hohen technischen Anforderungen. Das hat seinen Preis. Lupine-Lampen zum Radfahren kosten 300 Euro aufwärts. Es gibt auch billigere Alternativen, etwa übers Internet von chinesischen Direktversendern. Von der Lichtleistung her können diese Produkte durchaus genug Helligkeit für eine Nachtfahrt bieten, wie auch Koch einräumt.

Im Herbst und Winter regnet es sehr oft. Daher sollten Lampen auch Wind und Wetter trotzen.
Foto: Lupine/Falch Fotografie

Allerdings ist bei Billigprodukten Vorsicht geboten. Beim Selbstversuch mit zwei solchen Lampen um je 20 Euro das Stück in der vergangenen Saison hat sich gezeigt, dass diese gravierende Qualitätsmängel aufweisen. Bei einer Lampe ging beim Aufladen der Akku plötzlich in Flammen auf. Offenbar war die Schutzelektronik fehlerhaft verbaut. Ein sensibler Bereich der Produktion, der nicht kostengünstig gemacht werden kann, wie Wolf erklärt. Die zweite Lampe fiel am Trail plötzlich und ohne Vorwarnung aus.

1.000 Lumen sind genug

Wolf empfiehlt, bei der Lampenwahl auf die Betriebssicherheit zu achten. Er rät zu redundanten Systemen: "Lieber zwei kleine Lampen statt einer großen Lösung. Idealerweise trägt man eine davon am Helm, die andere wird am Lenker montiert." Zudem sollten Lampe und Akku wasserdicht sein, da es gerade im Herbst und Winter oft regnet. Wolf empfiehlt, Lampen zu wählen, die eine funktionierende Temperaturregulierung aufweisen, um Überhitzungen zu vermeiden.

Die Lumenangaben der Hersteller sind wiederum mit Vorsicht zu genießen. Seriöse Anbieter verzichten dabei auf Übertreibungen und prüfen ihre Angaben in sogenannten Ulbricht-Kugeln. Gerade die Billigimporte aus Fernost überbieten sich jedoch meist bei den Lumenangaben. Wolf empfiehlt: "1.000 Lumen langen locker. Vor zehn Jahren waren wir noch mit 500 glücklich."

Verkehrsregeln für Nachtradler

Wer nachts mit dem Fahrrad unterwegs ist, sollte sich auch mit den Verkehrsregeln befassen. Armin Kaltenegger, der Leiter der Rechtsabteilung des Kuratoriums für Verkehrssicherheit, fasst die Bestimmungen zusammen: "Zwei voneinander unabhängige Bremsen, Rückstrahler – vorne, seitlich, hinten sowie an den Pedalen –, eine Klingel und zwei Lichter – vorne weiß und hinten rot – sind obligatorisch." Die Lichter darf man tagsüber abnehmen, wenn es hell genug dafür ist. Alles andere muss immer am Fahrrad sein. Auf Forstwegen gilt das übrigens nicht.

Hinsichtlich Stecklichter bestätigt Kaltenegger, dass diese keine speziellen Zulassungen wie TÜV-Siegel brauchen: "Sie müssen nur fest mit dem Rad verbunden sein und eine Mindestlichtstärke von 100 Candela aufweisen." Aber Vorsicht: Klassische Traillampen mit 1.000 Lumen oder mehr sind meist zu stark für den Straßenverkehr, weil sie blenden. Hier gelten dieselben Grenzwerte wie für Autoscheinwerfer. (Steffen Arora, 31.10.2017)