Die Kantine einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mutiert jeden Abend zu einem koreanisch angehauchten Restaurant.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Dazi Sujuk, eher trocken gegarter Schweinebauch, dazu gibt es wunderbar würzigen Orangenmiso, ein paar Grammeln und Erdäpfelknödel.

Foto: Gerhard Wasserbauer

"Kim für Freunde" steht auf dem Lokal, das tagsüber als Kantine der Wirtschaftsprüfer von KPMG fungiert. Abends darf man hier essen, auch wenn man nicht Steuerberater ist, noch sonst wie mit der austro-koreanischen Promiköchin befreundet. Allerdings steht Sohyi Kim in der Regel auch nicht selbst in der Küche, schließlich gibt es noch ihr Stammlokal auf der inneren Währinger Straße. Dort spielt Fisch die Hauptrolle, hier, mit Blick auf die gräuliche Fassade des (bald zu schleifenden) Franz-Josef-Bahnhofs, ist vor allem Fleisch das Thema.

Das Lokal ist mit einer zentralen, offenen Küche, einem großen Holztisch für 16 Leute und mehreren kleinen ausgestattet. Den Wein darf man sich aus zwei Kühlschränken (weiß) und danebenstehenden Holzregalen (rot) selbst holen. Bier, Säfte, Wasser werden zu Tisch gebracht. Die Auswahl ist schmal, speziell bei Rotwein, was in einem auf Fleisch spezialisierten Restaurant verwundert. Er wird bei Zimmertemperatur gelagert, ein schnelles Bad im Eiskübel bei der Küche schafft Abhilfe. Dass der Service im Anschluss vergisst, die Flasche zu Tisch zu bringen, mag daran liegen, dass in der Anfangsphase noch wenig los ist – fehlender Geschäftsgang gilt nicht zufällig als fataler Tranquilizer für die Aufmerksamkeit.

Im Vergleich zu bisherigen Kim-Standorten fällt die nüchterne Gestaltung auf: Bis auf ein paar Bilderrahmen, die mit Spiegeln versehen sind und ein wenig an Möbelkaufhaus-Deko erinnern, sind nur ausgetrunkene Trophäen-Flaschen hochnobler Weingüter als Zierelemente auszumachen. Dafür sind die Preise niedriger, als man das bei Kim bisher erwarten durfte. Sogogi Guk, eine dichte, dunkelbraune Rindsuppe mit knackigen Karotten und Rettich (sechs Euro), ist pikant gewürzt und hat ein bissl Fleisch als Einlage – eine Schüssel heißen Glücks, perfekt, um sich gegen die heranschleichende Herbstkälte zu wappnen. Aarab (sieben Euro) wird auf der Karte als "Tandori-Beef Tartare" beschrieben, es kommt aber nicht aus dem indischen Grillofen, sondern erweist sich als ein Esslöffel voll orientalisch gewürzten, von Hand geschnittenen Fleischs mit Hummus und Couscous – sehr fein. Den auf der Karte ebenfalls angekündigten Petersiliensalat Tabouleh aber sucht man auf dem kleinen Tellerchen vergeblich.

Vegetarische Mehlspeis'

Wer fleischlos essen möchte, darf sich an Hoback halten: Kürbisgnocchi, die etwas klebrig geraten und mit fruchtig süßem Kürbispüree, Kürbischutney, knackig karamellisiertem Kürbiskernkrokant und einem Klecks Ricotta aufgetragen werden. Die halloweenige Komposition könnte glatt als Dessert durchgehen – gut, dass sich Mehlspeisen zum Hauptgang in Wien seit je großer Beliebtheit erfreuen. Kimchi Bab (15 Euro) ist gebratener Reis mit Kimchi, auf dem zwei dünne Scheibchen Beiried und ein Spiegelei zu liegen kommen. Der Reis ist scharf gewürzt, der marinierte Chinakohl knackig, die Aromatik aber wird vom aggressiven Geschmack verbrannten Öls völlig überlagert, das beim Anbraten mit prächtigem Effekt in der Küche abgefackelt wurde. Es fehlt an Salz, auf dem Tisch stehen jedoch die Würzsalze aus der Kim-Manufaktur bereit – ziemlich currylastige Kompositionen, in denen Knoblauchgranulat einen nicht unwesentlichen Anteil hat.

Dazi Sujuk, eher trocken gegarter Schweinebauch, bekommt abermals Kimchi zur Seite, dazu gibt es wunderbar würzigen Orangenmiso und ein paar Grammeln. Dass dazu (siehe Bild) Erdäpfelknödel serviert werden, mag originell wirken, das Fehlen jeglichen Saftes aber lässt das Gericht schnell gar trocken erscheinen. Zur Nachspeise lockt Kaiserschmarren, der auf der Karte als hausgemacht angepriesen wird. (Severin Corti, RONDO, 3.11.2017)