Bild nicht mehr verfügbar.

Großer Andrang bei Puigdemonts Pressekonferenz in Brüssel.

Foto: REUTERS/Yves Herman

Brüssel/Barcelona/Madrid – Carles Puigdemont bleibt in Belgien – vorerst. In der Nacht auf Mittwoch sind einige der seperatistischen Mitstreiter des katalonischen Ex-Regionalpräsidenten von Brüssel nach Barcelona zurückgekehrt, darunter der ehemalige katalanische Innenminister Joaquim Forn.

Puigdemont tauchte am Flughafen in der katalanischen Stadt dagegen nicht auf. Die Zeitung "La Vanguardia" hatte berichtet, dass auch der Ex-Regionalchef auf dem Weg nach Barcelona sei. Andere Medien schrieben dagegen lediglich, dass andere angeklagte Mitarbeiter auf dem Rückweg seien, Puigdemont dagegen in Brüssel geblieben sei.

Das Oberste Gericht Spaniens will Anklage gegen Puigdemont erheben. Das Gericht in Madrid lud ihn und 13 Mitglieder seiner Regierung am Dienstag für Ende der Woche vor, um formell Anklage gegen sie zu erheben. Die Generalstaatsanwaltschaft hatte am Vortag Anklage gegen Puigdemont wegen "Rebellion", Unterschlagung und Amtsmissbrauch beantragt.

Pressekonferenz in Brüssel

Puigdemont will nicht um Asyl in Belgien ansuchen. Bei einer Pressekonferenz in Brüssel am Dienstag warf er der spanischen Zentralregierung vor, auf Gewalt gesetzt zu haben. Das sei nicht demokratisch. Von Ministerpräsident Mariano Rajoy verlangte er, die Ergebnisse der Regionalwahl am 21. Dezember zu respektieren. Er selbst werde das auch tun.

Puigdemont wiederholte die Vorwürfe gegen Madrid, das eine "Strategie der Konfrontation" verfolge. Das katalanische System dürfe nicht demontiert werden. "Wir haben keine Angst vor der Herausforderung und der Verteidigung der Demokratie." Zudem versicherte er, dass er sich in Belgien nicht vor der spanischen Justiz verstecken wolle.

Rückkehr nur nach "Zusicherungen"

"Ich bin nicht hier, um um Asyl anzusuchen. Ich bin nach Brüssel als EU-Hauptstadt gereist", sagt Puigdemont. Sein Ziel sei, dort auf die katalanischen Anliegen aufmerksam zu machen. Wie lange er in Belgien bleibe, sei noch nicht klar und komme auf die Umstände an. "Wir können uns frei in der Europäischen Union bewegen." Nach Katalonien werde er zurückzukehren, wenn ihm bestimmte "Zusicherungen" gemacht werden.

Vor dem Ort der Pressekonferenz – dem Press Club Brussels in der Rue Froissart/Froissartstraat nahe den EU-Institutionen – hatten sich zahlreiche Journalisten und auch Schaulustige versammelt. Die Straße war teilweise abgesperrt. Vor dem Eingang skandierten Anhänger sowohl der Katalanen als auch der spanischen Zentralregierung. Die einen riefen "Viva Catalonia", die anderen "Viva España". Ausschreitungen gab es aber auch angesichts des massiven Polizeiaufgebots keine.

Großer Andrang

Im Gebäude selbst hatte Puigdemont beim Eintreffen Schwierigkeiten, sich einen Weg durch die gut 200 Journalisten und Kamerateams zu bahnen. Er rief dazu auf, den Weg hin zur Unabhängigkeit Kataloniens zu "verlangsamen". "Wir können keine Republik für alle auf Gewalt gründen", sagte er bei seinem Auftritt. Wenn das bedeute, dass die Entwicklung hin zur Unabhängigkeit verlangsamt werde, dann sei das "ein vernünftiger Preis". Puigdemont, der auf Katalanisch, Spanisch und Französisch sprach, sagte, er klage "gegen die extreme Aggressivität der spanischen Regierung".

Die spanische Staatsanwaltschaft hatte am Montag Anklage gegen Puigdemont und weitere Mitglieder der abgesetzten Regionalregierung erhoben, nachdem das Regionalparlament am Freitag die Unabhängigkeit ausgerufen hatte. Ihnen werden unter anderem Auflehnung gegen die Staatsgewalt, Rebellion und Unterschlagung öffentlicher Gelder vorgeworfen. Im Fall einer Verurteilung droht ihnen in Spanien eine langjährige Haftstrafe.

Unabhängigkeitserklärung ausgesetzt

Das spanische Verfassungsgericht setzte am Dienstag die Unabhängigkeitserklärung aus. Das Gericht gab einem entsprechenden Antrag der spanischen Zentralregierung statt, wie aus Justizkreisen verlautete.

Im Zuge der Reise Puigdemonts nach Brüssel gab es Spekulationen, dass der Katalane um Asyl in Belgien ansuchen wolle. Der belgische Staatssekretär für Asyl und Migration, Theo Francken, hatte die Möglichkeit am Sonntag ins Spiel gebracht. Der stellvertretende Premierminister Kris Peeters kritisierte Puigdemont am Dienstag allerdings scharf: "Wenn man Unabhängigkeit ausruft, bleibt man besser in der Nähe seines Volkes", sagte Peeters dem Sender VRT. In Belgien gibt es eine starke flämische Unabhängigkeitsbewegung. Die flämischen Nationalisten hatten teils mit den Katalanen sympathisiert. (APA, 31.10.2017)