Vor 26 Jahren ist im Kapuzinerkloster das Licht ausgegangen – die Wiederbelebung mit Sozialanstrich ist nun vom Tisch. Eine Therapieeinrichtung will zumindest das investierte Geld vom Orden zurück.

Foto: Werner Dedl

Linz – Der Heilige Geist und mit ihm die letzten Kapuziner sind längst ausgezogen. Bereits 1991 streifte der letzte Bettelordenmönch die Kutte über und kehrte dem Linzer Kapuzinerkloster den Rücken. Im Juli des Vorjahrs wurde dann die Kapuzinerkirche profaniert – nach kirchlichem Verständnis jener Vorgang, der die Nutzung eines Kirchengebäudes als Gotteshaus beendet.

So weit, so friedlich. Doch hinsichtlich der Nachnutzung des markanten Gebäudes inmitten der oberösterreichischen Landeshauptstadt hängt der Haussegen derzeit gewaltig schief. Denn eigentlich sollte die Gesellschaft für ganzheitliche Förderung und Therapie Oberösterreich GmbH (GFGF) – eine Non-Profit-Organisation, die insbesondere Kinder und Jugendliche mit Beeinträchtigungen betreut – das altehrwürdige Gebäude zu neuem Leben erwecken. Die GFGF sah in dem ehemaligen Kloster den idealen Standort für die Gründung eines eigenen Ambulatoriums, der Orden frohlockte angesichts einer sozialen Nachnutzung.

Man saß also 2014 erstmals am Verhandlungstisch, um über einen Baurechtsvertrag zu verhandeln. Es folgte ein intensiver Planungsprozess zur Nutzung des Gebäudes samt ausbaufähigem Dachgeschoß. Mehr als 184.000 Euro investierte die Therapieeinrichtung etwa in Planungsleistungen, geologische Untersuchungen und Bauwerksuntersuchungen. Doch man sah das Geld gut investiert, die Verhandlungen verliefen – trotz der zeitlichen Länge – offensichtlich zur vollen Zufriedenheit beider Seiten.

"Perfekter Baurechtspartner"

Im Februar 2016 einigte man sich mit dem damaligen Kapuziner-Provinzial Lech Siebert auf einen jährlichen Baurechtszins in der Höhe von 75.000 Euro für die Benutzung von vier Stockwerken des Klostergebäudes sowie zwei Stockwerken eines neu zu errichtenden Quertrakts im Innenhof. Auch die fünf Millionen Euro Baukosten hätte die Non-Profit-Einrichtung gestemmt.

Und im Februar dieses Jahres schien, zumindest nach außen, auch die Kapuziner-Welt noch in Ordnung: In einem dem STANDARD vorliegenden offiziellen Schreiben der Immobilien- und Finanzverwaltung des Ordens an das Land bezeichnet man die GFGF noch als "perfekten Baurechtspartner". Das Therapiezentrum würde sich "wunderbar in die denkmalgeschützte Substanz des Klosters einfügen".

Doch längst gärt es zwischen den Kirchenbänken: Mit dem Wechsel an der Provinzspitze wandern offenbar auch finanzielle Vereinbarungen in die Kapuzinergruft. Der neue Provinzial der Kapuziner Österreich-Südtirol, Bruder Erich Geir, setzt nämlich den Baurechtszins kurzerhand empfindlich höher an. "Für uns völlig überraschend hat man uns bei einer Bauverhandlung gesagt, dass man nun 20 Prozent mehr will", erzählt Birgit Gahleitner, Leiterin des derzeit bestehenden Linzer GFGF-Therapiezentrums, im STANDARD-Gespräch. Für den Verein ein nicht zu schaffender Mehraufwand. "Für uns ist das eine Katastrophe. Wir platzen am bestehenden Standort aus allen Nähten. Zudem wäre die Gründung eines Ambulatoriums ein ganz entscheidender Schritt für uns", erläutert Gahleitner.

Kommunikationsprobleme

Doch weitere Gespräche fruchten nicht. Mitte September erhält die GFGF Post vom Anwalt der Kapuziner: "Der Provinzrat hat die Entscheidung gefällt, den Bauchrechtsvertrag nicht mehr weiterzuverfolgen." Nachsatz: " ... wie von meinem Mandanten gewünscht, soll die Kommunikation auf anwaltlicher Ebene erfolgen."

Für die GFGF-Geschäftsführerin Hedwig Zsivkovits eine "unmögliche" Vorgehensweise: "Da ist von kirchlicher Nächstenliebe nichts zu spüren. Da geht es nur mehr ums Geld. Und es ist beschämend, dass man nicht einmal mehr persönlich mit uns spricht."

Vonseiten der Einrichtung hegt man auch einen schwerwiegenden Verdacht. Zsivkovits: "Man hat uns vor allem für die Flächenumwidmung gebraucht. Dank unserer Pläne wurde die Liegenschaft von einer rein kirchlichen Nutzung auf eine Wohnfläche umgewidmet."

Zumindest gibt es eine kalendarische Auffälligkeit und damit eine Parallele zu einem weiteren Geschäftspartner des Ordens. Die Kapuzinerabsage ist datiert vom 19. September 2017. Just am Vortag erteilte der Linzer Gestaltungsbeirat der Arbor Liegenschaftsverwaltungs GmbH – die einen baurechtlichen Vertrag mit dem Orden unter anderem für die Nutzung des ehemaligen Klostergartens hat – zum zweiten Mal eine Absage für einen vier- und einen zwölfstöckigen schmalen Block mit Kleinwohnungen.

Möglicher Neustart

Vonseiten der Kapuziner gibt man sich zurückhaltend: Man "bedaure" das Ende der Verhandlungen. Im Lauf der Verhandlungen seien aber immer wieder "neue Gesichtspunkte" bezüglich des betroffenen Objekts aufgetaucht. "Es konnte keine Einigung über die Erhaltung des denkmalgeschützten Klostergebäudes erzielt werden, weiters bestanden Probleme beim Brandschutz und der barrierefreien Nutzung", sagt Ordenssprecherin Sarah Schuller-Kanzian. Aber man lässt die Hand ausgestreckt: "Sollte es der Wunsch der GFGF sein, trotz dieser Probleme wieder Gespräche aufzunehmen, bieten die Kapuziner einen Neustart der Verhandlungen gerne an." (Markus Rohrhofer, 2.11.2017)